Wenn die zweite Welle kommt ...

Seite 5: Zweite Welle: Wo die erste schlimm war, wird die zweite eher harmlos werden - und umgekehrt!

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Sollten in Bergamo tatsächlich schon 57% eine C-19-Infektion durchlitten haben, ist völlig klar: Da ist nicht mehr viel Raum für eine zweite Welle. Umgekehrt gilt: Wo das Virus noch nicht grassierte, könnte er zuschlagen. Also bei uns zum Beispiel. Und der Zeitpunkt ist vorhersehbar. Dezember/Januar/Februar.

Nicht nur die Grippewellen, auch die Historie gibt einen Fingerzeig: Es gibt eine starke Vermutung, dass die russische Grippe von 1889 ff. gar keine "Grippe" war, sondern von einem zwischen 1870-1890 grassierenden Rinder-Coronavirus verursacht wurde, der bei der massenhaften Schlachtung der an einer rätselhaften Lungenseuche (sic!) sterbenden Tiere auf den Menschen übergesprungen ist. Denn es gibt auch Berichte aus der Zeit, die behaupten, die Symptome seien so ganz anders als bei einer Grippe, aber dafür den heutigen sehr ähnlich, z.B. der Verlust des Geruchs- und Geschmacksinns. Beschrieben wurde das auch in der Telepolis (Hatte Covid-19 einen historischen Vorgänger?), deshalb spare ich mir weitere Einzelheiten, nur so viel:

Nach der ersten Welle 1889/1890 gab es eine zweite (Frühling 1891), eine dritte (Januar/Februar 1892) und eine vierte (Dezember 1893 bis Januar 1894.

FAZ

Das ist natürlich wenig erheiternd. Interessant dabei die Saisonalität, die Konzentration auf den Winter.

Zwischenfazit: Ohne Impfstoff müssen zur Vermeidung oder wenigstens Abschwächung einer zweiten Welle überall dort, wo der Virus noch nicht gewütet hat, weiterhin die bekannten Schutzmaßnahmen in Kraft bleiben, wenn wir nicht alles verspielen wollen, denn dann hätte sich der Einsatz wirklich nicht gelohnt.

Das große Schweigen bekommt langsam Risse

Seit vorgestern werde ich von vielen, die mein Engagement in Sachen C-19, aber vor allem für Vitamin D, auch hier in der Telepolis (Schützt Vitamin D vor Covid-19?) kennen, mit einer Studie beworfen, die tatsächlich durch Randmedien geistert:

"Vitamin-D-Status könnte Einfluss auf Infektionsrisiko haben", schreibt z.B. zm-online:

Die retrospektive Kohortenstudie an einem städtischen akademischen medizinischen Zentrum in Chicago, USA, umfasste 489 Patienten mit einem 25-Hydroxycholecalciferol- oder 1,25-Dihydroxycholecalciferol-Spiegel, der innerhalb eines Jahres gemessen wurde, bevor sie vom 3. März bis 10. April 2020 auf SARS-CoV-2 getestet wurden. [...]

In der multivariaten Analyse war ein positiver Test mit einem zunehmenden Alter bis zum Alter von 50 Jahren und wahrscheinlich mangelhafter Vitamin-D-Status verbunden. Die vorhergesagten Infektionsraten in der Gruppe mit Vitaminmangel betrugen 21,6 Prozent (95 Prozent CI, 14,0 Prozent - 29,2 Prozent) gegenüber 12,2 Prozent (95 Prozent CI, 8,9 Prozent - 15,4 Prozent) in der ausreichenden Gruppe.

Eine ähnliche Studie gab es etwas präziser und mit ähnlichem Ergebnis schon vor etlichen Wochen aus Israel, fast 7.000 Probanden und aktuelle D-Tests. Leicht absurder Weise kam dabei aber auch heraus, dass der beste Schutz vor Corona das Vorliegen einer Demenz war. Das ist natürlich medizinisch Unfug, soziologisch ergibt es Sinn: bestbetreute Risikogruppe.

