Was bewegt sich bei der Stromversorgung?

Einbau eines zertifizierten Smart Meter Gateway im Zählerlabor der Netze BW, Karlsruhe. Bild: Franziska Fahrbach / CC-BY-SA-4.0

Der Bundesrat fordert den Ausbau intelligenter Messsysteme und einen Anspruch der Verbraucher auf dynamische Verträge

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Die Forderung, den Smart Meter Roll-out zu beschleunigen, und die Forderung, dass die Bundesregierung dafür sorgen soll, dass Energieversorgungsunternehmen dynamische Verträge anbieten, geht ins Leere, solange weder die Versorgungsunternehmen noch die Verbraucher einen Nutzen davon haben.

Solange die Tarife so wenig gespreizt sind, dass der Kunde bei einer Ladung Wäsche maximal einen Eurocent von insgesamt 50 einsparen kann, wenn er zum "richtigen" Zeitpunkt wäscht, wird der normale Stromkunde keinen Anlass sehen, sich einen Smart Meter zuzulegen.

Da Smart Meter nicht nacheichbar sind, wenn die zulässige Nutzungszeit abgelaufen ist, will man nach acht Jahren eine Stichprobe ziehen und falls diese zeigt, dass die Messung innerhalb der zulässigen Toleranzen liegt, alle baugleichen Smart Meter weiter nutzen.

Der Bevölkerung sind weder "Smart Meter" noch "intelligente Messsysteme" bekannt

Wenn die Bundesregierung jetzt Smart Meter als Intelligente Messsysteme für die Energiewende vorstellt und den Verbrauchern verspricht, dass sie damit von neuen Tarifen profitieren könnten, so geht diese Ankündigung weitestgehend ins Leere, weil es diese neuen Tarife bislang nicht gibt. Da hilft es auch wenig, wenn der Bundesrat in einer am 3. Juli 2020 gefassten Entschließung fordert, dass die Nutzung von Smart Metern ausgebaut wird.

Da die Bundesregierung bei der Umsetzung der europäischen Strombinnenmarktrichtlinie gegenüber anderen Ländern im Rückstand sei, soll man die Umsetzung in nationales Recht jetzt beschleunigen und die Rahmenbedingungen für Messung und Abrechnung von dynamischen Stromtarifen zu schaffen.

Wenn der Einsatz von Smart Metern jetzt forciert werden soll um die Energiewende zu beschleinigen, dann sollte man die Bevölkerung auch über die dadurch entstehenden Kosten, Möglichkeiten und Risiken informieren. Das scheint bislang noch nicht erfolgreich geschehen zu sein. "68% der Bevölkerung sind weder 'Smart Meter' noch 'intelligente Messsysteme' bekannt", ergab eine von SmartGridsBW durchgeführte Studie unter dem Titel "Den Rollout im Blick - die Kenntnis der Bevölkerung von Smart Metern/ intelligenten Messsystemen".

Dynamische Tarife mögen ein interessantes Modell sein, in der Realität ist ihre Einführung jedoch derzeit nicht absehbar. Für den Haushaltskunden gibt es auch kaum sinnvolle Anwendungsfälle. Halbwegs überzeugend wäre das Laderegime für Elektrofahrzeuge. Hier wird in den einschlägigen Modellversuchen bislang jedoch meist das sogenannte bidirektionale Laden erwähnt, bei welchem der Akku eines E-Mobils als Pufferspeicher im Netz eingesetzt werden könnte.

Ob dies wirtschaftlich Sinn macht, weil die Fahrzeugbatterie der aktuell teuerste Stromspeicher am Markt ist und der deutsche Automobilist nicht so einfach davon zu überzeugen sein dürfte, dass er sein "Heilixblechle" dem Stromversorger zur Verfügung stellen soll. Die Energiewende hat derzeit auch größere Probleme als die Nutzung von Stromspeichern in E-Mobilen.

Und ganz plötzlich sind 20 Jahre vorbei

Vor etwa zwanzig Jahren startete die Energiewende in Deutschland mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das PV- und Windkraftanlagenbetreibern für zwanzig Jahre eine feste Vergütung für den Strom, den sie ins Netz einspeisen, garantierte.

Nach Ablauf dieser Frist, die im kommenden Jahr bevorsteht, sieht es für die Betreiber von PV- und Windkraftanlagen eher düster aus. Die meisten können den selbst erzeugten Strom nicht vollständig selbst verbrauchen und wenn sie ihn wie bislang ins Netz verkaufen wollen, müssen sie aufwendig nachrüsten.

Ähnlich verzwickt ist die Situation auch bei den Windkraftanlagen, deren Betriebserlaubnis auf zwanzig Jahre ausgelegt ist. Die ist inzwischen auch dem Bundesrat aufgefallen, der vermeiden möchte, "dass bestehende Windenergieanlagen, die 2021 aus der EEG-Förderung fallen, stillgelegt werden". Hermann Albers, der Präsident des Bundesverbands WindEnergie, merkt hierzu an: "Die Debatte im Bundesrat hat deutlich gemacht, dass die Politik die Probleme erkennt, auf die wir seit Jahren hinweisen."

Die Bestandsanlagen sind wichtig für die CO2-freie Energieproduktion. Es fiel der Politik lange schwer, vorausschauend auf 2021 zu blicken. Man fordert in diesem Zusammenhang auch, das sogenannte Repowering genehmigungsrechtlich zu vereinfachen, um bestehende und in der Regel akzeptierte Standorte zu erhalten. Da sich die rechtlichen Rahmenbedingungen in den vergangenen zwanzig Jahren meist nicht zum Vorteil der Windkraftnutzung verändert haben, ist das Repowering vielfach nicht mehr möglich.

Lösungsansätze für Wind und PV

Der Bundesverbands WindEnergie fordert als ersten Schritt, die weitere Nutzung der Bestandsanlagen für die Stromproduktion zu sichern, bis die Rahmenbedingungen für umfassende Repowering-Möglichkeiten definiert und verabschiedet sind.

Im Falle der PV-Anlagen gibt es ein Konzept von Versorgern wie EnBW und Speicherherstellern wie der Shell-Tochter Sonnen und dem E-Mobilhersteller Tesla, das die Direktvermarktung des selbst erzeugten Stroms deutlich vereinfachen soll. Dabei sollen statt individueller viertelstündlicher Messungen pauschale Standardwerte genutzt werden. Das senke die Kosten erheblich, so dass sich auch der Verkauf geringer Strommengen wieder lohnt. Kleine Altanlagen würden dann auch für Direktvermarkter wieder interessant.

Heimspeichermarkt noch klein, aber schon umkämpft

Vielfach wird zur Ergänzung von PV-Anlagen auf dem eigenen Dach die Installation von Akkuspeichern empfohlen, welche den tagsüber erzeugten Strom für den nächtlichen Bedarf bereitstellen können. Noch handelt es sich hier um einen Nischenmarkt, der zwar Wachstum verspricht, selbiges aber für so manche bekannte Marke noch immer zu langsam ist.

So hat Siemens gerade verkündet, dass sie mit ihrem Speicher Junelight nicht weiter machen wollen. Auch der Stuttgarter Autobauer Daimler, der mit der Vermarktung von Heimspeichern die Lücken bei den Akkus für E-Mobile schließen wollte, hat sich nach zwei Jahren still und heimlich aus dem Markt verabschiedet. Das Gleiche gilt für den Automobilzulieferer und Maschinenbauer Bosch.