zurück zum Artikel

Wenn Trump China "Währungsmanipulation" vorwirft

Grafik: TP

Neben dem Handelskrieg bahnt sich immer stärker ein Währungskrieg zwischen den USA und China an, der die schwächelnde europäische Konjunktur in die Rezession drücken dürfte

Die Börsen in Europa haben zum Teil panisch auf die Tatsache reagiert, dass es zwischen den USA und China wieder einmal kracht und Donald Trump nun China der "Währungsmanipulation" bezichtigt [1]. Der Frankfurter Leitindex Dax ist nach "zuletzt heftigen Rückschlägen" auch am Dienstag unter Druck geblieben [2]. Er schloss knapp 1% im Minus und "sackte damit auf den tiefsten Stand seit Ende März ab".

Eskalationsstrategie

Das war ein Ergebnis der Vorgaben aus den USA. Die Börsen dort verzeichneten angesichts der verschärften Spannungen zwischen China und den USA die schwersten Verluste des Jahres. Der Dow-Jones-Index brach an der Wall Street um fast 3% ein und der technologieorientierte Nasdaq sogar um fast 3,5%. Und in einigen europäischen Ländern sah es sogar noch schlechter als in Frankfurt aus. In der spanischen Hauptstadt Madrid fiel der Leitindex Ibex 35 sogar auf den tiefsten Stand im laufenden Jahr.

Am heutigen Mittwoch erholen sich die Kurse zum Teil wieder etwas, da Trump zuletzt Dialogbereitschaft signalisiert hat. Doch auf Entspannung hofft man gerade in den USA offenbar nicht wirklich, denn der Dow-Jones schwächelt und steht auch heute im Minus. Tatsächlich sollte man angesichts der Eskalationsstrategie des US-Präsidenten auch nicht viel auf seine Dialogangebote geben.

Denn eigentlich hatten Trump und der chinesische Staats- und Parteichef Xi Jinping am Rande des G20-Gipfels im japanischen Osaka im Juni eine "Waffenruhe" im Handelskrieg vereinbart. Da China die Handelsgespräche mit den USA wieder aufgenommen hatte, sicherte Trump im Gegenzug in Osaka zu, geplante neue Strafzölle auszusetzen.

Doch nun wurde Trump mit seiner neuen Eskalation wortbrüchig, denn er hat neue Strafzölle gegen China verhängt. Produkte im Wert von etwa 300 Milliarden US-Dollar werden ab September mit einem neuen Strafzoll von 10% belegt. Damit stockt Trump nur bisherige Sanktionen weiter auf und heizt damit den Handelskrieg weiter an, den er mit China - aber auch mit der EU [3] - vor gut einem Jahr losgetreten hat.

Längst erheben die USA Zölle von bis zu 25% auf chinesische Produkte im Handelswert von etwa 250 Milliarden Dollar. Und das war fast schon die Hälfte aller US-Importe [4] aus China. Einen guten Überblick darüber, wie Trump den Handelsstreit mit China in welchen Stufen eskaliert, gibt die Neue Zürcher Zeitung [5] (NZZ).

Zuckerbrot

Die US-Administration spielt das Spiel mit dem Zuckerbrot und der Peitsche, wobei vor allem die Peitsche zum Einsatz kommt. Das Zuckerbrot wird nur verbal angeboten, wie gerade von Larry Kudlow. Der Direktor des National Economic Council erklärte im Interview, dass Präsident Trump "gerne einen Deal machen würde" [6]. Deshalb plane man im September eine Reise nach China.

Die USA haben mit ihrer Eskalationsstufe vor, gestärkt in die Gespräche zu gehen. Kudlow geht von diversen erratischen Vorstellungen aus: Er glaubt, man könne China angesichts einer angeblich "bröckelnden Wirtschaft" durch Druck und Maßnahmen wie Sonderzöllen zu großen Zugeständnissen bewegen.

Das Reich der Mitte sei nicht mehr das Kraftpaket, das es noch vor 20 Jahren war, meint der Trump-Wirtschaftsberater, weil die chinesische Wirtschaft zuletzt nur noch um 6,2% gewachsen sei. Kudlow glaubt auch, dass die USA einen Konflikt besser überstehen könnten als China. "Die US-Ökonomie ist sehr stark, aber die chinesische nicht."

