Von oben kommt was Gutes auf die Ohren

Der neue Hörfunk-Satellitentransponder der ARD

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Zur Internationalen Funkausstellung bietet die ARD über Satellit über 60 Radioprogramme digital in DVD-Qualität, drei sogar in Dolby Digital 5.1. Offiziell erst ab 1. September in Betrieb, kann man jedoch bereits jetzt in die neue Radiovielfalt hineinhören.

Das digitale Satellitenradio DSR bot einst 16 Kanäle mit 16 Bit Auflösung wie bei der CD, doch nur 32 kHz Abtastfrequenz gegenüber 44,1 kHz bei der CD. Damit konnte man zwar nicht einmal die 15 kHz maximaler Übertragungsfrequenz des UKW-Rundfunks erreichen, doch die Hörer des Satellitenradios waren angesichts des glasklaren Klangs ohne jegliche analoge (Dynamikkompression) oder digitale (MPEG) Kompression zufrieden. Bis zu jenem Tag, an dem DSR abgeschaltet und damit teure Empfänger zu Elektronikschrott wurden.

Seitdem ist es kaum mehr möglich, den Hörfunk mit neuen Verfahren zu digitalisieren, da selbst die „Early Adopters“ dort auf kein neues System mehr einsteigen wollen, denn es könnte ja bald wieder abgeschafft werden. Der Einführung von DAB hat dies sehr geschadet und auch das auf der Funkausstellung 1995 als Ersatz präsentierte ADR (Astra Digital Radio) wurde – zu Recht – misstrauisch ob seiner Dauerhaftigkeit beäugt. Denn es hilft nichts: Spätestens bis 2015 soll der analoge Rundfunk abgeschafft werden – Fernsehen schon bis 2010, Radio in den Folgejahren. Mit UKW ist es dann vorbei. Über Satellit wird die Umstellung deutlich früher kommen, da mit dem Ende der analogen Fernsehausstrahlungen über Satellit auch deren als Radiokanäle benutzte Unterträger entfallen.

Auch das nur halb digitale Verfahren ADR, das ein digitales MPEG-Signal auf einen Unterträger eines analogen Satelliten-Fernsehkanals setzte, um so auf einem solchen Träger zwei Kanäle übertragen zu können, wäre hiermit am Ende. Es soll bereits 2008 eingestellt werden, zumal es überhaupt nur von deutschen Sendern angenommen wurde und es für diese unsinnig ist, ihre Radiokanäle die nächsten Jahre dreifach, sowohl analog, halbdigital per ADR als dann auch noch einmal „richtig digital“ per DVB-S abzustrahlen.

Die Digitalisierung des Hörfunks – auf Satellit ist sie weit fortgeschritten

Das digitale Satellitenfernsehen DVB-S hat sich nämlich in den letzten Jahren von ganz alleine stark verbreitet, weil es wesentlich mehr Programme bietet als das bisherige analoge System und beim über Satellit verbreiteten Pay-TV analog schon lange nichts mehr läuft, weil analoge Verschlüsselungen seit gut fünf Jahren für normalen PCs kein Hindernis mehr sind. Auch die frei empfangbaren Sendeanstalten sind stark daran interessiert, auf das digitale Satellitenfernsehen umzusteigen, da es beim Senden Bandbreite und damit Geld spart.

Dieser Vorteil kommt bislang allerdings nur dem Pay-TV ungeschmälert zugute; die normalen Fernsehprogramme müssen den Zuschauern mit den älteren Analog-Empfängern zuliebe bislang noch sowohl analog wie digital ausgestrahlt werden. Allerdings gibt es auch hier digital bei den öffentlich-rechtlichen Stationen bereits mehr Programme: einerseits die Lokalstudios der dritten Fernsehprogramme, andererseits spezielle, nur digital abgestrahlte Programme wie ZDF Info oder ARD Festival, die teilweise auch im terrestrischen Digitalfernsehen DVB-T zu finden sind (Fußballballett), vollständig jedoch nur auf Satellit in DVB-S und teilweise noch im digitalen Kabel (DVB-C).

