Waldbrände im Mittelmeerraum: Hilfe für Griechenland nach jahrelangem Spardiktat
Feuerwehrleute aus NRW sind unterwegs in den Großraum Athen. In der Türkei wird die Katastrophe antikurdisch instrumentalisert
Ein Ende der Waldbrände im Mittelmeerraum ist noch immer nicht abzusehen. Vor allem in der Türkei und in Griechenland sind die zu wenigen Einsatzkräfte überfordert. In Griechenland sind sowohl der Großraum Athen als auch die Inseln betroffen. Das Land hat über die Europäische Union um Verstärkung gebeten - Hilfe aus Deutschland ist nun unterwegs - der Konvoi mit Feuerwehrleuten aus Nordrhein-Westfalen trifft aber voraussichtlich erst in vier Tagen ein.
Wenn das Meer der einzige Ausweg ist
Laut einem Bericht des griechischen Senders ERT vom Sonntagmorgen mussten aus dem Ferienort Agios Nikolaos auf der Insel Kreta Einwohner und Touristen mit Booten evakuiert werden, weil das Meer der einzige Ausweg sei. Auf der Insel Euböa waren bereits in der Nacht zum Samstag mehr als 1.300 Menschen mit Fähren aus dem von Flammen umgebenen Küstenort Limni in Sicherheit gebracht worden. Insgesamt mussten in Griechenland tausende Einheimische und Urlauber wegen der Waldbrände evakuiert werden.
Vier Tage sind vor diesem Hintergrund eine lange Zeit. Voraussichtlich am Donnerstag soll im Großraum Athen Hilfe aus Deutschland eintreffen: 48 Feuerwehrleute aus Nordrhein-Westfalen, vier Fachberater für Vegetationsbrandbekämpfung und vier Mitglieder von Bonner Hilfsorganisationen sind nach Angaben der Feuerwehr Bonn am Sonntagmorgen in einem Konvoi aus 19 Fahrzeugen in Richtung Griechenland aufgebrochen.
Eine auf Waldbrände spezialisierte gemeinsame Einheit der Feuerwehren Bonn, Königswinter und Leverkusen sei angefordert worden, nachdem ein Hilfeersuchen über die Europäische Union auch an Deutschland gerichtet worden sei, hieß es. Es handle sich um den ersten Einsatz der Einheit, die 2019 von den drei Feuerwehren für die Bekämpfung von Vegetationsbränden innerhalb der EU gebildet worden sei.
An der griechischen Feuerwehr ist nicht spurlos vorbeigegangen, dass das Land seit der Schuldenkrise unter dem Spardiktat der Troika aus Europäischer Zentralbank, EU-Kommission und Internationalem Währungsfonds leidet.
Türkei: Lynchstimmung in einem gespaltenen Land
In der Türkei wird am zwölften Tag in Folge gegen die schwersten Waldbrände seit mehr als zehn Jahren gekämpft. Mindestens sechs Brände waren an diesem Sonntag nach offiziellen Angaben noch nicht unter Kontrolle. Die Einsatzkräfte konzentrierten sich vor allem auf die westtürkische Provinz Mugla. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Anadolu waren dort zuletzt sechs Löschflugzeuge und 39 Hubschrauber im Einsatz.
Brände im mehrheitlich von Kurdinnen und Kurden bewohnten Südosten des Landes - etwa in der Provinz Dersim - werden in Stellungnahmen der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP und ihres ultranationalistischen Koalitionspartners MHP ausgeblendet. Denn es passt nicht zu der Erzählung, dass die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) für die Brände verantwortlich sei. Nach Berichten regierungskritischer Medien wurde in den kurdischen Gebieten die lokale Bevölkerung sogar vom türkischen Militär an Löschversuchen gehindert.
Laut einem Bericht der Tageszeitung junge Welt vom Samstag kam es seit Tagen zu Lynchmorden durch türkische Nationalisten, die sogar Straßensperren errichteten, um Kurden "ausfindig" zu machen - und dabei auch mal Autokennzeichen verwechselten.
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