Er räumte allerdings ein, dass der Handels- und Währungskrieg auch die USA beschädigen wird. Kudlow geht aber davon aus, dass es China härter treffen wird. Als Zuckerbrot hält er hin, dass Trump für mögliche Änderungen an den "neuen Zöllen auf chinesische Produkte" bereit sei, "sollten die Gespräche mit der Volksrepublik gut laufen."

Chinas Reaktion auf die Strafzölle

Die Vorzeichen stehen allerdings schlecht. Denn hatte sich China bisher noch weitgehend zurückhaltend gezeigt, platzt in Beijing angesichts des Trump-Verhaltens offensichtlich einigen der Kragen. Als klare Reaktion auf neue Strafzölle haben chinesische Unternehmen nun die Einfuhr von Agrargütern aus den USA gestoppt. "Die entsprechenden chinesischen Unternehmen haben den Erwerb von US-Agrarprodukten eingestellt", hatte das chinesische Handelsministerium in der Nacht zum Dienstag mitgeteilt.

Was Trump besonders erzürnt, ist, dass die chinesische Notenbank keine "konkreten Schritte" in Bezug auf die Währung unternommen hat, wie auch das US-Finanzministerium erklärt. Das hat die Wortwahl von Trump übernommen und nennt nun erstmals seit 25 Jahren die Volksrepublik einen "Währungsmanipulator" [7]. Dabei hat die chinesische Notenbank (PBOC) die Währung nicht "abgewertet", wie das Ministerium behauptet, sondern offenbar nur neue Schritte unterlassen, um den Renminbi zu stützen (Yuan ist nur eine Recheneinheit).

Deshalb wurde die Grenze von 7 Yuan für einen US-Dollar unterschritten, die bisher stets von der PBOC verteidigt wurde. Dass China das nun nicht mehr tut, ist eine politische Entscheidung. Man signalisiert so, dass die Geduld mit der Regierung Trump Grenzen hat.

Das US- Finanzministerium behauptet aber, China habe eine lange Tradition bei der Unterbewertung seiner Währung und die Notenbank interveniere entsprechend stets auf dem Währungsmarkt. In diesen Tagen sei die Währung gezielt abgewertet worden, weil umfangreiche Währungsreserven nicht zur Stützung eingesetzt worden seien, um sich unfaire Vorteile im internationalen Handel zu verschaffen.

Es ist bekannt, dass mit dem fallenden Währungskurs die chinesischen Waren in anderen Währungsräumen billiger werden. Tatsächlich könnte China, indem es den Yuan abwertet oder einfach nicht mehr stützt, einen Teil oder den gesamten nachteiligen Effekt wieder auffangen, die dem Land aus den US-Strafzöllen entstehen.

"Die chinesische Zentralbank taugt kaum zum Sünder"

Interessant ist aber, dass auch klare Stimmen gibt, die die Vorwürfe aus den USA gegen China zurückweisen. So etwa das öffentlich rechtliche Schweizer Radio (SFR), wo man anmerkt [8] dass China die Manipulationen klar zurückgewiesen hat. Die chinesische Notenbank schreibt die Abwertung den Bewegungen am Markt zu - und das, so meint der SFR, sei nicht ganz falsch: "Schon die Ankündigung hoher neuer Zölle auf chinesische Importe in die USA hat den Yuan-Kurs unter Druck gesetzt."

So hat ausgerechnet die US-Politik den Währungskurs noch stärker unter Druck gebracht. Ob eine Nicht-Intervention zur Stützung eine unfaire Währungsmanipulation ist, wird vom SFR jedenfalls angezweifelt.

Die Neue Zürcher Zeitung analysiert [9] die Lage tiefer. Sie erklärt, dass die Versuche, den Wert einer Währung tief zu halten, in den letzten Jahren tatsächlich salonfähiger geworden seien: "Doch ein Blick auf die Entwicklung der realen Wechselkurse zeigt, dass die chinesische Zentralbank kaum zum Sünder taugt." Die NZZ kommt zum Ergebnis, dass sogar das Gegenteil der Fall ist: "Der chinesische Yuan ist die stärkste Währung von allen."