Merkwürdigerweise werden gerade diese digitalen Programme sehr gerne als unerhörte Gebührenverschwendung der öffentlich-rechtlichen Sender kritisiert – vermutlich von Leuten, die sie gar nicht empfangen können. Dabei verursachen sie praktisch keinerlei Zusatzkosten außer etwas zu bezahlender Satelliten-Transponderkapazität, da für sie nicht extra neue Programme produziert werden. Vielmehr werden hier ausgewählte Sendungen und Archivaufnahmen kostengünstig wiederholt.

Internet ist für die ARD doch nicht alles

Angesichts der Diskussionen um die Rundfunkgebührenerhöhung zum Jahresanfang und den Anspruch von ARD und ZDF aufs Internet sowie die unsinnige zukünftige Besteuerung IP-fähiger Endgeräte als TV-Geräte (Das Internet wird gebührenpflichtig!), obwohl schon Radio über Internet für größere Hörerzahlen nur teuer, umständlich und in sehr eingeschränkter Tonqualität möglich ist, von Fernsehen ganz zu schweigen, hat sich die ARD deshalb um ein anderes, sehr lobenswertes Projekt bis jetzt komplett bedeckt gehalten: die komplette Einspeisung der Radioprogramme in bester Qualität ins digitale Satellitenfernsehen DVB-S.

Das Radio ist schließlich schon seit Jahren nicht nur bei den öffentlich-rechtlichen Sendern zum ungeliebten Stiefkind geworden. Unverdienterweise, denn die meisten Leute hören mehr Radio, als sie fernsehen, doch ist das Radio im Normalfall kein bewusstes Medium mehr: Es dudelt halt irgendwo hinten in der Ecke und fällt eigentlich nur dann bewusst – und dann unangenehm – auf, wenn die Werbung über mehr als fünf Minuten geht oder der Morgenshow-Spaßmoderator einen besonders blöden Spruch ablässt.

Über die Tonqualität wird dabei leider nicht mehr viel nachgedacht. Es rauscht und zwitschert nicht nur ab und zu, auch die Original-Signale ab Sender haben oft nicht mehr viel mit HiFi zu tun: Um auf UKW lauter zu sein als andere Stationen, wird das Tonsignal gnadenlos optimiert und komprimiert, damit alles schön gleich brüllend laut bleibt, auch wenn der Moderator gerade einmal Luft holt. Auf Dauer und in höhererer Lautstärke ist dies nicht zu ertragen – vom gerade bei Privatsendern oft extremdümmlichen Programminhalt einmal ganz abgesehen.

Bei klassischer Musik haben „Klangprozessoren“ nichts verloren

Klassik-Musikhörer stellen allerdings traditionelle höhere Ansprüche an die Wiedergabequalität, die hier auch klarer erkennbar ist, weil der Originalklang der verwendeten Instrumente dem Hörer solcher Musik normalerweise bekannt ist. Dynamikkompression wird von dieser Klientel auf keinen Fall akzeptiert; sie finden ihren Sender auch, ohne dass er der lauteste auf der Skala ist. Dynamikkompression fiele hier auch wesentlich deutlicher auf, als bei den heute oft kaputt produzierten Pop-Aufnahmen, die sich bei der Aussteuerung trotz 96 dB verfügbarer Dynamik auf der CD in der Praxis gerne zwischen minus drei und null dB herum quälen und des Öfteren dabei sogar noch stark verzerrend in die Begrenzung fahren. In der Küche beim Steakbrutzeln, unter der Dusche oder im Auto wird man diese Unterschiede nicht unbedingt merken, da mag der dauernd laut gepegelte UKW-Sound sogar manchmal von Nutzen sein, an der HiFi-Anlage im Wohnzimmer aber schon.

