Wenn in Mariupol niemand Nazis sehen will
- Wenn in Mariupol niemand Nazis sehen will
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Sind rechte Kameradschaften Bündnispartner im Kampf gegen Putin?
Via Bild-Zeitung haben die Klitschko-Brüder noch einmal die Forderung nach schweren Waffen an die Ukraine bekräftigt, um Russland zu besiegen. Dabei wurde auch auf "tapferen Verteidiger" der ukrainischen Stadt Mariupol verwiesen. Was dabei aber gerne verschwiegen wird, unter diesen so tapferen Verteidigern sind ausgewiesene Nazis, die sogenannte Asow-Brigaden.
Sie haben sich Mai 2014 als Freiwilligenbataillon in der Stadt Berdjansk gegründet, um die ukrainische Armee im Kampf gegen die prorussischen Separatisten im Osten der Ukraine zu unterstützen. Einige Kämpfer waren zuvor Teil des sogenannten "Rechten Sektors", einer kleinen, aber aktiven Gruppe extremer Rechter in der Ukraine.
"Es waren Gruppen, die man in Deutschland als freie Kameradschaften beschreiben würde", sagt Andreas Umland, Experte am Stockholmer Zentrum für Osteuropa-Studien, im DW-Gespräch. Auch das Antifaschistische Infoblatt hat schon ausgiebig über die Asow-Brigaden berichtet.
Roma in der Ukraine am Pranger
Linke und verschiedene ethnische und sexuelle Minderheiten in der Ukraine haben schon lange unter den Rechten in der Ukraine zu leiden. Über die Unterdrückung der Roma berichtet Fabian Kienert in der Wochenzeitung Kontext.
Das Roma Antidiscrimination Network hat am 24. März dieses Jahres Fotos veröffentlicht, die an Pfosten gefesselte Roma zeigen. Ihnen wurde zum Vorwurf gemacht, sie hätten geplündert. Die Überschrift des Netzwerkes lautete: "Zurück ins Mittelalter. Roma am Pranger in der Ukraine."
Kremlnahe Telegram-Kanäle verbreiten diese Fotos als Propagandamaterial für den Vorwand der Entnazifizierung als Kriegsgrund, in der Ukraine werden sie von Rechtsextremen verbreitet, die sich mit ihren Taten brüsten.
Unerwünschte Kritik
Betroffen sind Gruppen, die schon lange Verfolgungen ausgesetzt sind, wie die Minderheit der Roma, aber auch sexuelle Minderheiten. In Deutschland bestehen hingegen große Hemmungen, solche Nachrichten zu verbreiten, könnte doch deutlich werden, dass der Mythos von der im Kampf gegen die russischen Truppen vereinigten Ukraine dadurch Schaden nimmt.
Das konnte ich als Betreiber eines Blogs in der Wochenzeitung Freitag selber erfahren. Auf einen Text, auf den ich mit Quellen belegt, darauf hinwies, dass unter den Verteidigern von Mariupol ausgewiesene Nazis sind, die hierzulande verboten wären, und die Frage stellte, ob die Ausschaltung dieser schwerbewaffneten Nazis nicht auch dann die Welt zu einen besseren Ort macht, wenn sie von der russischen Armee erfolgt, bekam folgende Mail:
Ihr Blog "Ist Mariupol das Grab der ukrainischen Faschisten?" wurde von der Seite der Freitag-Community entfernt, weil er gegen die Netiquette verstößt.
Mit freundlichen Grüßen
Community-Support | der Freitag
Es ist schon bemerkenswert, dass für die Zensur antifaschistischer Texte niemand namentlich die Verantwortung übernimmt, sondern eine anonyme Community-Support eine nichtssagende Phrase als Grund angibt.
Ein Glück, dass es eine solchen Community Support nicht bereits vor 80 Jahren gegeben hat. Dann hätten antinazistische Autoren nicht die verdiente Niederlage der Nazis in Deutschland publizistisch befeuern können.
Dieses Beispiel einer Zensur für Texte, die darauf verweisen, dass unter den so hoch gelobten Verteidigern von Mariupol auch schwerbewaffnete Nazis befinden, habe ich als Beispiel dafür angeführt, wie selektiv hierzulande selbst im linken und linksliberalen Milieu mit Faschisten umgegangen wird. Galt dort vor wenigen Monaten noch jeder als Nazi, der die Corona-Schutz- Maßnahmen infrage stellte, so wollen manche dieser Linksliberalen in der Ukraine partout auch dann keine Nazis mehr erkennen, wenn diese sich klar in Theorie und Praxis in deren Tradition stellen.
Es gibt aber keinen Grund, die Aktivitäten der Rechten zu verschweigen, aus Angst, damit der russischen Propaganda aufzusitzen. Im Gegenteil, das Thema muss von solidarischen Gruppen weltweit aufgegriffen werden, auch um zu zeigen: dass die russische Regierung, die selber gegen politische Minderheiten repressiv vorgeht und Rechte in aller Welt unterstützt, nun am wenigsten geeignet ist, sich als Vorkämpfer für gesellschaftliche Minderheiten aufzuspielen. Zudem gehört den Opfern der Rechten überall unsere Solidarität, egal es sich um proukrainische oder prorussische Faschisten handelt, die es natürlich ebenfalls gibt.
Die Zeitschrift "Der rechte Rand" ist in einem Beitrag sehr differenziert mit der Problematik umgegangen, das Narrativ der russischen Regierung von der Entnazifizierung der Ukraine zurückzuweisen, ohne die realen Nazis in der Ukraine zu leugnen.
Dass die russische Propaganda sich auch auf den Umgang mit und das Gedenken an Bandera kapriziert, macht dessen Verehrung auf ukrainischer Seite nicht weniger problematisch und dass die »Entnazifizierung« auch mit der Tätigkeit des extrem rechten Regiments »Azov« begründet wird, macht dessen Existenz nicht wett.
Der rechte Rand
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