Wann kommt der digitale Euro?
Von der D-Mark über den Euro zum digitalen Euro lautet der Fahrplan, mit dem sich die EU unabhängiger von US-amerikanischen Banken machen will. Kann das gelingen?
Immer mehr Verbraucher nutzen digitale Möglichkeiten zur Bezahlung ihrer Einkäufe. Im Offline-Handel kommt in Deutschland hauptsächlich die Girokarte (EC-Karte) zum Einsatz.
Diese ist als rein deutsches System jedoch auf den deutschen Markt beschränkt. Will man mit dieser Karte im europäischen Ausland bezahlen, muss man dafür auf die Abwicklung über die amerikanischen Zahlungsdienstleister wie Mastercard oder Visa zurückgreifen. Ein europäisches System gibt es nicht mehr.
Somit erfolgen alle internationalen Zahlungen, beispielsweise im Auslandsurlaub unter den Augen der US-amerikanischen Banken und Behörden und können von diesen ausgewertet werden.
Abhängigkeit von US-Banken soll reduziert werden
Mit der Digitalisierung des Euros soll in diesem Währungsraum wieder eine Möglichkeit geschaffen werden, ohne den Einsatz US-amerikanischer Banken am digitalen Zahlungsverkehr teilzunehmen.
Zuletzt hatte die Umstellung der Zahlungsabwicklung beim auch hierzulande beliebten US-Konzern Paypal für Unmut bei deutschen Banken gesorgt. Seit 2022 wickelt Paypal seine Zahlungen nicht mehr ausschließlich über eine Partnerbank in Deutschland ab, sondern nutzt zunehmend eine eigene Bank in Luxemburg.
Alle Zahlungen, die über Luxemburg abwickelt werden, müssen von deutschen Banken als ausländischer Zahlungsverkehr behandelt werden, was zur Folge hat, dass die Banken diese Transaktionen intensiver überprüfen müssten, hauptsächlich auf mögliche Sanktionsverstöße. Dafür benötigen die deutschen Banken mehr Personal, was erhöhte Kosten verursacht.
Das als Alternative zu Paypal vor knapp neun Jahren angetretene gemeinsame Online-Bezahlverfahren der deutschen Banken und Sparkassen namens Giropay/Paydirekt steht wegen mangelnder Akzeptanz vor dem Aus. Die Abschaltung könnte schon zum Ende des laufenden Jahres erfolgen.
Mehrere europäische Banken werfen jetzt schon Mitte des Jahres mit Wero ein neues Geldübermittlungssystem in den Ring, das auf die lästig lange IBAN verzichtet und zum Geld senden nur die Handynummer des Empfängers benötigt. Es soll zudem auf einen US-amerikanischen Mittler verzichten, der einer Rechtssprechung unterliegt, die außerhalb der EU verortet ist.
Die ersten Schritte zum digitalen Euro
Der digitale Euro wäre die elektronische Form von Bargeld für eine digitalisierte Welt. Mit ihm hätten die Verbraucher die Möglichkeit, neben Banknoten und Münzen auch eine digitale Form von Zentralbankgeld zu nutzen.
Er wäre ein im gesamten Euroraum allgemein akzeptiertes digitales Zahlungsmittel, das in Geschäften, online oder zwischen Privatpersonen verwendet werden könnte. Genau wie Bargeld wäre die grundlegende Nutzung kostenlos. Ein digitaler Euro könnte die strategische Autonomie und Währungshoheit des Euroraums stärken, indem er die Effizienz des europäischen Zahlungsverkehrssystems insgesamt steigert.
Ein digitaler Euro wäre eine Zahlungslösung unter europäischer Führung, die für den gesamten Euroraum zur Verfügung stünde. Er könnte somit dazu beitragen, die Abhängigkeit Europas von privaten Zahlungsdienstleistern aus den USA zu verringern, und würde deren marktbeherrschender Stellung entgegenwirken.
Nach einer zweijährigen Untersuchungsphase hat der EZB-Rat beschlossen, die Vorbereitungsphase einzuleiten, die am 1. November 2023 begonnen hat und bis Herbst 2025 andauern soll.
Es geht in den nächsten Monaten darum, welche Technologie sich am besten für den digitalen Euro eignet. Das könnte etwa die Blockchain-Technologie sein, welche man von Bitcoin kennt. Der digitale Euro könnte auch tokenisiert werden. Es gäbe dann so etwas wie eine Art digitaler Wertmarke. Die Bundesbank steht einer Token-basierten Lösung sehr offen gegenüber.
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Der digitale Euro benötigt jedoch auch gemeinsame Regeln. Daher müssen für seine Entwicklung alle einbezogen sein, die letztlich mit im Boot sitzen. Dazu zählen die Deutsche Bundesbank und die EZB als Herausgeber des digitalen Euro, die Geschäftsbanken, Finanzdienstleister, Händler und Verbraucher.
Schon jetzt scheint klar zu sein, dass das Guthaben in digitalen Euros begrenzt wird. Die Spannbreite, die aktuell diskutiert wird, liegt zwischen 500 und 3.000 Euro als Haltelimit in einer Banken-App oder einer Digitalen-Euro-App.
Die wäre jedoch nicht unbedingt ein Limit für Zahlungen. Wer ein Auto kaufen will, kann das auch mit dem Haltelimit machen. Das dafür vorgesehene System nennt sich Wasserfallsystem. Jeder, der eine App für den digitalen Euro hat, kann diese mit seinem Bankkonto verknüpfen.
Wenn dieses die entsprechende Deckung aufweist, fließt das Geld, das über das Haltelimit hinaus für eine Bezahlung benötigt wird, vom Bankkonto auf die Digitale-Euro-App.
Tracking von Geldscheinen
Wer jetzt befürchtet, dass alle Zahlungen mit dem digitalen Euro von staatlichen Stellen getrackt werden und somit für einen gläsernen Verbraucher sorgen könnten, sollte sich der Tatsache bewusst sein, dass er sich gegenüber staatlichen Stellen in den USA bereits entblößt hat.
Und wer durch die Angst vor einer Überwachung der Zahlungsströme auf die Bezahlung mit Bargeld setzt, sollte sich darüber im Klaren sein, dass die Geldscheine, unabhängig davon, von wem sie gedruckt wurden, über eine eindeutige Seriennummer verfügen.
Anhand dieser Nummer lässt sich der Weg, den ein Schein zurücklegt, durchaus verfolgen. Bislang erfolgt dies nur als Freizeitbeschäftigung über EuroBillTracker.
Die zunehmende Automatisierung der Bargeldverarbeitung, die inzwischen auch beim Bezahlen im Lebensmitteleinzelhandel immer mehr um sich greift, wo das Kassenpersonal nicht mehr mit Bargeld in Berührung kommt, ermöglicht das Scannen der Seriennummern in Verbindung mit der Videoüberwachung aus Sicherheitsgründen.