Beide Studien aber leiden unter einer Grundsatzfrage: Schützt Vitamin D vor der Infektion? Oder doch nicht eher vor den Folgen? Ich neige zu letzterem: Ein guter Immunstatus räumt den Virus schneller ab und verkürzt damit das Zeitfenster, in dem die Infektion per PCR-Test nachweisbar ist. Das hat zur Folge, dass ich zu einem beliebigen Testtag von den Menschen mit besserem Immunstatus, der in der Regel mit einem höheren D-Level einhergeht, auch weniger aktive PCR-Tests bekomme, da sich die aktiven Zeitfenster bei den Testpersonen weniger überlappen, eben weil sie kürzer sind.

Aus China kamen die Nachrichten von der atypischen Lungenentzündung, über die sich ein junger Arzt mit Kollegen ausgetauscht hatte, der dann auf politischen Druck hin zurückrudern musste und leider wenig später, gerade mal 34-jährig, selbst an Covid-19 starb. Aus heutiger Sicht würde ich sagen: viel zu hohe Virenlast durch die ständige Arbeit auf der Intensivstation, wie ja bekanntermaßen die Verlustrate unter Ärztinnen und Pflegepersonal erschreckend hoch ist. Und natürlich, berufsbedingt... aber ich greife vor.

Aus China kam dann auch Ende März der Focus-Bericht über eine Studie, bei der von 191 Patienten insgesamt 54 gestorben waren. Und alle 54 hatten eine Sepsis entwickelt, 38 gar einen septischen Schock erlitten. Jetzt wollte ich wissen, ob Vitamin D, das mir im Januar geholfen hatte, eine Influenza A schnell zu überstehen, auch gegen die Sepsis wirksam wäre. Ich habe also gegoogelt: [ Sepsis Vitamin D ]. Treffer.

Eine iranische Studie, die das Auftreten einer Sepsis bei Patienten nach einem chirurgischen Eingriff untersucht hatte, und zwar im Hinblick auf deren akuten Vitamin D-Level. Mit eindeutigem Ergebnis. Diese Studie habe ich dann per Email verteilt, mit dem Vorschlag, doch einfach mal bei C-19-Patienten initial den Vitamin D-Spiegel zu messen und später mit dem Krankheitsverlauf zu korrelieren, an Drosten, Wendtner (Schwabinger Klinikum), den Spiegel, den Focus, die Welt, alle Medien, die auch "Gesundheits"- oder Medizinseiten im Angebot haben. Keine Reaktion, nirgends. Und mich dann hingesetzt und den ersten Artikel dazu geschrieben. Die eindrucksvolle Tabelle, die ich aus den Daten der iranischen Studie generiert hatte, hier nochmal:

"The Relationship of Serum Vitamin D Level With the Outcome in Surgical Intensive Care Unit Patients":

Zu beachten ist: 1. und 2. Gruppe sind fast gleichalt (~65/66), die dritte aber nur 54, allerdings mit einer sehr großen Bandbreite, 36-70 Jahre. Trotz dieser Einschränkung der Vergleichbarkeit: Wir sehen von wenig zu viel Vitamin D jeweils eine Halbierung der Aufenthaltsdauer in der ICU (24/12/6), bei der Sepsis ist der Effekt noch größer (~36/~18/~3), das riecht schon stark nach Kausalität, zumal die Wirkung von Vitamin-D auf das Immunsystem ja hinreichend bekannt ist. Und es deckt sich fatal mit dem, was wir über das Sterben vor allem der alten, vorerkrankten Seniorinnen und deren korrespondierend niedrigem Vitamin-D-Level wissen.

