Was wir Mitte 2023 über die Sicherheit und Wirksamkeit von Covid-19-Impfstoffen wissen

Seite 2: Zum Meldesystem über die Sicherheit von Impfstoffen

Bis Anfang April 2023 wurden in der Impfkampagne gegen Covid-19 insgesamt 192,2 Millionen Impfstoffdosen in Deutschland verabreicht. Davon waren etwa 138,2 Millionen Impfstoffdosen Comirnaty, rund 31,6 Millionen Dosen Spikevax, circa 5,6 Millionen Dosen Comirnaty bivalent (Original/Omicron), ca. 113.000 Dosen Spikevax bivalent (Original/Omicron), rund 160.000 Dosen Nuvaxovid, ca. 3,8 Mio. Dosen JCovden, ca. 12,8 Mio. Impfstoffdosen Vaxzevria und ca. 7.800 Dosen Valneva.4

Für die weitere Erörterung muss man sich zunächst klarmachen, dass die Aussagen über die Sicherheit der Impfstoffe bei uns vor allem auf dem etablierten (passiven) Meldesystem über Nebenwirkungen und Impfkomplikationen nach Impfung mit Covid-19-Vakzinen beruhen, die in den vorliegenden Sicherheitsberichten des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) zusammengefasst sind. Entsprechende Meldesysteme gibt es auch in anderen Ländern, etwa das VAERS in den USA.5

Diese Meldungen erhalten die Gesundheitsämter und andere Institutionen entsprechend den Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes.

Ärztinnen und Ärzte sind gesetzlich verpflichtet, Nebenwirkungen und Impfkomplikationen – und das sind gesundheitliche Beschwerden, die über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehen und nicht evident auf andere Ursachen zurückzuführen sind- namentlich dem zuständigen Gesundheitsamt zu melden, das diese wiederum unverzüglich und in anonymisierter Form an das PEI weiterleitet.

Zusätzlich erhält das PEI Meldungen der Arzneimittelkommissionen der Apotheker und der Ärzte in Deutschland, der Datenbank der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) sowie direkt von Ärztinnen und Ärzten sowie auch von Impflingen bzw. deren Angehörigen.

Das PEI fasst alle diese erhaltenen Meldungen zusammen, und zwar unabhängig von einem ursächlichen Zusammenhang mit der Impfung. So ist es im Sinne der frühzeitigen Erkennung von möglicherweise neuen Risikosignalen wichtig, die Meldeschwelle niedrig anzusetzen.

Dies bedeutet, dass auch Meldungen in rein zeitlichem und nicht von vornherein notwendigerweise ursächlichem Zusammenhang mit der Impfung bedeutsam sind und gemeldet werden.

So sind die Meldungen also zunächst ganz überwiegend Verdachtsfälle und müssen im Nachhinein hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs mit der Impfung bewertet werden. Diese Beurteilung erfolgt vor dem Hintergrund, dass in Deutschland auf Grund aller Todesursachen zusammen im Durchschnitt pro Tag etwa 3.000 Menschen versterben.

Zur Bewertung der Meldungen führt das PEI im Rahmen der Erkennung möglicher neuer Risikosignale fortlaufend Observed-versus-Expected (OvE)-Analysen durch. Dabei wird die Häufigkeit der dem PEI nach Impfung gemeldeten unerwünschten Ereignisse mit den statistisch zufälligen und zu erwartenden Häufigkeiten in einer entsprechenden nicht geimpften Bevölkerung verglichen.6

Ergibt sich bei dieser Analyse eine signifikant höhere Melderate für ein Ereignis nach Impfung, als es statistisch zufällig in einer vergleichbaren Population ohne Impfung zu erwarten wäre, geht das PEI von einem Risikosignal aus. Dieses muss dann durch zusätzliche, zumeist epidemiologische Studien weiter daraufhin untersucht werden, ob ein ursächlicher Zusammenhang mit der Impfung wahrscheinlich oder möglich ist.

Das PEI führt zudem eine Befragung zur Verträglichkeit der Covid-19-Impfstoffe mit der SafeVac 2.0-App durch.7 Eine Gruppe von freiwilligen Teilnehmerinnen und Teilnehmern wird darin im Zeitraum von jeweils drei bzw. vier Wochen nach jeder Impfung bezüglich der Sicherheit von Covid-19-Impfstoffen oder sechs und zwölf Monate nach den Impfungen im Hinblick auf den Schutz vor der Erkrankung befragt.

Zu Schweregrad und Häufigkeit der Nebenwirkungen

Bei schwerwiegenden Nebenwirkungen und Impfkomplikationen, um die es ja in dieser Diskussion vor allem geht, handelt es sich gemäß § 4 des Arzneimittelgesetzes (AMG) um Nebenwirkungen, die tödlich oder lebensbedrohend sind, eine stationäre Behandlung oder Verlängerung einer stationären Behandlung erforderlich machen, zu bleibender oder schwerwiegender Behinderung, Invalidität, kongenitalen Anomalien oder Geburtsfehlern führen. Diese Nebenwirkungen werden als "selten" oder "sehr selten" eingeschätzt.8

Nicht zu dieser Gruppe gehören die typischen und nach einer Impfung häufig bis sehr häufig auftretenden nicht schwerwiegenden Nebenwirkungen wie Rötung, Schwellung und Schmerzen an der Impfstelle und auch Allgemeinreaktionen wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen und Unwohlsein, die auch die große Mehrzahl der oben angegebenen gemeldeten Verdachtsfälle ausmachen.

Bei den Häufigkeitsangaben der Nebenwirkungen und Impfkomplikationen werden folgende Kategorien unterschieden, wobei sich die Angabe jeweils auf die Anzahl der Ereignisse pro Zahl der geimpften Personen bzw. verwendeter Impfdosen bezieht:

  • sehr häufig (mehr als zehn Prozent);
  • häufig (ein bis zehn Prozent);
  • gelegentlich (0,1 bis ein Prozent);
  • selten (0,01 bis 0,1 Prozent);
  • sehr selten (weniger als 0,01 Prozent).

Somit bedeutet "sehr selten" beispielsweise, dass eine Nebenwirkung oder Impfkomplikation bei weniger als einer Person bei 10.000 Geimpften oder verwendeten Impfdosen auftritt, bzw. bei weniger als 100 Personen bei 1 Million Geimpften oder verwendeten Impfdosen beobachtet wird.