"Der Euro hat an Wert verloren"

Betrachte man die Entwicklung der realen Wechselkurse, also wie sehr Güter und Dienstleistungen eines Landes aus der Sicht seiner Handelspartner günstiger oder teurer geworden sind, so zeigt sich folgendes:

Die chinesische Zentralbank hat den Yuan seit 2010 stärker an realem Wert gewinnen lassen als das Fed den Dollar und die Schweizerische Nationalbank (SNB) den Franken.

NZZ

Die Zeitung kommt zu einem wenig erstaunlichen Ergebnis: "Real an Wert verloren hat hingegen der Euro", rechnet die NZZ vor. "Kaufkraftbereinigt ist der chinesische Yuan am teuersten und der Euro am billigsten geworden." An dieser Stelle wurde immer wieder berichtet, dass die Europäische Zentralbank (EZB) unter Draghi massiv in einen Währungswettkampf eingestiegen ist [10].

Mit Nullzinsen, Negativzinsen und langen Jahren, in denen die Notenpressen auf Hochtouren liefen, wurde der Euro künstlich tief gehalten, um sich Wettbewerbsvorteile auf dem Weltmarkt zu verschaffen. Entsprechend dazu sind auch die Exporte aus dem Euroraum gewachsen. Natürlich werden mit dieser Geldpolitik damit auch hoch verschuldete Staaten und Zombie-Banken gestützt [11].

Immer wieder wurde hier auch kritisiert [12], dass es unter Draghi keinerlei Zinsnormalisierung gab, trotz einer Inflation nahe der Schwelle von 2% und einem relativ starken Wachstums, das vor allem über die Geldpolitik der EZB betrieben wurde. Hatte die EZB wenigstens die umstrittenen Anleihekäufe offiziell gestoppt, wurden sie angesichts der schwächelnden Konjunktur kürzlich sogar wieder in Aussicht gestellt [13].

Und da Deutschland, das schon im Frühjahr praktisch in der Rezession war und vermutlich gerade wieder auf dem Weg in die Rezession ist [14], werden diese Maßnahmen auch kommen, da die EZB sich längst der Konjunkturpolitik verschrieben hat.

Dass sich Trump also vor allem China zuwendet und die Maßnahmen gegen Europa sogar lockert [15], ist entweder seiner Unkenntnis geschuldet oder einer Strategie. Letzteres ist wohl eher der Fall. Trump will offensichtlich keinen zu heftigen Handels- und Währungskrieg an zwei Fronten führen. Das zeigt aber gleichzeitig auch an, dass sich die USA ihrer angeblich so starken Wirtschaft doch nicht so sicher sind, wie man in Washington behauptet.

Die US-Verschuldung und China

Im Gegensatz dazu steht natürlich auch, dass Trump gerade - wie vorhergesagt - auch die US-Notenbank FED auf einen Kurs neuer Zinssenkungen gezwungen hat. Erstmals nach zehn Jahren hat die FED den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf eine Spanne von 2 bis 2,25% gesenkt, um die Wirtschaft weiter anzukurbeln [16]. Diese Senkung ist Trump noch viel zu wenig, der auch wieder die Notenpressen angeworfen sehen will.

Das hat zwei Gründe: Einerseits will er, der China Währungsmanipulationen vorwirft, damit den Dollar verbilligen, um seinerseits den Export zu stärken. Und das will er auch mit Blick auf die kommenden Wahlen 2020. Trump will mit einer brummenden Wirtschaft in den Wahlkampf gehen. Also wird an der Geldpolitik geschraubt, obwohl die US-Wirtschaft angeblich so stabil ist, real sogar relativ stark wächst und auch die Arbeitslosigkeit niedrig ist.