Die Reaktionen auf den Artikel waren bewältigbar. Die Fachwelt hat ihn, wie kaum anders zu erwarten, ignoriert. Wer glaubt schon einer iranischen Studie. Nur der Spiegel hatte sie - offenbar auf meine mail hin - aufgegriffen, aber nur, um sie zu devaluieren in einem Artikel, der uns glauben machen sollte, dass Vitamin D keine Rolle spiele bei C-19. Wer sich ausgewogen und gesund ernähre... (ich kann diesen Spruch nicht mehr hören ;-)

Ich habe das im obigen Artikel entsprechend kommentiert. Und im selben Artikel noch weit mehr Studien aufgeführt, die eine Zusammenhang zwischen dem Verlauf infektiöser Krankheiten, aber auch von Covid-19, und dem Vitamin-D-Status nahelegen, ja sogar Interventionsstudien mit Bolusdosen bei schon Erkrankten. Von all dem in der Presse nichts zu sehen. Wenn ich das heute lese, muss ich feststellen: im Westen nichts Neues. Ich habe Hinz und Kunz bekniet, doch einfach mal D-Tests bei C-19ern zu machen, ich würde sie bezahlen. No reply. Stattdessen großes Schweigen. Ich hatte den Eindruck gegen eine Wand zu laufen.

Nicht dass Forscher grundsätzlich einem Laien nicht antworten würden. Das tun sogar Nobelpreisträger. Nur wenn ich von Vitamin D angefangen habe, wurde ich sofort geghosted. Dann kamen die Studien aus Südostasien, Anfang Mai erfuhr ich davon.

Großes Ballyhoo in der Vitamin-D-Aktivisten-Gemeinde. Diese sehr lose und sehr bunte Gruppe hat vielleicht ein, maximal zwei Dutzend Mitglieder weltweit, und alle sind sich einig, dass der ubiquitäre relative Vitamin D-Mangel entscheidenden Einfluss auf die allgemeine Gesundheit hat. Und von der Ärzteschaft, der Wissenschaft und der Politik vollkommen ignoriert wird. Und da sich darunter keine wirklichen Verschwörungstheoretiker befinden, sind alle frustriert und verwirrt.

Ja, Big Pharma bezahlt praktisch alle Forschungsstudien und hätte kein Interesse an einem billigen Mittelchen, das die Inzidenz praktisch aller Krankheiten deutlich reduzieren könnte. Auch Ärzte heilen lieber mit Medikamenten, als dass sie Mangelzustände beheben. Wenn Sie das nicht glauben können, gebe ich hier ein prominentes Beispiel. Jod, das wissen wir, ist essentiell. Bei Jodmangel flippt die Schilddrüse aus, entweder sie vergrössert sich zur Struma, dem Kropf, oder sie bekommt Knoten. Den Jodmangel und seine ganz extremen Folgen, nämlich Kretinismus, hat ein Schweizer Arzt 1925 erkannt und mit der Jodierung von Kochsalz gemildert. Wie schlimm der Kretinismus vor allem in den Bergdörfern vorher war, kann man in der Wikipedia nachlesen.

Gibt es heute noch Jodmangel? Ja. Laut DGE nehmen wir im Schnitt 120 mcg zu uns, bräuchten aber, ebenfalls laut DGE, eigentlich 200 mcg. Führt das zu irgendetwas? Testen die Hausärztinnen auf Jod? Verschreiben sie Jod? Nicht, dass ich wüsste (und Ausnahmen bestätigen die Regel). Naja, dann kann es ja nicht so schlimm sein, oder?

Ich nenne mal eine andere Zahl: 80.000 Schilddrüsen OPs im Jahr. Und danach heißt es für den Patienten: Schilddrüsenhormone nehmen, jeden Tag. Und das trifft hochgerechnet jeden Zwölften. Wenn also der schwere Mangel, wie es ihn in vergangenen Jahrhunderten gab, zur Struma und zum Kretinismus geführt hat, dann soll der leichte, aber jahrzehntelange Mangel nichts mit dieser horrenden Zahl von Schilddrüsenoperationen zu tun haben?

