Was geschieht mit unserem Kunststoffmüll?

Seite 3: Sind aufwändigere Verpackungen wirklich so viel attraktiver für Kunden?

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Käsescheiben wurden bis vor kurzem noch in dünne PE-Folien mit Vakuum eingeschweißt. Mir wäre von Polyethylen nicht bekannt, dass darin Weichmacher oder andere austretende Giftstoffe enthalten wären. Allein das Gewicht einer dünnen Plastik-Folie ist extrem niedrig und somit allen anderen Verpackungsarten haushoch überlegen. Zunehmend werden jedoch Käse- und Fleisch-Produkte in formstabile Halbschalen gelegt, welche durch eine aufgeklebte Folie verschlossen werden. Das Gewicht dieser Verpackungen steigt gegenüber der leichten Folie leicht um 50% bis 100%.

Trotz allgemeiner Abneigung gegen Plastik halte ich dünne Plastik-Folien weiterhin für ein vergleichsweise nachhaltiges Verpackungsmittel, weil sie um Welten leichter und damit ressourcensparsamer sind als alle anderen Verpackungsformen. Damit diese Plastik-Verpackungsform jedoch ihren ökologischen Vorteil ausspielen kann, ist eine sichere Entsorgung zwingend, was einerseits Nutzerverhalten bedingt, andererseits jedoch auch zuverlässige Entsorgungsketten erfordert, welche in der Verantwortung von Staat und Industrie liegen.

Allgemein wären Verpackungen ohne Umverpackungen und ohne Blister wünschenswert. Einfache Kunststoff-Folien wirken freilich weniger "wertig". Diese Optik müsste durch Kampagnen aufgefangen werden, beispielsweise in dem der Produzent stolz das geringe Gewicht der Verpackung anpreist.

Von Seiten des Gesetzgebers müssten es ja nicht immer Einschränkungen und Verbote sein, um etwas zu bewegen. Wie wäre es, wenn auf Verpackungen die Option bestünde, in genormter Form den Energieaufwand zur Herstellung der Verpackung so wie das Gewicht der Verpackung aufzudrucken. Ich bin mir sicher, dieses "Feature" würde bei vielen Kunden Beachtung und Wertschätzung finden.

Vielfach hat der Kunde bei seiner Kaufwahl keine Chance, ultra-komplexe Verpackungen abzustrafen, ohne auf ein Produkt verzichten zu müssen oder ohne eine schlechtere Alternative zu akzeptieren. Meist setzen sich aufwändigere Verpackungen rasch durch und werden zum Quasi-Standard für ähnliche Produkte. Wie wäre es, komplexe Verpackungen durch genormte, beispielsweise rote Punkte verbindlich zu kennzeichnen, so dass der Hersteller eine Motivation hätte, leichtere Verpackungen anzubieten, um den roten Punkt zu vermeiden?

Wie steht es mit der Verantwortung?

Ich persönlich habe das Verlangen, "mit mir im Reinen" zu sein, in dem ich mich entsprechend verhalte. Ich liebe diese Erde und halte es für die logische Konsequenz, dass ich mein Verhalten im Rahmen meiner komfortablen Möglichkeiten daraufhin optimiere, diese Erde nicht unnötig zu belasten. Und ich kenne diese Haltung von sehr vielen meiner Mitmenschen.

Gleichwohl leben wir ja nicht ohne Grund mit dem Bewusstsein, dass "unser Verhalten" letztendlich große Schäden hervorruft, leid in der Tierwelt und auch in der Pflanzenwelt verursacht, sofern wir annähmen, auch Pflanzen hätten Gefühle. Wie aber gehen wir mit diesem "schlechten Gewissen" um, wenn wir doch in die Welt hinein geboren wurden, wie wir sie vorfinden und wenn "diese Welt" uns kaum eine Chance lässt, so zu leben, dass wir mit ihr nachhaltig umgehen?