Blickt man aber hinter die Kulissen, wird klar, dass dahinter eine überhandnehmende Verschuldung steht. Ausgerechnet in einer Hochkonjunkturphase unter Trump explodieren die Staatsschulden, in der Staaten normalerweise Verschuldung abbauen oder sie zumindest nicht ausweiten [17]. Deshalb zielt sein Vorstoß auch darauf, dass die FED die überbordende Staatsverschuldung in die Bücher nehmen soll. Auch das hat einen Grund, der mit China zusammenhängt. Die chinesische Notenbank hat längst damit begonnen, sich in größerem Stil von US-Staatsanleihen zu trennen.

Wie das US-Schatzamt gemeldet hatte, wurden im April wieder Anleihen mit einem Wert von 7,5 Milliarden Dollar auf den Markt geworfen. Inzwischen hält China nur noch 1,1 Billionen Dollar an US-Anleihen [18]. Seit 10 Jahren baut China den Anteil ab und diversifiziert [19].

Mitten im Handelsstreit mit den USA hatte die Volksrepublik im März als Signal an Washington sogar Bonds im Wert von 20,45 Milliarden Dollar verkauft. Allein im zurückliegenden Jahr summieren sich die Verkäufe auf über 70 Milliarden.

Klar hat China im Konflikt mit den USA ein riesiges Pfand mit den US-Anleihen in der Hand. Allerdings ist kaum zu erwarten, dass Beijing damit real wuchert. Denn besonders China (und Japan) müssten massive Verluste hinnehmen, kämen die USA durch eine Schuldenkrise in eine verzwickte Lage, wenn sich China schnell im großen Stil von den US-Anleihen trennen würde.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier ein externer Inhalt geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung [20].


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-4490529

Links in diesem Artikel:
[1] https://twitter.com/realDonaldTrump/status/1158350120649408513?ref_src=twsrc%5Etfw
[2] https://www.finanzen100.de/finanznachrichten/boerse/dax-faellt-auf-tiefsten-stand-seit-monaten_H894068672_11003870/
[3] https://www.heise.de/tp/features/Amerikanische-Stahl-und-Aluminiumzoelle-sollen-in-zwei-Wochen-gelten-3990055.html
[4] https://www.heise.de/tp/features/Trump-laesst-neue-China-Zollerhoehung-in-Kraft-treten-4419802.html
[5] https://www.nzz.ch/wirtschaft/handelsstreit-fakten-und-ereignisse-im-ueberblick-ld.1392086
[6] https://www.cnbc.com/2019/08/06/trump-economic-advisor-larry-kudlow-says-chinas-economy-is-crumbling.html
[7] https://home.treasury.gov/news/press-releases/sm751
[8] https://www.srf.ch/news/wirtschaft/abwertung-des-yuan-waehrungskrieg-koennte-us-unternehmen-helfen
[9] https://www.nzz.ch/wirtschaft/was-heisst-hier-waehrungsmanipulation-der-chinesische-yuan-ist-die-staerkste-waehrung-von-allen-ld.1500198
[10] https://www.heise.de/tp/news/Die-Draghi-EZB-verschaerft-den-Waehrungskrieg-2854368.html
[11] https://www.heise.de/tp/features/Deutsche-Bank-oder-Zombie-Bank-4466946.html
[12] https://www.heise.de/tp/news/EZB-Nullzinspolitik-und-Geldschwemme-bleiben-3951830.html
[13] https://www.heise.de/tp/features/Deutschland-schon-in-der-Rezession-4330264.html?seite=all
[14] https://www.heise.de/tp/features/Deutschland-Kommt-die-Rezession-4490106.html
[15] https://www.heise.de/tp/features/US-Handelskonflikte-Verschaerfung-mit-China-Entspannung-mit-EU-4488979.html
[16] https://www.heise.de/tp/features/Fed-senkt-Leitzinsen-aber-nach-Trumps-Ansicht-nicht-genug-4485329.html
[17] https://www.heise.de/tp/features/Die-FED-lenkt-doch-gegenueber-Trump-ein-4452613.html
[18] https://ticdata.treasury.gov/Publish/mfh.txt
[19] https://www.statista.com/statistics/246450/percentage-of-major-foreign-holders-of-us-treasury-debt/
[20] https://www.heise.de/Datenschutzerklaerung-der-Heise-Medien-GmbH-Co-KG-4860.html