Tut mir leid, das kaufe ich nicht. Die Natur kennt keine Schwellenwerte, noch nicht mal bei der LD50, d.h. bei einer Giftdosis. LD50 heißt: letale Dosis 50%, also: die Hälfte sterben, die andere Hälfte überlebt. Natürlich gibt es Dosen, die absolut und immer tödlich sind, aber sobald der Wert unter 100% fällt, haben wir Abstufungen. Und die sind immer individuell, weil wir alle unterschiedlich sind. Wir können natürlich damit leben, dass nur jeder 12. eine Schilddrüsen-OP erleidet. Und die anderen 11 irgendwie mit dem Jodmangel klarkommen. Aber wenn wir alle ausreichend mit Jod versorgt wären, gäbe es dann überhaupt noch Schilddrüsen-Ops? Der Kretinismus, der ja ein individuelles Schicksal war, ist ja schließlich auch besiegt worden, es war nur eine Frage der Dosis.

Zurück zum D: Nun also endlich Studien, die genau das gemacht hatten, was die D-Aktivisten-Gemeinde so dringlich gefordert hatte: den relativen D-Level und den Verlauf der Krankheit zu matchen. Und gleich deren drei. Die jede für sich den Generalverdacht bestätigte: D-Mangel führt zu schwereren Verläufen, ein hoher D-Spiegel "schützt" vor einem letalen Ausgang. Auf allen einschlägigen D-Webseiten wurden die Studien referenziert, und tatsächlich wanderten sie auch ein bisschen durch die Presse. Naja, wenn man "In-Franken.de" als Presse bezeichnet.

Mittlerweile hatte ich Kontakt zum Autor der wichtigsten Studie, der aus Indonesien, aufgenommen. Wie auch andere aus aller Welt, wie ich später erfahren habe. Ich hatte Fragen zu den Rohdaten, er hatte Fragen zur Statistik. Seine Statistikerin erstellte nach meinen Wünschen mit SPSS neue aussagekräftigere Auswertungen, Bernd Glauner daraus die passende Kurve. Zusammen schrieben wir einen Telepolis-Artikel: "7 Cent oder Lockdown". Der Titel sollte signalisieren, was eine Tagesdosis Vitamin D pro Kopf kostet, und warum das den Lockdown überflüssig machen könnte. Wir übersetzen den Artikel auf Englisch. Wir schrieben an die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten. Und 200 Tageszeitungen und Magazine. Die darin verlinkten Vitamin-D-Essentials, praktisch ein gekürzter 7_Cent-Artikel, gingen um die Welt, wurden 96.000 Mal heruntergeladen und wir bekamen Post von überall her.

Mittlerweile war der Hauptautor und Arzt einem Herzinfarkt erlegen. So sad. Mit der Statistikerin machte ich weiter. Und forderte irgendwann die Rohdaten ein. Und bekam sie. Und sie waren seltsam. Was man den verdichteten Daten nicht angesehen hatte, jetzt konnte man es sehen. Unübersehbare Abnormalitäten. Nicht einfach nur Ausreißer, sondern echte Seltsamkeiten. Warum hatten die das nicht gesehen? Warum hatten sie mir die Rohdaten überlassen? Ein Mysterium.

Mittlerweile muss man vermuten, dass die Daten, die definitiv einem größeren Satz entnommen sind, den ich einige Zeit später auch bekam, Teil eines noch größeren Datensets sind. Wären sie handgemacht, gäbe es die Seltsamkeiten, die offenkundigen Lücken nicht. Und mittlerweile scheint klar zu sein, dass es den genannten Autor, mit dem ich hunderte Emails gewechselt habe, gar nicht gibt, dass ein anderer diese und andere Studien verfasst hat, unter falschem Namen. Nur das Cui bono ist völlig ungeklärt. Warum sollte jemand so etwas tun? Nur in der Hoffnung, Spenden von Vitamin D-Verrückten einzusammeln? Denn solche Spenden gab es, und ich bin nicht der einzige, der da gespendet hat, nachdem in Deutschland niemand mein Geld für D-Tests haben wollte. Ich will hier nicht weiter spekulieren, und die ganze Sache ist noch weitaus komplizierter und verworrener. Bizarr hat ein englischer Aktivist es genannt. Jedenfalls sind alle drei Studien tot, zurückgezogen. Unser schöner Artikel auch. Eine bittere Geschichte.

