"Way To Go, Einstein!"

Jetzt lobt bereits ein Mops auf dem Cover von TIME die Denkkraft des Physik-Großmeisters. Die tierische Physik bleibt indessen weiterhin eine Domäne der Katzen

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In seiner aktuellen Ausgabe (vorausdatiert auf den 16. August) bringt das amerikanische Nachrichtenmagazin eine Titelgeschichte über das, was Tiere angeblich so denken: Inside the Minds of Animals.,

Neben dem Mops-Sager ("Haste toll gemacht, Einstein!") verrät der TIME-Autor mit dem (auf Deutsch) sprechenden Namen Jeffrey Kluger:

Neue Wissenschaft enthüllt, dass sie [die Tiere] schlauer sind, als wir uns das bisher klar gemacht haben.

Und im Innenteil des Blattes, auf Seite 1, springt ein Jack-Russell-Terrier durchs Bild, als habe er soeben vom Maharishi persönlich eine Bewusstseins-Erweiterung erfahren, die ihm zur Kunst der körperlichen Elevation bzw. Flotation, also der Schwebefähigkeit durch Antigravitation, verholfen hätte. "Klüger, als man meint" steht in der Bildzeile. "Neue Forschung zeigt, dass Tiere zu komplexen Gedanken fähig sind."

Im Mittelteil des schmächtigen Buntheftes, das sich bereits vom Papier zu verabschieden scheint ("demnächst dann im iPad") blickt uns Kanzi mit klugen und leicht blutunterlaufenen Augen entgegen, ein gepflegter Naturbursche im körpereigenen Fellkleid, der nur darauf zu warten scheint, den Hohen Herren von der Akademie seine Aufwartung zu machen und vielleicht für eine bessere Bezahlung in Bananen für seine Leistungen im Dienste der Wissenschaft zu plädieren. Goldkettchen trägt er keines, seine Würde stammt ganz aus ihm selbst.

Als einen "unlikely linguist" tituliert ihn TIME, also als einen Sprachgelehrten, von dem man es kaum erwartet hätte, einer zu sein oder zu werden. Dabei gelingt es dem begabten Bonobo sogar auf galante Weise, seine abschätzige Meinung über den TIME-Mann zum Ausdruck zu bringen. Als der sich allzu lange Zeit lässt, einen Ball zu finden, um mit Kanzi zu spielen, lässt dieser keinen Zweifel an seinem Unmut. Er deutet auf seine Worttafeln: "Jetzt ist es mir schon langweilig geworden."

Tatsächlich bleibt der Artikel dann auch auf dem Flachmann-Niveau, denn von Physik oder höheren Bewusstseinzuständen ist nachher nicht mehr die Rede. Es würde wohl auch die bibeltreuen Vertreter der schweigenden Mehrheit, zu denen die TIME-Leser wohl großteils zählen, unnötig beunruhigt haben, wenn ihnen die gottgewollte Teilung zwischen Mensch und Tier abhanden gekommen wäre, und so beeilt sich Kluger recht bald, auf die Bibel als durchaus legitime Quelle zu verweisen, und auch das gottgefällige Fleischessen, die Tierkäfighaltung auf engstem Raum und das Orca-Quälen in den Schwimmbecken von Orlando nur mit einem leisen Schmunzeln zu bedenken.

Nebenbei erfahren wir, jeweils mit Hinweis auf einen Prof und eine Uni, dass Rabenvögel den Werkzeuggebrauch kennen oder Hyänen kooperativ an ihre Nahrung kommen. Schön und gut. Dass Elefanten Trauer kennen, auch gut. Dass die Bonobos in Kanzis Gruppe das Wort "Pizza" durch Anklicken der Symbole für "Brot" + "Käse" + "Tomate" ausdrücken, ist allerdings sensationell. Auch als die Edelschimpansen im Forschungsgehege des US-Bundesstaats Iowa eine Flut miterlebten, klickten sie nachher auf die Symbole für "Groß" + "Wasser". Das ist nicht ohne!