Schon die analoge Satellitenübertragung in Stereo ist hier gegenüber dem normalen UKW-Rundfunk eine Offenbarung: Dank ungestörter direkter Verbindung ohne die bei terrestrischen Sendern unvermeidlichen Interferenzen und Reflektionen der Wellen sowie einem zusätzlichen Rauschunterdrückungsverfahren (Panda-Wegener) ist der Ton noch einmal deutlich besser als auf UKW, was nicht nur Klassik-, sondern auch Rock- und Popsender schon in den 90ern nutzten, wie Jo Lüders' Star*Sat oder European Klassik Rock. Immerhin stand der Satellitenempfänger bereits im Wohnzimmer, nur an der Verbindung zur Stereoanlage mangelte es anfangs oft und das Hören der Radioprogramme über den pfeifenden Fernseher ähnlich der Situation in Hotels war nicht unbedingt das Gelbe vom Ei.

Mit der Verbreitung von Surround-AV-Receivern fürs Heimkino (Bild und Ton in HiFi) ist eine Querverbindung zwischen Video- und HiFi-Anlage heute jedoch kein Thema mehr und wenn der Satellitenempfänger erst einmal für den Surroundton in Spielfilmen mit der HiFi-Anlage gekoppelt ist, ist es auch kein großer Schritt mehr, diesen anstelle des UKW-Tuners im Radiomodus zu nutzen. Allerdings: Warum dann eigentlich nicht gleich auch Radio im Surroundsound statt nur Stereo?

Der lange Weg zum Mehrkanalton im Rundfunk

Das dachte sich auch Martin Wöhr, der von 1968 bis 1990 als Toningenieur beim bayrischen Rundfunk überwiegend Aufnahmen im Klassik- und Opernbereich überwachte. Seitdem leitet er die Abteilung Studioproduktion und Betrieb im Hörfunk, ist also nicht mehr aktiv in der Aufnahmetechnik tätig, kennt aber die technischen Eigenheiten von HiFi-Aufnahmen und insbesondere auch Mehrkanal-Aufnahmen aus der Praxis.

Martin Wöhr hatte in den 70ern bereits versucht, die damals aufkommende Quadrophonie für den Rundfunk zu nutzen, was jedoch nicht erfolgreich war: Die verschiedenen Matrizierungsverfahren der analogen Technik und die damit zwangsläufig verbundenen Regelverstärker ruinierten die Tonqualität durch Manipulationen bei Phasengang und Zeitverlauf. Auch litt die „Downmix-Qualität“: Die zusätzlichen quadrophonen Rauminformationen ließen sich bei der rein stereophonen Wiedergabe nicht befriedigend unterdrücken – es entstand ein breiiger, unpräziser und matter Klang.

Mehrkanalige Aufnahmen müssen zudem besonders sorgfältig und zeitaufwendig abgemischt bzw. nachbearbeitet werden. Traditionell gilt das Hauptinteresse des bayrischen Rundfunks im Klassikbereich aber Liveaufnahmen. Auch war die Quadrophonie noch anspruchsvoller darin, dass der Hörer exakt in der Mitte zwischen den vier Lautsprechern sitzen musste, als die mit dem „Stereodreieck“ ohnehin schon anspruchsvolle Stereophonie verlangte. Neigte er den Kopf beim Zuhören entspannt nach hinten, so sprang ihm das Orchester schon einmal akustisch in den Rücken, was dann eher erschreckend und nicht entspannend wirkte. Auch dem Gemeinschaftserlebnis war dies nicht zuträglich, wenn auch nicht aus Lizenzgründen(Neues Lizenzierungssystem für preiswerteren Musik- und Filmgenuss), wie inzwischen öfters Thema.

Die Ausrüstung für das neue Radioerlebnis ist oft schon vorhanden

Kein Wunder, dass es mit Quadrophonie im Rundfunk deshalb bei einzelnen Versuchen blieb. Das ebenfalls auf analoger Matrizierung beruhende gewöhnliche, mit zwei Kanälen übertragene, Dolby Surround-System war zwar in Sachen Hörerplatzierung im Raum nicht mehr so extrem anspruchsvoll wie Quadro, für ernsthafte Musikübertragungen aber wegen der ebenfalls auftretenden Phasen- und Laufzeitfehler nur von geringer Bedeutung und eher einer „Raumklang-Simulation“ gleichzusetzen, die moderne AV-Receiver aber auch selbsttätig aus einem Stereo-Signal erzeugen können (beispielsweise mit Dolby Pro Logic II), wenn sie denn gewünscht ist. Auch hiermit wurde beim bayrischen Rundfunk jedoch experimentiert.