Seitdem warten die D-Aktivisten, dass sich doch jemand erbarmen und eine solche D-Studie machen möge. Stattdessen wird Dr. Mercola in den USA mit haltlosen Vorwürfen einer Verbrauchervereinigung überzogen, David Grimes' eBook über Corona und Vitamin D aus ungenannten Gründen von amazon und Kobe abgelehnt, YouTube hat schon mehrfach Videos zu diesem Themenkomplex gesperrt, es fühlt sich alles seltsam an. Klinikchefs, die "heimlich" ihre C-19-Patienten mit hochdosierten Vitamin versorgen, die uns selber angeschrieben hatten, antworten plötzlich nicht mehr, wenn man nach Ergebnissen fragt ...

Irgendwann im Juli hatte ich eine Idee. Die Bluttest-Labore in Deutschland sind, neben etlichen privaten, in drei Ketten organisiert. Müssten man nicht mit deren Daten eine solche Ex-Post-Studie machen können? Einfach schauen, ob man von C-19ern auch irgendwann vorher einen D-Wert hat? Mühselig, aber letzten Endes nur Datenbankabfragen. Wie lange werden die Daten denn aufbewahrt? Das Telefonat mit meinem Labor hatte ein lustiges Ergebnis: Das ginge doch viel einfacher, ob ich denn nicht wisse, dass die Proben eingefroren würden? Und da könne man nachträglich jederzeit noch den D-Spiegel bestimmen. Wie denn, so einfach? Ja, so einfach. Siehe Jena, dort testet man ja jetzt nachträglich auf C-spezifische T-Zellen, so wie die Schweden es vorgemacht haben. Warum nicht gleich auch auf D, bitte? No reply. Naja, vielleicht tun sie es ja.

Wenn das also so einfach ist, und ich, der Laie, darauf gekommen bin, welchen Grund kann es geben, dass niemand die 4.000 oder 5.000 Euro in die Hand nimmt und 200 D-Tests von Blutproben von Corona-Patienten macht? Und mit dem Krankheitsverlauf korreliert? Zumal wenn ich das sogar bezahlen würde? Es kann nämlich nicht sein, dass ich als Laie schlauer wäre als alle Fachleute, die das selbstredend auch wissen.

Es wäre also sehr einfach, diese lästigen Vitamin-D-Schreihälse zum Schweigen zu bringen, und es würde noch nicht mal viel kosten. Aber eines habe ich mittlerweile gelernt. Es wird geschwiegen, wenn es brenzlig wird, aber gelogen wird nicht. Noch nicht mal in Südostasien, wo sehr vieles erschwindelt war, nur die Daten höchstwahrscheinlich nicht. Ihre Herkunft ist wohl weder Indonesien, noch die Philippinen, aufgrund einer bestimmten Besonderheit könnten sie vom amerikanischen Kontinent kommen. Schluss jetzt mit der wilden Spekuliererei, es gibt Besseres zu berichten, und Sie selbst dürfen in den nächsten Tagen und Wochen beurteilen, ob es die Schweigemauer zum Vitamin D wirklich gibt.

Linda Benskin hat eine fantastische Übersichtsstudie zum Thema verfasst, und, wie sie im Moment gerade mailt, ist die jetzt final veröffentlicht: "A Basic Review of the Preliminary Evidence That COVID-19 Risk and Severity Is Increased in Vitamin D Deficiency"

Wer nach den 300 Referenzen immer noch daran zweifelt, dass ein gesunder Vitamin D-Level die IFR und CFR-Raten deutlich senken könnte, den würde ich mit einer zweiten Studie kontern, die vor Monaten angekündigt war und vor über einer Woche veröffentlicht wurde. Doppelblind, randomisiert, Bolusdosen Vitamin D - mit eindeutigen Ergebnissen.