Freilich ist Kanzi mit heute fast 30 Jahren bereits ein alter Hase in diesem Geschäft der äffischen Geschwätzigkeit, hat er doch bereits als veritabler Kinderstar angefangen, der damals, ganz ohne menschliches Zutun, seine Mutter bei allen Sprachtests im Labor locker überrundete. Auch die Schimpansin Washoe schaffte es bereits vor 40 Jahren, unzählige Sprachsymbole aus der amerikanischen Taubstummensprache ASL (American Sign Language) zu erlernen und sogar Witze zu reißen. (Wunderschön nachzulesen in Charlton Lairds "You and Your Language", Spectrum Books, 1973.)

Immerhin darf der TIME-Leser auch nach der Lektüre noch darüber nachgrübeln, wieso das Bewusstsein als Funktion eines "kognitiven Rheostats" (oder "Dimmers") anzusehen sein sollte. Vermutlich wird ihm hier doch die Idee untergejubelt, dass es keine klare Trennung zwischen Mensch und Tier gibt, sondern nur einen gleitenden Übergang. Wird zu einem bestimmten Zeitpunkt einmal das Licht angeschaltet, nimmt es anschließend verschiedene Intensitäten an. Man könnte auch von einem Keilriemen sprechen, der bei verschiedenen Drehgeschwindigkeiten übergangslos rauf und runter gleitet.

Der Übergang vom tierischen zum menschlichen Bewusstsein ist dabei so beiläufig, dass er dem Menschen oft gar nicht auffällt. Auch der TIME-Mann nahm nur mit leichter Verwunderung die einladende Geste zur Kenntnis, mit der ihn Kanzi zum Hinsetzen und zum Kaffee (!) einlud.

Dabei sind pantomimische Gesten etwa bei Orang-Utans allemal gang und gebe. Denn auch Orang-Utans können mit "Händen und Füßen" sprechen. Ist ihr Gegenüber schwer von Begriff, so verdeutlichen sie ihre Aussagen mit Gesten. Kanadische Verhaltensforscher bezeichnen bezeichnen dieses Verhalten der "Waldmenschen" als Pantomime. Das gleiche gilt für ihre Kollegen im Zoo. Verhaltensforscher zählten 64 Orang-Gesten, denen sich eine eindeutige Bedeutung zuweisen ließ.

Dennoch, in Amerika werden die Tiere einfach nicht Ernst genommen. So spannend gerade auch die "hässlichen" Tiere sind, so findet die New York Times auch für sie nur "spaßige" Überschriften wie "Ein Wunderwerk der Natur? Na pfui!. Und lässt dann ihre Leser Fotos von hässlichen Haustieren einschicken mit Erklärungen dazu, warum ihre Besitzer sie abscheulich aber trotzdem liebenswert finden.

Bei alledem bleibt kurioserweise oft unbemerkt, dass gerade eines der handelsüblichsten Haustiere, die Hauskatze, eines der verwunderlichsten Lebewesen auf Erden ist. Dazu gehört nicht allein die erstaunliche Musikalität der Katzen, die viele Komponisten inspiriert hat, wenngleich das Wort "Katzenmusik" auch gerade auf eine Schwierigkeit der Inter-Spezies-Kommunikation verweist.

Schrödingers Katze, von einem Physiker erklärt

In der Physik kennt man dagegen zwar den Begriff "Schrödingers Katze", allerdings weiß auch der Nicht-TIME-Leser damit wenig anzufangen. Der Normalbürger interessiert sich eher für Schrödingers turbulentes Liebesleben, für die Babys, die er mit seinen Freundinnen zeugte, und seiner Frau zur Aufzucht heimbrachte, ganz kätzisch, ganz der Kater/Vater - einmal vorausgesetzt, dass man überhaupt weiß, wer dieser Schrödinger überhaupt war.

Fragt man einen Physiker, was es mit Schrödingers Katze auf sich hat, ist man als armer Tor nachher meistens so schlau als wie zuvor, doch ist es immerhin eine Zitatstelle wert, sich anzusehen, was man da so hört.

das spannende an der quantenmechanik, nämlich dass der zustand eines systems (z.b. katze tot oder lebendig) vor der beobachtung NICHT EXISTIERT und nicht nur bloß unbekannt ist (=klassische physik) gilt nur fuer den mikroskopischen bereich. also nicht für katzen. es laesst sich sogar ausrechnen, dass eine katze IMMER tot ODER lebendig ist, da sie ein makroskopischen koerper ist. das liegt auch daran, dass die "beobachtung" in wirklichkeit "wechselwirkung" heisst. d.h. ob ein MENSCH da zuschaut ist irrelevant. die frage ist nur ob die INFORMATION durch eine wechselwirkung zugaenglich gemacht wuerde. (also z.b. ob ein detektor hinter einem spalt sitzt und rausfindet, ob ein elektron durch kommt.)