Ich lernte vor Jahren von den Systemikern, einer psychologischen Richtung, der ich sonst nicht besonders anhänge, dass angemaßte Schuld für unser Befinden und selbst für das Befinden unserer Nachkommen ähnlich zerstörerische Auswirkungen hätte, wie tatsächliche Schuld.

Und ich lernte vor kurzem, dass selbst Psychopathen, die bekanntlich so etwas wie Mitgefühl oder Scham nicht kennen, dennoch Respekt vor etwas hätten, was in ihren Macht-Kreisen als "Karma" bezeichnet würde. Ich stelle mir somit die Frage, ob die Mächtigen annähmen, dass dieses "Karma" auf andere übertragen werden könnte, sobald diese bereitwillig ihre "Schuld" eingestehen würden, unabhängig von der tatsächlichen Verantwortung? Quellen kann ich nicht nennen, jedenfalls keine belastbaren.

Was ich jedoch beobachten kann, ist, dass die Politiker und die Medien permanent uns einfachen Menschen subtil die Verantwortung für alle Übel auf dieser Erde zuschieben und sie durch übertriebene Regelungen in die Enge treiben, während die Mächtigen und die Konzernlenker ziemlich freie Hand haben, in jeder Beziehung. Dieses unfaire Verhalten könnte durch dieses Bemühen erklärt werden, die "Schuld" auf die einfachen Menschen abzuwälzen.

Beispielsweise wird das Problem der Staatsverschuldung dem Bürger über überhöhte Steuern in die Schuhe geschoben, während die Mächtigen kaum Steuern zahlen. So ist ferner zu befürchten, dass Autofahrer mit Verbrennungsmotor bald nicht mehr in Innenstädte fahren dürften, selbst wenn sie neue Autos besitzen. Maßnahmen zur Einsparung von Energie und Ressourcen oder CO2 werden trotz aller CO2-Faselei niemals unternommen, von Elektrizitätskonzernen beispielsweise schon gar nicht. Und so weiter.

Somit will ich mit diesem Artikel alle Leser durchaus anregen, sich Gedanken über den nachhaltigen Umgang mit Produkten, Verpackungen und Müll zu machen. Es ist mir gleichwohl wichtig zu sagen:

Nein, wir "Verbraucher" haben uns zwar möglicherweise über Jahrzehnte, wenn nicht länger, dazu verleiten lassen, Annehmlichkeiten anzunehmen, die wir besser abgelehnt hätten. Aber die ursächliche Verantwortung für die Misere liegt bei mächtigeren Menschen, die uns systematisch in ein System geführt haben, welches alles andere als nachhaltig ist und aus welchem wir als einfache Menschen nur schwer ausbrechen können.

Das betrifft beispielsweise auch die weltweiten Handelsströme. Uns wird erzählt, diese Handelsströme seien eine Folge des "freien Wettbewerbs". Das stimmt aber nicht, denn in Europa gelten andere Bestimmungen zum Schutz der Arbeitnehmer, als beispielsweise in Asien. Ein Handel zwischen Ausbeuter-Nationen und Europa kann nicht als "Freier Markt" bezeichnet werden, sondern als Methode zur Verbreitung der Sklaverei. Aber besagter vorgeblicher "Freier Markt" ist eine der Ursachen für Verpackungsmüll, denn die Verpackung ist Voraussetzung, insbesondere für längere Transporte (von den ökologischen Folgen der Transporte sprechen wir hier erst einmal nicht).

Aber bereits im Land selbst haben sich Handelsstrukturen gebildet, die weit entfernt von einem Zustand sind, der eigentlich in unserem Interesse sein könnte: Kein Mensch kennt noch den "Produzenten" der Lebensmittel. Nicht einmal die industriellen Erzeuger der Nahrungsmittel sind uns vielfach noch bekannt. Mehr Entfremdung zu dem, was uns nährt, ist kaum denkbar. Dabei könnten tatsächlich der größte Teil unserer Lebensmittel auch im gleichen Dorf "erzeugt" werden, in dem wir leben. Oder leben wir nicht mehr in Dörfern? Warum eigentlich? Was wird in Städten "produziert", was uns das Leben leichter macht? Und so weiter...