Die spanische Studie wurde vom Reina Sofía University Hospital, Córdoba, am 29. August im Journal of Steroid Biochemistry and Molecular Biology veröffentlicht. Ich habe sie am 3. September an die üblichen Verdächtigen geschickt. Bis heute ist sie m.W. nirgends aufgetaucht, oh, stimmt nicht ganz: bei "meinbezirk.at", Ausgabe Niederösterreich, wird sie erwähnt. Ganz große Presse, oder? Egal. Der Artikel von Dr. Peter Meyer darüber ist so gut, dass ich ihn hier zitieren möchte:

In Spanien wurde nun eine sehr sorgfältige Placebo-kontrollierte und randomisierte Studie durchgeführt. [...]

Es wurden 76 Patienten mit akuter, durch Röntgenuntersuchungen bestätigter Atemwegsinfektion randomisiert in zwei Gruppen aufgeteilt. 50 Patienten erhielten beste Behandlung mit Vitamin D verabreicht, die 26 in der Kontrollgruppe nur die beste Behandlung aber ohne die Vitamin D Gabe. [...]

Die Gruppe der 50 erhielt bei der Aufnahme oral 0,532 mg Calcifediol und am Tag 3 und 7 jeweils 0,266 mg und danach wöchentlich. In dieser Gruppe wurde eine Person intensivpflichtig, von den 26 in der Kontrollgruppe jedoch 13 bzw 50 Prozent.

Von der Vitamin-D-Gruppe überlebten alle und wurden ohne Komplikation entlassen. Bei der Gruppe ohne Vitamin D gab es zwei Todesfälle, was auch noch ein vergleichsweise gutes Ergebnis ist.

Peter Meyer

Anmerkung: 2 von 26 ohne Vitamin D ergeben immerhin 7,6% Todesrate. Gegenüber 0% derer mit Vitamin D. Und der eine von den 50 mit D, der auf die Intensivstation musste, sind nur 2%. Gegenüber 50% der Gruppe ohne D.

Vitamin D reduziert den Zytokin Sturm, es reguliert das Renin-Angiotensin-System (RAS) und es moduliert die Aktivität der Neutrophilen. Es schützt auch die Lunge und verhindert, dass sich Flüssigkeit ansammeln kann, stimuliert die Reparatur von Epithelzellen und reduziert eine allenfalls verstärkte Koagulationsfähigkeit des Blutes. Es wirkt also positiv auf nahezu alle Risikofaktoren von Covid-19.

[…] Höhere Spiegel von Vitamin D werden benötigt um die überschießende Reaktion des Immunsystems zu reduzieren. Das ist aber auch genau das Problem, das zu schweren Verläufen von Covid-19 führt. Das Immunsystem regelt nicht rechtzeitig ab und der Zytokin- oder Bradykinin-Sturm zerstört Teile der Lunge oder anderer Organe.

Peter Meyer

Ich möchte hinzufügen: Die "beste Behandlung" (für beide Gruppen) bestand in der Gabe von Hydrochloroquin und Azithromycin. Über das letztere gibt es eine neue Studie, die gerade in The Lancet veröffentlicht wurde, und in der es heißt:

In patients with severe COVID-19, adding azithromycin to standard of care treatment (which included hydroxychloroquine) did not improve clinical outcomes.

Auf gut deutsch: Hilft nix. Von Hydrochloroquin wissen wir das schon länger, außer Trump glaubt da niemand mehr dran.

Das große D-Rätsel

Nun haben wir es also beieinander: wenn wir nicht auf den Impfstoff warten wollen und wenn wir vor allem dort, wo C-19 bislang nicht sehr verbreitet war, keine zweite Welle haben wollen, dann müssten wir halt vorbeugend Vitamin D zu uns nehmen. Denn es "schützt" nicht nur davor, sich zu infizieren (sagen wir mal: sich merklich und folgenreich zu infizieren), sondern ganz offenkundig auch vor einem schweren Verlauf. Aber wie viel - und warum sind so viele Studien nicht viel eindeutiger?

