Warum ein US-Friedensaktivist in Deutschland ins Gefängnis muss
Seite 2: Störungen gegen "Vorbereitungen zur Massenvernichtung"
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LaForge begründet seine Weigerung, die vom Gericht verhängte Strafe zu zahlen, damit, dass sein Verhalten kein Fehler gewesen sei. Er habe im öffentlichen Interesse gehandelt. Der unbefugte Übertritt sei gerechtfertigt als Versuch, gegen "Vorbereitungen zur Massenvernichtung" vorzugehen und Verbrechen zu verhindern.
LaForge ist Empfänger des US Peace and Justice Studies Association’s Social Courage Award und musste bereits insgesamt 54 Monate aufgrund von zivilen Ungehorsamsaktionen in Gefängnissen einsitzen. Im Online-Magazin Counterpunch schreibt er:
Es kann niemals ein Verbrechen sein, den Einsatz, Einsatzübungen oder die angedrohte Verwendung von Atomwaffen zu stören oder sich den Plänen der amerikanischen und der deutschen Regierungen zu widersetzen, unkontrollierbare Massenvernichtung durch Feuerstürme und Strahlung zu begehen. Keine wie auch immer geartete kriminelle Verschwörung ist mit dem Ausmaß des bewussten öffentlichen Rechtsbruchs vergleichbar, der in den allzu "glaubwürdigen" Atomwaffendrohungen unserer Regierungen enthalten ist. Meine friedliche Störung der nuklearen Angriffsmaschinerie ist kein Hausfriedensbruch, sondern gerechtfertigt, präventiv, dem Vorsorgeprinzip verpflichtet und rechtmäßig.
LaForge bezieht sich auch auf den internationalen Atomwaffensperrvertrag (NPT), der das Verbot der Verbreitung und die Verpflichtung zur Abrüstung von Kernwaffen enthält. Die USA und Deutschland haben den Vertrag unterzeichnet. Dazu wollte die Verteidigung von LaForge im Gerichtsprozess drei Experten aussagen lassen, doch das wurde ihr vom Gericht verwehrt.
Eingeladen werden sollten der pensionierte deutsche Richter Bernd Hahnfeld, der Trierer IT-Professor Karl-Hans Bläsius und Francis A. Boyle, Rechtsprofessor an der Universität von Illinois. Sie wollten laut Nukewatch über den Atomwaffensperrvertrag von 1970 und den Zwei-Plus-Vier-Vertrag von 1990 (über die deutsche Wiedervereinigung) sprechen, die die Stationierung von US-Atomwaffen in Deutschland verbieten; über das wachsende Risiko eines computergesteuerten versehentlichen Atomkriegs und die Kriminalität der ständigen Drohungen mit atomaren Angriffen, die als "Abschreckung" bezeichnet wird.
Marion Küpker, Anti-Atomkraft-Aktivistin der Gewaltfreien Aktion Atomwaffen Abschaffen (GAAA), weist darauf hin, dass LaForge kein Einzelfall ist:
In den letzten zwei Jahren gab es in Cochem und Koblenz etwa 50 Gerichtsverfahren mit Dutzenden von Atomwaffengegnern wegen Aktionen des gewaltfreien zivilen Ungehorsams auf dem Fliegerhorst Büchel.
Zwischen 1998 und 2019 mussten 13 Aktivist:innen, die gegen die Stationierung von Atomwaffen in Büchel gewaltfrei protestierten, Haftstrafen absitzen. Küpker sagt, dass die Kampagnen trotz der Prozesse und Strafen weitergehen werden.
Lange konnten sich die Proteste auf eine klare öffentliche Meinung in Deutschland in Bezug auf die "nukleare Teilhabe" berufen. Große Mehrheiten haben sich immer wieder für den Abzug der US-Atomwaffen ausgesprochen. Noch Mitte 2021 waren laut einer Studie der Münchener Sicherheitskonferenz nur 14 Prozent der Befragten für Atomwaffen in Deutschland, eine Mehrheit von 57 Prozent wollte, dass sie abgezogen werden.
Doch das hat sich im Zuge des Ukraine-Kriegs geändert. Bei einer Befragung des ARD-Politikmagazins Panorama Anfang Juni 2022 votierten nur noch 39 Prozent für einen Abzug. 52 Prozent sind jetzt für einen Verbleib der Atomwaffen.