Wahlkampf ohne linke Alternative

Aus alten SPD-Zeiten: Oskar Lafontaine, 1988. Bild: Bundesarchiv, B 145 Bild-F079284-0010 / Engelbert Reineke / CC-BY-SA 3.0

Merkel und Seehofer üben den Schulterschluss und Schröder warnt davor, dass die SPD wieder sozialdemokratische Elemente aufnimmt

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Gerade mal 15 Monate ist es her, dass der CSU-Vorsitzende Seehofer in den Medien verdächtigt wurde, Bundeskanzlerin Merkel stürzen zu wollen. Nun werden ganz andere Töne vom CSU-Chef vernommen. Da wird Merkel als größter Trumpf der Union bezeichnet. Ist das nun Schizophrenie oder hat Seehofer eine Sinneswandlung durchgemacht?

Wohl kaum, der Bundestagswahlkampf beginnt bald und da werden die Fronten begradigt. Da sortieren sich vorübergehende Kooperationspartner, das hat nun nichts mit Freund und Feind zu tun, sondern einfach mit Machtverhältnissen. Seehofer, der nie ernsthaft vorhatte, die CSU als eigenständige Partei aufzustellen, schließlich ist selbst der CSU-Übervater F.J. Strauß davor zurückgeschreckt, hat wenige Monate vor der Wahl einfach ganz rational gehandelt.

Da die Union nur als Einheit eine Chance hat, und Merkel als Kandidatin gesetzt ist, hat Seehofer genau diesem Fakt nun Rechnung getragen. Alles andere wäre ein Untergangsprogramm für die Union und besonders für die CSU. Nach den Wahlen wird dann die Auseinandersetzung zwischen CSU und CDU, die ja nicht auf die Personen Seehofer und Merkel begrenzt ist, weitergehen. Sollte die Union Stimmen verlieren und womöglich die nächste Regierung nicht mehr stellen, sind die Tage von Merkel sowieso gezählt.

Nischendasein der konservativen Merkel-Kritiker in der Union

Ihre konservativen Kritiker, die sich ja auch in der Union nicht erst in der letzten Zeit zu organisieren beginnen, würden dann im innerparteilichen Kräftemessen an Bedeutung gewinnen. Aber auch wenn die Union mit Merkel noch einmal gewinnt, werden die Auseinandersetzungen weitergehen. Schließlich muss die Union sowohl die konservativen, christlichen, deutschnationalen als auch die liberalen Elemente bedienen.

Insofern gehört diese Auseinandersetzung, so zugespitzt sie auch manchmal zwischen Merkel und Seehofer geführt wurde, zum Politalltag. Es ist dann manchmal erstaunlich, wie politische Beobachter unterschiedlicher politischen Couleur hier immer gleich Gefahren für Regierung und Partei konstruieren wollen, wenn gestritten wird. Viel interessanter ist die Tatsache, dass die verschiedenen konservativen Aufbrüche, die zurück zu Zeiten von F.J. Strauß oder gleich zurück zu Adenauer wollen, nicht über ein Nischendasein in der Union hinauskommen, weil die politischen Verhältnisse einfach über ihre Vorstellungen hinweggegangen sind.

In der Nach-Merkel-Union dürfte sich daran wenig ändern. Allerdings ist deswegen die Union nicht sozialdemokratisiert, wie immer wieder behauptet wird. Es ist in der Realität ein Streit zwischen unterschiedlichen Varianten konservativer Politik. Merkel hat noch einmal mit ihrer Polemik gegenüber Rot-Grün in NRW deutlich gemacht, dass sie weiterhin Teil der Konservativen ist, was ihr ja manche abgesprochen haben.

Nun ist es nichts Besonderes, dass eine Partei die Koalition angreift, die sie ablösen will. Doch die Verknüpfung von Rot-Grün mit höherer Kriminalität und der Vorwurf, dass NRW dazu beigetragen hat, dass die Stimmung gegen Migranten gekippt ist, zeigt schon, dass die Union einen explizit rechten Wahlkampf führen will und Merkel ist Teil dieser Strategie.

Die Union macht sich Hoffnungen, in NRW nach der Wahl zumindest Teil einer Koalition mit der SPD zu sein, was für sie schon ein Erfolg wäre. Schließlich ist NRW ein schwieriges Terrain für die Konservativen. Es galt lange Zeit als Herzkammer der SPD. 2005 läutete die SPD-Niederlage in NRW bei Landtagswahl das Ende von Rot-Grün auf Bundesebene ein.