Von Rassentheorie zu Reformpädagogik: Montessoris umkämpfter Weg
Seite 2: Wir alle praktizieren Eugenik
Genau genommen ist Eugenik an anerkannter Bestandteil unseres Lebens. Wir alle praktizieren Eugenik, wenn wir zumindest darüber nachdenken (egal, wie die Entscheidung lautet), ein Kind, das die Prognose hat, als behindert geboren zu werden, abzutreiben.
Auch das Inzest-Verbot wird eugenisch begründet. Pränataldiagnostik und Präimplantationsdiagnostik, auch Geburtenkontrolle sind Formen der Eugenik.
Eugenik gilt nur dann als verwerflich, wenn es um eine Bevölkerungspolitik gegenüber der Gesamtbevölkerung eines Staates geht – hier verwendet man den aus dem Altgriechischen stammenden Begriff als gleichbedeutend mit der nationalsozialistischen "Rassenhygiene".
Der britische Anthropologe Francis Galton prägte den Begriff und plädierte bereits seit den 1880er-Jahren für eine Verbesserung der menschlichen Natur bzw. eine Wissenschaft, die sich mit allen Einflüssen befasst, die die angeborenen Eigenschaften der Menschen verbessern.
Auch muss man berücksichtigen, dass der Gebrauch des Wortes Rasse in den 19. Jahrhundert ein völlig anderer war, als der wie wir heute davon sprechen. Man kann es übersetzen mit "Art".
Natürlich war Maria Montessori und ihre Sicht auf Frauen wie auf Kinder der Blick einer Frau, die 1870 in Italien geboren ist, nicht 2000 in Berlin-Mitte.
Ihr daraus moralische Vorwürfe zu machen ist falsch und unhistorisch