Wirklich interessant wurde es mit der Mehrkanaltechnik wieder, als Dolby Digital 5.1 für die Wiedergabe von Kinofilmen auf DVD zuhause immer verbreiteter wurde. Das System komprimiert zwar digital die sechs Kanäle in ein sogenanntes AC3-Signal, benutzt dabei aber keine analogen klangverschlechternden Matrizierungen mehr. Man kann also die fünf Ton- und den Subwooferkanal tatsächlich sauber übertragen.

Zudem schafft sich der Hörer die notwendige Ausrüstung (digitaler Satelitenreceiver, AV-Verstärker mit Dolby-Digital-Dekoder, fünf Lautsprecher, Subwoofer, optisches oder Koax-Verbindungskabel für Digitalsignal von Satellitenreceiver) bereits von sich aus für den Heimkinogenuss an, Anfang 2004 gab es bereits eine halbe Million technisch geeignete Anlagen in Deutschland. Man kann also mit der Mehrkanalsatellitenradioübertragung bereits vorhandene Geräte versorgen; es ist keine zusätzliche Neuanschaffung notwendig.

Nicht mehr in die ersten Sitze reihern, sondern in der Mitte sitzen

Dolby Digital 5.1 ist durch den Mittenlautsprecher weniger empfindlich in Bezug auf die optimale Hörposition, sogar weniger als eine normale Stereoübertragung und durch die hohe Verbreitung das sinnvollste System. Auch wenn beispielsweise DTS noch bessere Klangqualität liefern kann, doch bei noch höheren Bitraten. Für AC3 akzeptabler Qualität sind 448 kB/s üblich, was nur etwas mehr als das Doppelte eines üblichen DVB-S-Satellitenkanals mit 192 kB/s für eine Stereorundfunkübertragung darstellt.

AC3-Mehrkanalton kann auch über DVB-T ohne allzu große Klimmzüge übertragen werden, wenn dort neben Fernseh- auch Radioübertragungen eingeführt werden, was in Berlin zur Funkausstellung erstmals erprobt wird. Nur bei DAB gibt es bislang weder ausreichend Frequenzen noch außerhalb technischer Experimente serienmäßig mit Mehrkanalwiedergabe ausgerüstete Empfangsgeräte.

So entstand im bayerischen Rundfunk die Keimzelle der Pläne für 5.1-Kanal-Dolby-Digital-Übertragungen ab Januar 2003. Im Frühjahr 2003 kam der westdeutsche Rundfunk dazu. Zur Funkausstellung 2003 präsentierten beide Sender erstmals gemeinsam Mehrkanal-Testsendungen über Satellit, die zur High-End 2004 wiederholt wurden (Sound für feinfühlige Männer), wobei die Bandbreite tagsüber von den dann alle das gleiche übertragenden und somit nur einen Kanal belegenden Regionalprogrammen des westdeutschen Rundfunks abgezweigt werden konnte, während sich nachts der bayerische Rundfunk unauffällig bei BR Alpha bediente. So konnte auch nach der Funkausstellung 2003 alle zwei Wochen – allerdings erst nach Mitternacht – ein jeweils zweistündiges Konzert von Bayern 4 Klassikin Mehrkanalton übertragen werden.

Die Radiohörer sind seit zwei Jahren begeistert

In den letzten zwei Jahren mit diesen Tests und Nachtkonzerten hat Martin Wöhr gut 1000 E-Mails erhalten, die mit einer Ausnahme alle positiv war. Doch selbst diese Ausnahme war eher speziell: ein Hörer wollte mit ihm über die Mikrophonaufstellung bei der Aufnahme diskutieren. Damit konnte er die ARD-Kollegen endgültig überzeugen, AC3-Radioübertragungen anzubieten. Und vor allem das Betteln um Bandbreite bei den Fernsehkollegen beenden und stattdessen einen eigenen Hörfunktransponder anmieten, auf dem sowohl diese Mehrkanalübertragungen, als auch die regulären ARD-Radioprogramme in bester Qualität Platz finden würden: Statt den üblichen 192 kB/s sind es nun mit wenigen Ausnahmen wie reinen Sprachprogrammen absolut HiFi-taugliche 320 kB/s, bei denen auch Fachleute keinen Unterschied zur CD mehr hören werden. Mit dem neuen Satellitenkanal stehen der ARD rund 29 MBit/s zusätzliche Übertragungskapazität für die Hörfunkprogramme zur Verfügung. Bisher hatten die Radioprogramme lediglich 5 MBit/s Gesamtdatenrate.

