Was das Scheitern der Impfpflicht ab 18 Jahren bedeutet
- Was das Scheitern der Impfpflicht ab 18 Jahren bedeutet
- So unklar war die Umsetzung der Impfpflicht, so gefährlich die Begründung
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Die nun abgesagte Zwangsregelung war nur ein Placebo erfolgloser Krisenmanager. Ihre Argumentation barg zudem stets eine Gefahr für die Demokratie. Ein Kommentar
Wenige Tage vor der Abstimmung im Bundestag über eine vor allem von der SPD geforderte allgemeine Impfpflicht für Personen ab 18 Jahren ist das Vorhaben erwartungsgemäß beerdigt worden. Die Abgeordnetengruppe, die diesen Vorschlag als eine von fünf Beschlussvorlagen unterbreitet hatte, machte nun einen Rückzieher. Und das ist gut so.
Denn angesichts einer gesundheitspolitisch wie verfassungsrechtlich fragwürdigen Begründung hätte die allgemeine Impfpflicht die ohnehin lavierende Pandemiepolitik der letzten beiden Bundesregierungen endgültig an die Wand gefahren.
Aber ist das nun der Befreiungsschlag? Ein am heutigen Montag kursierender Kompromissvorschlag, der im Original auch Telepolis vorliegt, sieht eine verpflichtende Impfung für Personen ab einem Lebensalter von 50 Jahren vor. Alle jüngeren Personen ohne Impfpflicht müssen demnach ab 18 Jahren die Teilnahme an einer Pflichtberatung nachweisen, um ihre Grundrechte den Geimpften gleichwertig wahrnehmen zu können.
Verfassungsrechtler und seriöse Kritiker der allgemeinen Impfpflicht aus anderen Fachbereichen haben in den vergangenen Wochen und Monaten wiederholt darauf verweisen, dass zahlreiche Faktoren eine solche gesetzliche Zwangsregelung angreifbar gemacht hätten: der Pandemieverlauf, die Belastung der Intensivstationen, die Infektiosität der dominierenden Virusvariante, die Wirksamkeit der in der EU zugelassenen Vakzine … Die Debatten um diese und weitere Themen sind ermüdend lang, hinreichend, breit und in steter Wiederholung geführt worden.
Im zunehmend erbittert geführten Widerstreit zwischen Impfgegnern und -befürwortern ist eine Frage aber stets zu kurz gekommen. Hier bewusst sachlich formuliert: Wenn die Einschränkung des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit durch einen medizinischen Zwangseingriff immer nur letzte Mittel sein darf – was ist dann mit all den Maßnahmen auf dem Weg zu diesem Punkt geschehen?
Wie wurde eigentlich das Gesundheitssystem gestärkt?
Im konkreten Fall wenig, wie ein Blick in die Statistiken der zuständigen Behörden zeigt: Der seit vergangenem Jahr diskutierte Pflegebonus wurde gerade erst verabschiedet, er wird nicht das gesamte nicht-medizinische Krankenhauspersonal erreichen und sein Budget beläuft sich auf ein Hundertstel der jüngst von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Handstreich freigegebenen 100 Milliarden Euro für Aufrüstung.
Wie wenig nachhaltig die regierungspolitischen Initiativen sind, das Land für kommende Pandemiewellen zu wappnen, zeigt sich auch in den Zahlen des Statistischen Bundesamts und der Bundesagentur für Arbeit. Gerade einmal fünf Prozent mehr Intensivbetten wurden im Jahr 2020 erfasst, während die Gesamtzahl rückläufig war. Der große Sprung sieht anders aus.
Zugleich wurden über die Sozialversicherungen gerade einmal 3,3 Prozent mehr Intensivpflegekräfte gemessen. Landesweit steigende Überlastungsanzeigen dieser Corona-Helden – am UKE in Hamburg alleine 161 im Jahr 2021 – weisen aber darauf hin, dass der Trend alles andere als nachhaltig ist. Denn Intensivbetten ohne die entsprechenden Pflegekräfte sind nichts wert.
So drängt sich nach zwei Jahren Pandemie der Eindruck auf, dass die allgemeine Impfpflicht bis zu ihrem vorläufigen Ende vorwiegend eines war: ein Mittel zur Kompensation des gesundheits- und krisenpolitischen Unvermögens von inzwischen zwei Regierungskoalitionen im Bund.
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