Wege zu einem Klimakonsens
Seite 2: Ohne Skepsis keine Wissenschaft
Denn es gibt auch sachkundige und integre Forscher, die in einzelnen Punkten von der Mehrheitsmeinung abweichen, aber trotzdem wichtige Beiträge zum Verständnis des Klimas liefern könnten. Solange transparent und mit Evidenz argumentiert wird, ist es wichtig, dafür offen zu bleiben. Denn, auch wenn es manche nicht gerne hören: Die Übereinstimmung der Mehrheit der Fachleute auf einem Gebiet ist leider noch kein Kriterium für wissenschaftliche Wahrheit.
Das bedeutet nicht, dass die Klimawissenschaftler falsch liegen, aber es kann durchaus vorkommen, dass sich große Forschergemeinden auch verlaufen. Dies trifft im Moment auf die theoretische Physik und Kosmologie zu, die zum Beispiel jüngst auch Sabine Hossenfelder als "Science Fiction mit Gleichungen" kritisiert. Aber auch wer der Gegenwart weniger Skepsis entgegenbringt, muss die historischen Fakten anerkennen, dass die Mehrheit der jeweiligen Fachleute jahrzehntelang sowohl Kernspaltung als auch Kontinentalverschiebung für unmöglich gehalten haben - ganz abgesehen von der absurden Idee, dass die Erde die Sonne umkreisen würde ….
Nochmal: dies ist keine Verharmlosung oder gar Aufforderung zur Untätigkeit in der Klimapolitik. Im Gegenteil, wenn tatsächlich die Lebensgrundlagen des Planeten auf dem Spiel stehen, wären wir dann nicht gut beraten, eine noch weitergehende skeptische Vorsicht walten zu lassen, sogar wenn eine große Mehrheit der Wissenschaftler "Entwarnung" signalisieren würde?
Skepsis ist im Selbstverständnis der Wissenschaft verwurzelt. Wissenschaftler ernst nehmen heißt, sogar auf qualifizierte Warnungen Einzelner reagieren, aber nicht, sich ungeprüft auf eine Mehrheit zu verlassen. Menschen, die dringenden Handlungsbedarf sehen, sollen sich durch diese Aussage nicht irritieren lassen: Es gibt für diese beunruhigenden Entwicklungen klare Evidenz. Es ist aber besser, damit die Skeptiker zu überzeugen und für vernünftige Gegenmaßnahmen mit ins Boot zu holen.
Sehen - Fakten und Wahrscheinlichkeiten
Dass die Durchschnittstemperatur auf der Erde ansteigt, steht aufgrund von Satellitenmessungen außer Frage, ebenso der Anstieg der atmosphärischen CO2-Konzentration, der übereinstimmt (ca. 1 Prozent pro Jahr) mit den Emissionen der globalen Industriegesellschaft (ca. 36 Gigatonnen pro Jahr).
Es gibt ausgezeichnete Evidenz für den Zusammenhang von CO2 und Temperatur durch paläontologische Zeitreihen, ebenso wie einen Wirkungsmechanismus (auch wenn der Name Treibhauseffekt irreführend ist) der Emissionen des CO2-Moleküls: Offenbar ist die Atmosphäre für Sonnenlicht durchlässig, aber die Wärmeabstrahlung wird durch CO2 und andere Moleküle behindert.
Dennoch: Es ist trotz der Aussagen des IPCC nicht in gleichem Maße gesichert, in welchem Umfang CO2 für den beobachteten Temperaturanstieg ursächlich ist. Bedenken Sie bitte: Diese Möglichkeit muss noch zu noch mehr Maßnahmen und größerer Vorsicht führen, als bisher diskutiert wird.
Denn parallel zu den CO2-Emissionen verändert die moderne Zivilisation den Planeten auf vielfältige Weise. Es gibt viele Effekte, die Einfluss auf die Durchschnittstemperatur haben können: Waldbrände und Rodungen, Phytoplankton, Albedo, Vegetationsindex, Wolkenbildung (Gegenmeinung), Aerosolteilchengröße, Eisenpartikel in der oberen Atmosphäre. Es wäre fatal, wenn man sich auf die CO2-Verringerung beschränkt und das Klima durch einen anderen unterschätzten Effekt aus den Fugen gerät.
Die Debatte leidet also darunter, dass man menschengemachten Klimawandel (der allein schon durch die Koinzidenz mit der Industriegesellschaft sehr wahrscheinlich ist) gleichsetzt mit CO2-verursachtem Klimawandel, dessen Anteil man diskutieren kann.
Transparenz ist nötig
Eine offene Forschungskultur für Klimamodelle ist daher essentiell. Mindestens hinsichtlich Transparenz gibt es hier schon etwas zu verbessern. Einige Fragen, die sich zum Beispiel auftun, sind: Wie gehen die obigen Daten, zum Beispiel Albedo und Vegetationsindex, in die Modelle ein? Welchen Einfluss hat die Wolkenbildung, die zum Beispiel auch von der Sonnenaktivität beeinflusst wird? Wie wirkt sich die Aufheizung der Ballungsräume aus? Kann man die Abschirmung langwelliger terrestrischer Strahlung durch CO2 im Labor quantifizieren?
Es ist ein falsches Argument der Skeptiker, CO2 sei nur zu 0,04% in der Atmosphäre und könne daher nicht viel ausmachen. Denn die zweiatomigen Moleküle O2 und N2, die über 99% der Atmosphäre ausmachen, können die langwellige Abstrahlung aufgrund ihrer Struktur nicht behindern. Neben CO2 spielt Methan (globale Fleischproduktion, Permafrost- Entweichen) eine große Rolle, welches allerdings nach ca. 10 Jahren zu CO2 abgebaut wird. Einen großen und möglicherweise unterschätzten Einfluss hat jedoch Wasserdampf, der unter anderem von der Bewaldung abhängt, die der Mensch massiv verändert.
Es wäre wichtig, völlig transparent zu machen, ob und wie diese Effekte in die Modellierung eingehen, und welche Näherungen dabei gemacht werden: Werden die molekularen Absorptionsbanden aufintegriert oder durch ein Kontinuum abgeschätzt? Werden Gase - was nicht ganz zutreffend wäre - als schwarze Strahler behandelt? Ist es gerechtfertigt, mit einer mittleren Ein- und Abstrahlung ohne Tages- und Jahresrhythmus zu rechnen?