bei einer katze sind ihre atome dauernd in wechselwirkung und der zustand legt sich damit dauernd selber fest. diese beiden unterschiede werden gerne unter den teppich gekehrt. schroedinger hat die katze nur hergenommen, um die ja auch mikroskopisch erschuetternden fakten fuer den normalmenschen sichtbar zu machen. denn auch ohne "zuschauer" und auch wenn nicht gueltig fuer makroskopische koerper - stellen die quantenmechanischen resultate unseren realtätsbegriff total in frage. (nicht uebrigens den buddhistischen, da die kernaussage dort ist, dass es außer dem jetzt nichts reales gibt - auch keine zeit. das waeren nur nuetzliche konzepte des verstandes).

wenn man sich allerdings anfaengt zu fragen, wo diese paradoxa herkommen (die buddh. antwort waere: das liegt grundsaetzlich daran, dass modelle die wirklichkeit nie paradox-frei erklaeren koennen, weil sie nicht alles erfassen) kommt man auch in der physik in wissenschaftstheoretische / konstruktivistische probleme. das problem bei der beobachtung von quantenmechanischen effekten ist naemlich dass man die kette der quantenmechanisch betrachteten dinge (das elektron, der detektor, das messgeraet, die netzhaut,? das gehirn?) irgendwann (ueblicherweise VOR der netzhaut ;-) abreissen lassen muss, und da sagen muss - ok - DAS habe ich jetzt klassisch gemessen. und WO man diesen punkt setzt, spielt offenbar eine rolle. (siehe "von neumann".) die "viel welten theorie" von einem mann namens everett ist relativ alt und kann meines wissens mathematisch ausgeschlossen werden.

"ach so. verstehe. alles klar."

Einzig die Erfinder der LOL-Katzen in Amerika haben es geschafft, eine Ahnung von der Komplexität des kätzischen Physik-Begriffs zu vermitteln, und so sei er hier anhand einiger Illustrationen kurz erläutert.

Die Physik der LOL-Katzen

Zunächst einmal gilt es zu verstehen, dass es tatsächlich eine eigene Physik des Kätzischen gibt, die sich in einer Reihe von Lehrsätzen zusammenfassen lässt, deren erster lautet:

Ein Kätzchen nimmt immer die Form desjenigen Behälters an, in dem es sich gerade befindet. Alle Bilder mit freundlicher Genehmigung von icanhascheezburger.com

Daher eben

Ein Kätzchen kann auch eine Flüssigkeit sein. Jedenfalls technisch gesehen, nach einem Schläfchen.

Philosophisch betrachtet, kennt das Kätzchen verschiedene Bewusstseinszustände, nämlich

Das Bewusstsein als jenen unangenehmen Zustand zwischen zwei Schläfchen.

oder

Im buddhistischen Sinne, als Zen-Meister, umgeben von Fraktaläpfeln.

Die kätzische Physik hat eine natürliche Beziehung zur Levitation und zu Out-of-Body-Erlebnissen.

Verdammtes Antigravitationskätzchen, hat schon wieder mein Theorem widerlegt."
"Was? Kätzchen befindet sich nicht auf dem Tisch" – sondern in einer gläsernen Nachbildung eines Wassertropfens aufgenommen mit einer Belichtung von einer 1/2000-Sekunde.
Kätzchen besitzen eine ganz eigene Beziehung zur Elektrizität – und zuweilen auch eine elektrisierende Persönlichkeit. Hochprozentige Voltaik!
Manchmal sind Kätzchen sogar so helle, dass sie einen Lampenschirm benötigen.
Und sie haben auch brillante Ideen, da macht es dann förmlich "ding!"
Freilich sind Kätzchen nicht durch eine Fernbedienung zu kontrollieren. Welchen Knopf man auch drückt, es passiert nichts.
Dafür stehen Kätzchen allerdings im berechtigten Verdacht, mit Außerirdischen Kontakt zu halten!