Zwar mögen die Programme der lokalen öffentlich-rechtlichen Radiosender zugegeben nicht immer jedermanns Geschmack sein. Bei einer Auswahl aus allen deutschlandweit existierenden über 60 Kanälen inklusive bislang nur auf DAB vertretener Sender wie BR mobil oder Das Modul, der Jugendwelle Das Ding und den Berliner Sendern Radio Eins und 88,8 schaut dies allerdings bereits anders aus und wenn nun Radiolegenden wie Rik Delisle ("Radio ohne Persönlichkeiten ist wie Porno ohne Sex" oder Patrick Lynen auf 88,8 oder WDR2 auflegen, kann man sich diese Rosinen ohne größere Umstände ins Haus holen und hat so einen reellen Gegenwert für die gezahlten Rundfunkgebühren.

Nach der Internationalen Funkausstellung 2005 werden die drei Mehrkanal-Tests von bayrischem Rundfunk, westdeutschem Rundfunk und Südwestrundfunk erhalten bleiben und dann mit eigenen Programmen belegt, auf die beim bayerischen Rundfunk beispielsweise abwechselnd Klassik- und Hörspielübertragungen gelegt werden; vielleicht auch einmal eine mehrkanalige Rock- oder Popaufnahme. Dabei wird durchaus auch auf den bereits existierenden Fundus von Mehrkanalaufnahmen auf DVD-Video und DVD-Audio zurückgegriffen. Der norddeutsche Rundfunk ist ebenfalls an einem AC3-Kanal interessiert und selbst der mitteldeutsche Rundfunk und das Deutschlandradio überlegen bereits.

Nicht trivial: Über 60 digitale Sendesignale kombinieren

Nachdem Fritz Pleitgen, der Intendant des westdeutschen Rundfunks, im Jahr 2000 bekanntlich am liebsten alles ins Internet verlagert hätte, scheint nun also wieder Vernunft einzukehren in der ARD, woran auch die Radiochefin des Kölner Senders Monika Piel beteiligt ist. So hatte Fritz Pleitgen beispielsweise auf der Funkausstellung 2001 bereits das Ende von DAB verkündet (Politik und Fernsehen: DDR im Himmel und GEZ fürs Internet), falls das System sich nicht schlagartig durchsetzen sollte, und dabei klargestellt, dass es mit seinen geringeren Sendelistungen ohnehin nur den finanzschwächeren Privatsendern zugute käme, während sich die ARD auch zukünftig 100-kW-UKW-Sender leisten könne.

Doch veranstaltete Monika Piel dann auf der Funkausstellung 2003 ein ausgesprochen sachliches und anhand der englischen Erfahrungen auch die Problempunkte beleuchtendes Digitalradio-Fachkolloquium. Mit dem neuen Hörfunk-Satellitentransponder kann das Radio nun überregional wieder vom hörerunfreundlichen, kompliziert abzurufenden, zeitbegrenzten und für Sender und Empfänger kostspieligen Webstream niedriger Qualität weg kommen und bekommt ein echtes, hochqualitatives Broadcastmedium statt eines Telekommunikationsmediums zur Übertragung.

Gar nicht so ohne ist es übrigens, all die Signale der über 60 Programme aus ganz Deutschland beim Satellitenuplink beim Sender Langenberg des westdeutschen Rundfunks bei Köln zusammenzuführen und dort auch noch die auf UKW als RDS übertragenen Informationen in die bei DVB-S üblichen EPG-Daten einzupflegen, die wiederum vom ARD-Digital-Büro in Potsdam zugeliefert werden. Hierzu müssen die Signale mehrfach umgesetzt werden: von PCM nach AC3 (Datenreduktion), von AC3 nach E1 (Hybnet Transportstrom), E1 nach ASI (DVB-Transportstrom) und schließlich in den ASI-Kombimux (DVB-Uplink).