Wir Menschen sind nicht gleich, das ist ein Binse. Sonst wären wir ja alle z.B. gleich groß. Aber unsere Körpergröße verteilt sich nach einer wunderbaren mathematischen Funktion, der Gauss- oder Glockenkurve (englisch bell curve), weil sie wie ein Glocke aussieht. Mal ein bisschen links- oder rechtsschief, aber Gauss. Und diese Gausskurve ist die Blaupause für fast alles, was mehr als ein paar Dutzend Einflussfaktoren hat. Ob wir würfeln oder mit Pfeil und Bogen schießen, ob wir mehr oder weniger gesund oder krank sind, wie schnell oder langsam auf der Autobahn gefahren wird, alles lässt sich in Gausskurven abbilden. Wenn Sie Daten untersuchen, schauen Sie zuerst mal, ob die wenigstens ein bisschen Gauss-verteilt sind. Wenn nicht, brauchen Sie eine wirklich gute Begründung.

In allen medizinischen Studien gibt es Fälle, die der vermuteten Theorie Hohn sprechen. Nehmen wir das lebensverkürzende Rauchen und Helmut Schmidt. Nehmen wir den trinkenden, rauchenden, übergewichtigen "no-sports" Churchill. Oder den gesund lebenden Sportler, der viel zu früh verstirbt. Das genau heißt eben auch "Gauss-verteilt", mit Ausreißern auf beiden Seiten, aber der Masse der Ergebnisse in der Mitte der Glocke. Und das sehen wir in fast allen medizinischen Studien, auch im Zusammenhang mit Vitamin D.

80% der multimorbiden Senioren haben einen ausgeprägten Vitamin D-Mangel, aber 20% eben auch nicht. 80% der gesunden Seniorinnen fast gleichen Alters haben einen "guten" D-Level, aber 20% sind defizient und trotzdem gesund. Sagt uns das Bundesamt für Risikoabschätzung (BfR) in einem Paper von 2011. Wie ist das zu erklären?

2016 hat Professor Carsten Carlberg, der an der Uni von Kuopio in Finnland forscht, eine wegweisende Studie veröffentlicht: "The concept of the personal vitamin D response index".

Carlberg hat Probanden nach der Gabe von Bolusdosen von Vitamin D auf Genaktivität getestet und kommt zum Schluss:

Menschen können in Bezug auf Vitamin D in High-, Mid- und Low-Responder unterschieden werden durch Messung von Vitamin D-sensitiven molekularen Parametern, wie z. B. Veränderungen des Epigenetik-Status und der jeweilige Transkription von Genen mobiler Immunzellen aus Blut oder dem Level von Proteinen oder Metaboliten im Serum. Daher regen wir an, dass die Notwendigkeit einer Vitamin-D-Supplementierung vom persönlichen Vitamin-D-Antwortindex eines Individuums auf einen Vitamin D-Status bemessen werden anstatt allein vom absoluten Vitamin-D-Status.

Das klingt genauso kompliziert, wie die Versuchsdurchführung war, besagt aber folgendes: Da Vitamin D an über 700 Syntheseprozessen für Proteine und Enzyme beteiligt ist, von denen sehr viele direkt oder indirekt mit unserem Immunsystem zu tun haben, ist die Frage, wie das individuelle Genom eines Menschen auf Vitamin D anspricht. Carlberg hat das gemessen und zwischen 33% und 87,5% "Aktivierungen" gefunden. Trägt man seine Messwerte ab, ergibt sich - Überraschung - eine wunderbare Gausskurve.

Und das erklärt uns, warum es gesunde Menschen mit relativ niedrigem D-Level gibt und Kranke mit relativ "hohem" D-Level. Die starren Grenzen der DGE (<10 ng/ml: Mangel, <20ng/ml: ungenügend, 20-30 ng/ml: gut), aber auch die höheren der WHO (<20, <30, >=30) sind für einige Menschen passend, aber nicht für alle. Abgesehen davon, dass Mutter Natur uns in der Wiege der Menschheit viel mehr mitgegeben hat (auch das steht in Carlbergs Studie), nämlich 45 ng/ml im Schnitt. Mit einer Bandbreite von 24-68 ng/ml, wie ich andernorts gefunden habe.

