Von Ukraine bis Nahe Osten: Will das große Geld den ewigen Krieg?

Tech- und Wagniskapital-Unternehmer Marc Andreessen von a16z beim TechCrunch 2016 in San Francisco. Bild: TechCrunch / CC BY 2.0 Deed

Milliardäre investieren zunehmend in Rüstung-Start-ups. Sie spekulieren auf Krieg. Für das risikoreiche Geschäft ist der Frieden ein Hindernis. Gastbeitrag.

Angesichts der weltweiten Konflikte, dem Krieg, der sich in der Ukraine hinzieht, und der aufflammenden Gewalt im Nahen Osten, setzt das Risikokapital auf Rüstung.

Stavroula Pabst schreibt als Journalistin für Grayzone, Reductress und der Harvard Business Review.

Tatsächlich haben sich die in den USA getätigten Risikokapitalinvestitionen in Start-ups im Verteidigungsbereich innerhalb von vier Jahren verdoppelt. Investierten Venture-Capital-Gesellschaften (VCs, Risikokapitalgesellschaften) mit Sitz in den USA im Jahr 2019 noch rund 16 Milliarden US-Dollar, so schlossen sie allein in den ersten fünf Monaten des Jahres 2023 über 200 Deals in den Bereichen Verteidigung und Luft- und Raumfahrt im Wert von fast 17 Milliarden US-Dollar ab.

Der VC-Gigant Sequoia investierte Anfang dieses Jahres in seine erste Rüstungsgruppe, Mach Industries.

Wer sind die VCs im Bereich Verteidigung?

Durch ihre gemeinsamen Bemühungen gehören prominente Risikokapitalfirmen wie der Founders Fund des Milliardärs Peter Thiel, Andreessen Horowitz (a16z) und Lux Capital zu den heutigen aufstrebenden Stars im Verteidigungssektor, darunter Anduril, Hadrian und Rebellion Defense. Dabei erzielen VCs nicht nur hohe Investitionsrenditen, sondern gewinnen auch zunehmend Einfluss auf die US-Außenpolitik.

Darüber hinaus machen VC-finanzierte Konzerne im Verteidigungsbereich etablierten Rüstungsunternehmen wie Lockheed Martin und RTX (ehemals Raytheon) das Leben schwer.

Wie Jamie Martin im BookForum vor vier Jahren feststellte, hatte das vom Founders Fund unterstützte Unternehmen Palantir das Konglomerat RTX bei der Vergabe eines 800-Millionen-Dollar-Auftrags für die Armee ausgestochen, und Elon Musks VC-getriebenes Unternehmen SpaceX hatte die Gelder des Satellitensektors an sich gezogen, was Boeing und Lockheed Martin dazu zwang, ihre eigenen Risikokapitalgesellschaften, Horizon X bzw. Lockheed Martin Ventures, zu gründen, um konkurrenzfähig zu sein.

Heute, 2023, haben die VCs in einer konfliktreichen Phase im Verteidigungsbereich die Vorherrschaft übernommen. Der Newcomer Hadrian, ein Start-up-Unternehmen für Maschinenteile, wurde erst 2020 gegründet, hat sich aber bereits an die Spitze der Verteidigungsindustrie katapultiert und bis Ende 2023 fast 100 Millionen Dollar an Finanzmitteln aufgebracht.

Ebenso hat Risikokapital den rasanten Aufstieg des Verteidigungs-Newcomers Rebellion Defense begünstigt: Rebellion beschäffte 2019 63 Millionen Dollar durch die neue Risikokapitalfirma Innovation Endeavors des ehemaligen Google-CEO Eric Schmidt, den Founders Fund und den Angel-Investor James Murdoch, Sohn des FOX-News-Gründers Rupert Murdoch.

Schmidt, Murdoch und Ted Schlein, Treuhänder von In-Q-Tel (der Risikokapitalfirma der CIA), sitzen im Vorstand von Rebellion.

"Es scheint nicht mehr so zu sein, dass es Makel ist, für das Pentagon zu arbeiten", erklärt William Hartung, Senior Research Fellow am Quincy Institute for Responsible Statecraft. "Genau das wollen diese Start-ups, und die VC-Gesellschaften unterstützen sie dabei."

VCs im Verteidigungsbereich gedeihen durch Konflikte

Im Grunde genommen ist Risikokapital eine riskante Form der privaten Beteiligungsfinanzierung. Trotz der Hunderte-Milliarden Dollar, die VCs in den USA jedes Jahr investieren, scheitern etwa 75 Prozent der von Risikokapitalgebern unterstützten Start-ups.

Der Erfolg im Bereich Risikokapital hängt daher von einer hohen Risikobereitschaft ab, in der Hoffnung auf hohe Renditen bei wenigen Investitionen.

Im Verteidigungssektor sind hohe Renditen, wie sie in anderen VC-lastigen Branchen wie der Technik üblich sind, jedoch unüblich, was die Entscheidungen bei VC-Investitionen komplex macht.

Letztlich werden diese begehrten, aber schwer fassbaren Renditen in Zeiten von Spannungen und Konflikten plausibler, wenn Regierungen – von denen VC-finanzierte Rüstungskonzerne bei ihren Business-Verträgen "abhängig" sind – eine größere Nachfrage nach Waffen und verwandten Technologien haben.

Das Spiel mit dem Einfluss beherrschen

In jedem Fall manipulieren VCs, die sich auf den Verteidigungssektor konzentrieren, ihre eigentlichen Kunden zu ihren Gunsten: Wie bei der Drehtür zwischen der US-Regierung und den Verteidigungsunternehmen, die für einen ständigen Konflikt sorgt, werden VCs jetzt zu wichtigen Einflussnehmern in Washington und bringen gleichzeitig die neuesten und größten Namen der Verteidigungsbranche auf den Weg.

In dieser Hinsicht fallen milliardenschwere Risikokapitalgeber wie Peter Thiel und Eric Schmidt durch ihre Beteiligung an beiden Seiten der Beziehungen zwischen Regierung und Verteidigungssektor auf.

Während Thiel sagt, dass er keine Kandidaten für das US-Präsidentschaftsrennen 2024 finanzieren wird, hat er zuvor eine Reihe von erfolgreichen republikanischen Kongresskampagnen unterstützt.

Nach seiner Tätigkeit als Chief Financial Officer für Thiels inzwischen aufgelöstes Unternehmen Clarium Capital Management und als Stabschef bei Thiel Capital übernahm Michael Kratsios Positionen im Weißen Haus und im Verteidigungsministerium der Trump-Administration, wodurch sich Thiel den politischen Machtzirkeln näherte.

Darüber hinaus ist Rebellion-Investor Schmidt Mitglied des Defense Innovation Board, das Gesetzgeber und das Pentagon in Fragen der Technologiepolitik berät und, wie der ehemalige Chefredakteur des American Prospect, Jonathan Guyer, schreibt, "Ressourcen für genau die Technologie bereitstellt, die Rebellion verkauft".

Rebellion Defense erhielt von der U.S. Air Force Verträge im Wert von bis zu 950 Millionen Dollar im Jahr 2020.