Von Hunden und Friedenstruppen

Bild: UN Photo/Marie Frechon

Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass UN-Blauhelme sowie Soldaten der französischen Armee in der Zentralafrikanischen Republik mindestens 98 Mädchen sexuell missbraucht haben

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Der Bericht über den sexuellen Missbrauch von Mädchen durch französische und UN-Soldaten wurde von "AIDS-Free World" veröffentlicht. Es ist eine internationale Organisation, die sich unter anderem auch gegen sexuellen Missbrauch durch sogenannte "Friedenstruppen", wie die UN-Truppen des Öfteren bezeichnet werden, einsetzt. Die Geschichte geht allerdings weiter.

Demnach soll ein französischer Kommandant in mindestens vier Fällen Mädchen dazu gezwungen haben, mit Hunden Geschlechtsverkehr zu haben. Seit 2013 befindet sich die französische Armee in der Zentralafrikanischen Republik. Im selben Jahr soll es zu den Vergewaltigungen gekommen sein. Eines der vier Mädchen verstarb kurze Zeit nach dem Missbrauch. Die Umstände ihres Todes blieben im Dunkeln. Währenddessen wurden einige andere missbrauchte Mädchen aus ihren Dorfgemeinschaften verbannt und stigmatisiert.

Schon seit einigen Monaten ist bekannt, dass in Zentralafrika minderjährige Mädchen von UN-Truppen vergewaltigt wurden, die UN hat ein Team zur Untersuchung der Vorfalle entsandt und zeigt sich entsetzt. Die Opfer wurden unter anderem mit Nahrung oder ein paar Dollar von den Soldaten angelockt. Der sexuelle Missbrauch durch Hunde öffnet allerdings neue Dimensionen einer Gewalt, die ausgerechnet von jenen Soldaten herbeigeführt wird, die, so heißt es immer wieder, für Stabilität und Ordnung sorgen würden. So erscheint es zumindest.

Tatsächlich ist die Liste solch grausamer Vorfälle lang. Ausgeführt wurden sie einerseits direkt von Soldaten westlicher Armeen oder andererseits von Regierungen, die jahrelang vom Westen unterstützt wurden.

So beschrieben etwa frühere Gefangene des einstigen chilenischen Diktators Augusto Pinochet, der 1973 dank der Vereinigten Staaten an die Macht geputscht wurde, verschiedene Folterprozeduren, die ihnen widerfahren sind. Laut den Aussagen der weiblichen Opfer schreckten Pinochets Schergen nicht davor zurück, sie mit Hunden zu vergewaltigen.

"Sie hätten sogar gesagt, dass sie Kennedy getötet haben"

Laut dem Autor und Journalisten Lawrence Wright ließ man unter dem Mubarak-Regime in Ägypten Hunde auf Gefangene los, damit diese sie vergewaltigten. Wrights Quelle, ein Mitarbeiter des FBI, hatte dies während eines Gesprächs mit einem ägyptischen Geheimdienst-Offiziellen in Erfahrung gebracht. In einem Interview betonte der Journalist, dass diese Prozedur für Menschen aus islamisch geprägten Ländern, wo Hunde als unreine Tiere betrachtet, besonders qualvoll sein muss.

Weitere ausführliche Fälle dieser Art lassen sich in Afghanistan finden. So schreibt Jürgen Todenhöfer etwa in seinem Buch "Du sollst nicht töten" von einem Söldner namens Jack, der einst als Mitglied der kanadischen Armee am Hindukusch stationiert gewesen ist. Auf die Frage, warum er den Armeedienst quittiert habe, antwortete Jack wie folgt: "Es nicht mein Ding, wenn Afghanen von Hunden vergewaltigt werden."

Todenhöfers Sohn, der ebenfalls in Kabul während des Gesprächs mit Jack anwesend war und aufmerksam transkribierte, fiel beinahe der Stift aus der Hand. Währenddessen fuhr der Söldner fort und beschrieb jene Praxis, die er im US-Luftwaffenstützpunkt in Bagram, wo auch das berühmteste Foltergefängnis des Landes liegt, als Zeuge erlebte.

