Warum auf die Pandemie kein Investitionsboom folgt

top

Der erhoffte Befreiungsschlag nach dem Pandemie-bedingten wirtschaftlichen Einbruch ist bislang ausgeblieben

Trotz massiver staatlicher Unterstützungsleistungen gibt es weder bei Konsumenten noch bei Investoren die erwartete Aufbruchsstimmung.

Die Konsumzurückhaltung der Privathaushalte wird in der Volkswirtschaftslehre vielfach auf Existenzunsicherheit und Zukunftsängste zurückgeführt. Gegenwärtig bestehen jedoch keine überhöhten Sorgen eines Arbeitsplatzverlusts oder von Reallohneinbußen. Als weitere Erklärung für vermehrte Spartätigkeit wird ein attraktives Zinsniveau angeführt, von dem aktuell nicht die Rede sein kann.

Die Hauptursache der mangelnden Konsumnachfrage lässt sich immer schwerer verleugnen: die Vertiefung der Kluft zwischen Arm zu Reich. Diese dauert bereits seit Jahrzehnten an und erreicht im Zuge der Anti-Corona-Maßnahmen neue Dimensionen.

In deren Folge sinkt der Anteil der Bezieher von mittleren und gehobenen Einkommen, sodass sich die Wahl zwischen Konsumieren und Sparen für immer weniger Privathaushalte stellt. Bei einer wachsenden Zahl von Bürgern reichen die Geldeinkünfte gerade zur Finanzierung der alltäglichen Ausgaben.

Indessen haben Einkommensveränderungen in reichen Haushalten keinen Einfluss auf das Konsumvolumen, da sie ihre Bedürfnisse und Wünsche ohnehin maximal befriedigen können. Vor diesem Hintergrund dürfte nicht einmal ein gestiegenes Verbrauchervertrauen den Konsum merklich ankurbeln.

Nun wird argumentiert, dass der coronabedingte Verzicht auf Urlaubsreisen und Freizeitaktivitäten einen Konsumstau herbeigeführt hat. Tatsächlich erhöhte sich bei mehreren Produktsegmenten die Nachfrage, was etwa die höheren Preise für Baustoffe belegen. Indem die gesparten Summen aber ausgegeben werden, schwächt sich der Konsumimpuls gleichzeitig ab. Sind die Geldmittel aufgebraucht, wird er größtenteils erloschen sein.

Kosteneinsparungen statt Erhöhung des Produktionswerts

Um Investitionsbereitschaft zu wecken, dürfte ein vorübergehend gestiegenes Kaufinteresse nicht ausreichen. Vielmehr müssen Unternehmen von der Beständigkeit einer höheren Nachfrage privater und staatlicher Endverbraucher überzeugt sein.

Nimmt nun der Konsum von Privatpersonen nur minimal zu und sind öffentliche Haushalte zu Einsparungen gezwungen, besteht für den Absatz von mehr oder teureren Produkten ein erhöhtes Risiko. Dann bietet auch kein niedriges Zinsangebot genügenden Anreiz für größere Investitionen. Die Leitzinspolitik der Zentralbanken stößt hier offenbar auf ihre Grenzen.

Angesichts der zurückbleibenden Endnachfrage ist nicht verwunderlich, dass die Investitionsquote in Deutschland wie auch anderswo in der westlichen Welt über einen längeren Zeitraum im Sinken begriffen ist. Die Investitionstätigkeit konzentriert sich mittlerweile auf Ersatzbeschaffungen zur Aufrechterhaltung des vorhandenen Produktionsvolumens. Desgleichen dient sie der Erhöhung und Stabilisierung des Qualitätsniveaus durch den Einsatz neuer Technologien und besserer Kontrollinstrumente.

Nun sind Unternehmen aber bestrebt, ihre Gewinne zu steigern. Wenn dies nicht durch einen wertmäßig größeren Güterabsatz gelingt, verbleibt als Mittel die Nutzung von Einspareffekten. Neben höherer Produktivität durch fortgeschrittene Technologien bieten sich hierzu weitere Methoden an: Steigerung der Arbeitsleistung, effektivere Produktionsverfahren, Verminderung von Ausschuss, Auslagerung unrentabler Teilbereiche, Erschließung preisgünstigerer Bezugsquellen für Ausgangs- und Betriebsstoffe u.a.m.

Da sich aber der Verkaufswert der produzierten Güter nicht erhöht, implizieren die erzielten Gewinnsteigerungen Verluste für Lohnabhängige, Subunternehmen und Lieferanten. Dadurch wird im Endeffekt die Umverteilung von Arm zu Reich weiter vorangetrieben. Dies beeinträchtigt wiederum die Konsumnachfrage, sodass Investitionen noch stärker auf Kosteneinsparungen fokussiert sind. Es entsteht ein Teufelskreis.