Es kann also sein, dass man mit (niedrigen) 20 ng/ml eine C-19 Infekktion unbeschadet übersteht, weil man zu den High-Respondern gehört. Oder einen schweren Verlauf hat, weil man zu den Low-Respondern gehört.

Die Senioren in Stockholm haben übrigens im Schnitt 19 ng/ml, die in Bergamo nur 9 ng/ml. Das könnte einen Gutteil der viel höheren IFR in Bergamo erklären, auch wenn die Werte zunächst mal unplausibel erscheinen. Natürlich gibt es in Schweden deutlich weniger Sonne, aber es wird viel Fisch gegessen, und, wie man mir berichtet hat, in den Seniorenheimen viel Vitamin D verteilt, weil das billiger sei als Antibiotika. Und auch in den Apotheken wird fleißig Vitamin D verkauft, Mitte März soll es sogar mal knapp gewesen sein. Und die italienischen Senioren meiden eher die Mittagssonne, nachmittags lässt aber der UVB-Index ganz stark nach, und im Schatten wird man zwar vom längerwelligen UVA noch braun, aber UVB kommt im Schatten nicht an. In der Lombardei herrscht überdies eine hohe Feinstaubbelastung und Luftverschmutzung, was UVB-Strahlung zuverlässig ausbremst. Ohne UVB aber kein Vitamin D - außer man isst Fisch oder Lebertran gegen die Rachitis, aber das kennen nur die heute über 60-Jährigen noch, die das als Kinder nehmen mussten.

Fazit: Die essentiell wichtige Wirkung von Vitamin D auf unsere Immunsystem kann gar nicht mehr abgestritten werden. Nach der spanischen Studie muss endlich ein Umdenken einsetzen. Die Mehrheit der Bevölkerung zeigt einen - vom RKI bestätigten - Vitamin D-Mangel, befördert durch unseren Indoor-Lebensstil und: Sonnencreme mit Schutzfaktor 30. Wenn das so ist, dann hilft nur die Supplementation. Es wird Zeit, dass das uralte Narrativ vom angeblich so gefährlichen Vitamin D umgeschrieben wird. Mit 45-50 ng/ml - und das bedeutet die Zufuhr von ca. 5.000 IE pro Tag und nicht die lächerlichen 800 IE, die immer noch als Goldstandard gelten - wären bis auf die absoluten Low-Responder, die eher 70-80 ng/ml benötigen, alle anderen Menschen gut versorgt. Und den High-Respondern schadet es nicht, ein Licht, das schon angeknipst ist, kann man nicht nochmal anknipsen. Selbst die WHO sieht die Grenze für "adverse effects", also unerwünschte Nebenwirkungen, erst bei deutlich über 120 ng/ml. Nur eines, was ich immer erwähne: nicht ohne K2!

Um Level von dieser Höhe durch Supplementation zu erreichen, müsste der Durchschnittserwachsene nicht die von der DGE/den Ärzten üblicherweise verschriebenen 800 I.E. (20 mcg) D3 zu sich nehmen, sondern 4.000-5.000 I.E. pro Tag. Davon ist aber ohne zusätzliches Vitamin K2 grundsätzlich abzuraten.

K2 ist nur zu sehr kleinen Mengen in der Nahrung vorhanden. Ein Ungleichgewicht zwischen D und K2 aber führt unweigerlich zu einer Hypercalcämie. K2 sorgt für die richtige Verteilung des Calciums. Ohne K2 löst ein hoher D-Level zusätzlich Calicum aus den Knochen und verschärft eine Osteoporose, trotz zusätzlicher Calciumgabe. Das haben leider viele Studien bewiesen, die auch andere Folgen der Hypercalcämie dokumentieren mussten: Neben Nierensteinen auch verstärkte Calicumplaque und folgend Herzinfarkte und Hirnschläge, bei sehr starker Hypercalcämie auch Nierenschäden bis zum Ausfall. Daher: Vitamin D niemals ohne korrespronierendes Vitamin K2.