Aber solche Fragen werden kaum gestellt. Die Verpackung ist eines von vielen Phänomenen, welche unsere zunehmende Entfremdung von den wichtigen Dingen des Lebens begleitet. Nein, wir einfachen Menschen haben das nicht gewollt. Dieser Zustand entstand auch nicht ursächlich durch unsere Bequemlichkeit. Unsere Bequemlichkeit wurde genutzt, um uns zu überlisten und diesen Zustand einer Abhängigkeit von großen Konzernen und Strukturen zu schaffen.

Und wie steht es mit der Verantwortung der Bevölkerung von Schwellenländern, wenn möglicherweise einfache Menschen Müll in Flüsse entsorgen? Zugegebenermaßen spreche ich jetzt von meinen vagen Vorstellungen, da uns keinerlei Dokumentationen oder Bilder dieser Zustände vorliegen, die speziell das Verhalten der Menschen in Bezug auf Müll präzise erklären. Aber ich gehe davon aus, dass die einfachen Menschen in Schwellenländern, die ja in der Regel sehr arm sind, dass diese Menschen also wenig Wahlmöglichkeiten haben und ihre Güter in der Verpackung in Empfang nehmen, wie sie angeboten wird.

Ich unterstelle, dass in diesen Gegenden oder beispielsweise Slums keinerlei Infrastruktur zur Sammlung von Müll existiert. Ich denke, da müssen wir uns wenig Gedanken über die ursächliche Schuld dieser Menschen an der Müll-Misere machen. Diejenigen, die das Geld haben, hätten die Freiheit, die Strukturen zu schaffen, dass die Armen entweder Güter ohne oder mit verrottbaren Verpackungen erhielten, oder dass eine Infrastruktur zur Sammlung von Abfällen geschaffen würde. Es ist wieder die gleiche Geschichte. Die einfachen Menschen sind nicht frei von Verantwortung, sie müssen auch ausbaden, was sie mit verursachen. Aber die ursprüngliche Verantwortung für die Probleme liegt bei Menschen, die sich angemaßt haben, die Macht auszuüben und die somit die übergeordnete Verantwortung übernommen haben und tragen müssen.

Und daher fordere ich an dieser Stelle, dass die entscheidenden Maßnahmen auch von den Verantwortlichen getroffen und vor allem auch von ihnen selbst umgesetzt werden. Und die sitzen in der Politik, in der Industrie und in so manchem Think-Tank! In diesem Artikel sind einige Anregungen geboten. Aber ich weiß, dass die Mächtigen Think-Tanks über viel Wissen und auch Kreativität verfügen, um nachhaltige Lösungen zu entwerfen und umzusetzen. Sie bräuchten nicht einmal unsere Vorschläge. Sie sind in der Verantwortung und ich wünsche, dass dies so offensichtlich wird, so dass sie sich, und sei es nur aus Angst um ihren Ruf und ihren Einfluss, endlich genötigt sehen, ihrer Verantwortung zum Nutzen des Lebens gerecht zu werden.

Und ich erkläre hiermit meine freudige Bereitschaft, nachhaltigere Verpackungs-Angebote aufzugreifen und zu bevorzugen! Und wenn ich Vertrauen habe, dass mein Müll dann sorgsam behandelt wird, bringe ich gerne die erforderliche Zeit zur Trennung auf. Aber ich erkläre hiermit, dass ich mich für die gegenwärtige Misere nicht verantwortlich sehe. Ich leiste meinen Beitrag, mache mir meine Gedanken und ich habe diesen Artikel geschrieben und Telepolis hat ihn dankenswerter Weise veröffentlicht - und damit ist es gut!