Was macht die FernUniversität Hagen?

Radikalkur ist bei den Geisteswissenschaften zu erwarten, Widerstand der zerstreuten Fernstudenten eher nicht

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Die Hagener Universität, einstige Reformuniversität und erste virtuelle Hochschule, äußert sich erstmals offiziell in ihrem neuesten Infoheft zu den Kürzungsplänen der nordrhein-westfälischen Kultusministerin. Wie bereits berichtet, plant Frau Ministerin Behler in einem Entwurf zur 6. Rechtsverordnung große Einschnitte im geisteswissenschaftlichen Angebot der Uni.

Der Kooperationsstudiengang mit der Uni Düsseldorf - der einzige rechtswissenschaftliche "Fernstudiengang" in Deutschland wird gestrichen und durch einen wirtschaftlich orientierten Bachelor/Master of Law ersetzt. Aufgrund der dünnen Personaldecke muss das juristische Lehrpersonal für die gefragten postgradualen Weiterbildungsstudiengänge eingesetzt werden. Wer dann allerdings die neuen grundständigen Ausbildungswege begleitet ist nicht erkennbar.

Eine umfassende Radikalkur ist bei den klassischen Geisteswissenschaften zu erwarten: Die Magisterstudiengänge Geschichte, Neuere Deutsche Literaturwissenschaft und Philosophie werden sowohl als Haupt- wie auch als Nebenfach abgeschafft. Soziale Verhaltenswissenschaften kann man nur noch als Nebenfach studieren und Psychologie nur noch als Hauptfach. Da die Einstellung zum 01.10.2007 geplant ist, schlagen die Wellen hoch. Denn der Bestandsschutz für ein Studium im üblichen Rahmen hat zur Folge, dass alle Erstimmatrikulationsanträge abgewiesen werden müssen. Die von der FernUni geplanten neuartigen Medienstudiengänge sind noch nicht einmal spruchreif - weitere Innovationen bestenfalls Geheimtipps.

Die Uni hatte schlichtweg weder Zeit noch Ressourcen, um binnen Monaten Alternativen zum Bestehenden zu entwickeln. So werden wohl viele Interessenten verprellt. Schlimmer ergeht es den Teilzeitstudenten: Ein Novum der Hagener Uni war es, dass Berufstätige oder Alleinerziehende in einem verlängerten Studium mit verminderter Semeterstundenzahl studieren konnten. Um zu gewährleisten, dass diese Gruppe auch ihre Studien abschliessen kann, müsste der finale Termin verlängert werden - eine Sonderregelung wäre hier nötig, um das radikale Kürzen wieder in eine Gaußsche Normalverteilung abzuschwächen. Die FernUniversität wünscht sich von der Ministerin in der neuen Verordnung eine explizite Aufforderung zur Entwicklung neuer Studienmodelle. Im Fachbereich Informatik war man mit dem virtuellen Studiengang Bachelor of Science in Angewandter Informatik bereits 1999 vorgeprescht - weise Vorraussicht?

Eher weniger - den Rahmen all dieser Geschehnisse bildet der Qualitätspakt der NRW-Landesregierung. Prosaisch ausgedrückt: Sparen, Sparen, Sparen. Viele Universitäten sind betroffen, aber anders als an Präsenzunis ist in Hagen eine Gegenwehr kaum zu erwarten. Zu heterogen und verstreut ist die Studierendenschaft, als das man mit einer konzertanten Aktion bundesweit auf sich aufmerksam machen könnte. Und die Rechnung ging auf: Der Hagener ASTA ist entweder weggeduckt oder nicht betroffen - weil aus einem verschonten Fachbereich. Ob die schweigsame Mehrheit der Entscheidungsträger und Interessenvertreter zur Zeit mit der Produktion neuer Lehrbriefe für hippe Studiengänge beschäftigt ist, bleibt ungewiß. Angesichts der neuen Ausrichtung auf die Wirtschaft scheint es sicher, dass das innovative Material nach Erstellung hoffnungslos veraltet ist. Oder noch schlimmer - schlicht Quatsch. Neulich wollte ein An-Institut der FernUni einen Kurs verkaufen: "Einführung in die Programmiersprache LINUX(englischsprachiger Kurs)" für schlappe 219.00 DM zuzüglich Porto. Cobra übernehmen Sie!