Zeitzeichen adé

Die ganzen Umkodierungen, die sich aber nicht vermeiden lassen, wenn man Signale aus so vielen Quellen zusammenführt, bringen zusätzlich zur Satellitenübertragung noch eine weitere Zeitverzögerung – die Uhr nach dem Zeitzeichen stellen sollte man also beim Empfang über den neuen Digitaltransponder nicht unbedingt. Die dazu notwendige Technik musste komplett neu entwickelt werden.

Pech haben bislang die Kabelkunden: Selbst wenn sie die ARD-Radiokanäle digital zugeführt bekommen und nicht nur die ortsüblichen UKW-Sender, wird dies bislang nicht der neue Transponder sein. Hier sind die Kabelgesellschaften bislang nicht durchweg bereit, den Kunden entgegenzukommen. Deswegen müssen die alten Radioprogramme im Transponder 71 mit geringerer Bitrate vorläufig weiterlaufen, bis alle Kabelanbieter umgestellt haben.

Um die neuen Radioprogramme auf Astra 1H Transponder 93 zu empfangen, der ansonsten lediglich zwei TV-Programme von Südwestrundfunk und Radio Bremen überträgt, reicht je nach Satellitenempfänger ein einfacher Suchlauf nicht aus, da das Gerät die neue Transponderfrequenz nicht als „belegt“ kennt. In diesem Fall hilft oft ein vom Hersteller des Empfängers bereit gestellter Update der Programmliste. Will man darauf nicht warten, kann man den Transponder auf 12266 MHz auch einmalig manuell einprogrammieren und dann auf diesem einen Suchlauf starten – alle Kanaldaten manuell eingeben muss man normalerweise nicht. Verwirren kann dabei übrigens, dass es auch auf 12226 MHz einen digitalen Transponder 91 auf Astra gibt, dem auch bei heftigstem Scannen natürlich nicht die ARD-Radioprogramme zu entlocken sind, da er nur Fernsehprogramme enthält.

Eigentlich geht es erst Donnerstag los

Der neue Radiotransponder startet offiziell erst zum 1. September, einen Tag vor der Eröffnung der Internationalen Funkausstellung 2005 – die Mehrkanaltests können dort auch vor Ort im Technisch-Wissenschaftlichen Forum in Halle 5.3 angehört werden für alle, die keine eigene Heimkinoanlage haben. Tatsächlich wird jedoch bereits seit dem 20. August fleißig getestet und seit einigen Tagen sind bereits alle Sender zu empfangen. Lediglich an der Kodierung wird noch optimiert, da ältere Set-Top-Boxen anfangs noch Probleme hatten und gerade die Programme des bayerischen Rundfunks nicht verdauen konnten. Auch sind manche Geräte nur mit eingeschaltetem Fernseher beim Programmwechsel vernünftig zu bedienen und Satellitenempfänger mit Festplatte zeichnen momentan noch nicht immer die Mehrkanalaufnahmen auf.

Dennoch funktioniert inzwischen bereits alles in solch guter Qualität, dass in einschlägigen Foren nur Lob zu lesen ist. Etwas für die in den letzten Jahren – mitunter auch zu Recht – nur noch kritikgebeutelte ARD sicher Ungewohntes.

ARD DVB-S-Radiotransponder
Satellit: Astra 1H
Position: 19,2°Ost
Transponder: 93
Frequenz : 12,266 GHz
Polarisation : horizontal
Fehlerschutz FEC: 3/4
Symbolrate: 27,500 MS/s

Ansprechpartner für weitere Informationen, Fragen, Lob oder Kritik zum Radiotransponder
Hotline ARD Digital 01805/00 14 95 (12 Cent / Minute aus dem deutschen Festnetz)
radio @ br-online.de