Demnach wurden afghanische Gefangene mit dem Gesicht voraus an einem kleinen Stuhl festgeschnürt. Kurz darauf wurden Kampfhunde in die Folterzelle geführt. Solange die Opfer keine brauchbaren Informationen von sich gaben, kam jeder Hund "an die Reihe", so Jack. Nach derartigen Prozeduren gestanden die Gefangenen, meist völlig unschuldige Bauern, Taxifahrer oder Händler, alles, was ihnen vorgeworfen wurde. "Sie hätten sogar gesagt, dass sie Kennedy getötet haben ohne zu wissen, wer das überhaupt war", fügte der Söldner hinzu.

Ende 2014 wurde ein umfassender Folterbericht der CIA veröffentlicht (CIA-Folter-Bericht: Wieviel wusste die Regierung?, Die Königin der Folter). Die meisten darin beschriebenen Praktiken, etwa rektales Ernähren, Waterboarding oder das brutale Zusammenschlagen von Gefangenen, waren der Öffentlichkeit bereits bekannt, wurden durch den Bericht jedoch offiziell bestätigt. Des Weiteren machte der Bericht deutlich, dass Hauptschauplatz vieler grausamer Szenarien das Gefängnis in Bagram gewesen sei, welches schon zuvor den Ruf genoss, schlimmer als Guantanamo zu sein. Dass Gefangene jedoch mit Hunden vergewaltigt wurden, war auf keiner einzigen Seite des Berichtes zu lesen.

Dies will aber nichts heißen. Schon kurz nach der Veröffentlichung der Papiere gab der verantwortliche Geheimdienstausschuss bekannt, dass Informationen bestehend aus etwa 9.000 Seiten zurückgehalten wurden und weiterhin der Öffentlichkeit verschlossen bleiben werden. Es wäre nicht verwunderlich, wenn auf jenen zurückgehaltenen Seiten jene Folterprozeduren zu finden wären, die selbst der Öffentlichkeit als zu grausam und unmenschlich erscheinen könnten - etwa der Vergewaltigung mit Hunden.

Es passt nicht in das Konstrukt

Während man im Westen so wenig wie möglich von den Vorgängen im Bagram-Gefängnis, welches erst seit 2015 wieder unter der vollständigen Kontrolle der afghanischen Armee steht, wissen will, sind sich viele Afghanen der dort herrschenden Praktiken sehr wohl bewusst.

Taxifahrer, Bauern oder Obstverkäufer, die man, wie so oft, fälschlicherweise für Terroristen hielt, berichteten im Nachhinein von den schrecklichen Dingen, die ihnen hinter der Gefängnismauern widerfahren sind. Politische Beobachter und Analysten verwiesen immer wieder auf die grausamen Folterpraktiken, die seit dem Krieg zum Alltag der Afghanen gehören. Und selbst wenn von offizieller Seite bis heute nie bestätigt wurde, dass man in Bagram Hunde auf Menschen losließ, so sind es vor allem die Aussagen von ehemaligen Dolmetschern sowie anderen einheimischen Mitarbeitern, die derartige Praktiken bestätigen. Hauptsächlich erstere mussten bei den Verhören stets anwesend sein und folterten teils selber mit, weshalb ihr Einblick in vielerlei Hinsicht besonders exklusiv ist.

Trotz derartiger Berichte hört man selten von solchen Vorfällen. Schlagzeilen zu den Untaten der UN-Soldaten in Zentralafrika waren rar. Dass "Friedenstruppen" sich auf diese Art und Weise vergehen, passt nicht ins konstruierte Bild. Ähnliches betrifft die NATO-Truppen in Afghanistan. Immerhin ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt immer noch die Meinung verbreitet, westliche Soldaten würden in all diesen fernen Ländern Demokratie und Frieden verbreiten. Doch die Realität sieht anders aus - und mache Facetten von ihr könnten grausamer nicht sein.