Wer das große Geld hat, entscheidet

Was den Krieg unbezahlbar macht,Teil 5

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Wenngleich die Rüstungsvorhaben der Bundesrepublik Anlass zum Nachdenken geben, können sie im Rahmen der zurzeit geltenden verteidigungs- und außenpolitischen Ausrichtung des Landes grundsätzlich als relativ ausgewogen gelten. Wie ist es aber mit unseren Partnern bestellt?

Teil 4: Die Heuschrecken des Waffenhandels

Der französische Weg

Die Höhe der militärischen Ausgaben Frankreichs wird durch drei Eckpunkte der politischen und diplomatischen Agenda bestimmt. Erstens sind die Verteidigungsausgaben Frankreichs historisch bedingt: Das Drama des Nazi-Überfalls von 1940 und des darauf folgenden Zusammenbruchs der Armee bewegte nach dem Krieg die französischen Politiker dazu, die Entwicklung einer eigenen Atombombe voranzutreiben, damit das Land vor der Gefahr einer erneuten Invasion geschützt wird. 1960 war es dann soweit, und seitdem bestimmt diese politische Grundsatzvorgabe einen Großteil der militärischen Ausgaben des Landes.

Zweitens setzt Frankreich zum Schutz der eigenen Industrie und - während des NATO-Austritts von 1966 bis 2009 - aus politischen Gründen auf Militärgeräte heimischer Produktion. Drittens muss Frankreich eine starke Marine und Luftwaffe zum Schutz seiner zahlreichen Überseeterritorien unterhalten. Ergänzend dazu ist die Möglichkeit, Truppen zu verlegen, um die außenpolitischen Interessen des Landes (zum Beispiel in Afrika) durchzusetzen, immer Teil der französischen Diplomatie gewesen.

Deshalb wird Frankreich in den nächsten Jahren unter anderem elf neue Fregatten der Aquitaine-Klasse zum Gesamtpreis von 7,8 Milliarden erwerben. Eine kostspielige Investition, um die Marine auf dem höchsten Stand der Technik zu halten. Das Land lässt sich seine 286 Dassault Rafale aus heimischer Produktion außerdem insgesamt ganze 40,6 Milliarden Euro kosten (142,3 Millionen pro Stück).

Doch das umstrittenste Rüstungsprojekt der französischen Streitkräfte dürfte das zugleich prestigeträchtigste sein: der 2001 in Dienst gestellte nuklearangetriebene Flugzeugträger Charles de Gaulle. Trotz eines Kaufpreises von etwa drei Milliarden Euro (ohne Flugzeuge) hat der Träger für Frankreich im Prinzip nur Symbolcharakter. Eine einsatztechnische Faustregel lautet nämlich, dass mindestens drei Schiffe nötig wären, um ein sinnvolles System zu bilden, denn: während ein Schiff im Einsatz ist, ist ein weiteres Schiff auf dem Weg zum Einsatzort oder kehrt davon zurück und ein drittes Schiff wird im Hafen gewartet.

Flugzeugträger Charles de Gaulle

Doch trotz einer Rüge des französischen Senats in diesem Sinne wurde das Vorhaben, zumindest einen weiteren Träger zu bauen, auf Eis gelegt, weil weitere Investitionen in diesem Bereich innenpolitisch zur Zeit wohl weder zumutbar noch vermittelbar wären (obwohl ein Schwesterschiff wegen der Einsparung der Entwicklungskosten wesentlich billiger wäre und diese Investitionen der heimischen Industrie zugute käme).

Dieses Beispiel illustriert stellvertretend, wie aufgrund der Teuerung der Waffensysteme im Allgemeinen bestimmte Investitionen nicht mal mehr von einem reichen europäischen Land alleine getragen werden können. Es illustriert auch, dass eine Investition dieser finanziellen und zeitlichen Größenordnung sich für das Land nur dann rentieren kann, wenn ein Gesamtkonzept zugrunde liegt.

Amerika: Kanonenbootpolitik extrem

Eine nennenswerte Flugzeugträgerflotte können heute ausschließlich die Amerikaner aufstellen. Während Frankreich gerade mal einen einzigen nuklearangetriebenen Träger finanziell schultern kann, bieten die USA elf der weltweit insgesamt zwölf nuklearangetriebenen Flugzeugträger auf. Diese sind übrigens ungefähr jeweils doppelt so groß wie der französische Träger und haben mit insgesamt 90 hochleistungsfähigen Maschinen fast dreimal mehr Flugzeuge und Hubschrauber an Bord.

Die Flugzeugträgerverbände sind deswegen die eiserne Faust Washingtons auf der völkerrechtlichen Weltbühne. Der neueste US-Flugzeugträger, die George H. W. Bush, wurde von Northrop-Grumman gebaut und 2009 unter dem Beinamen "Freedom at Work" (sic!) in Dienst gestellt. Kostenpunkt 6,2 Milliarden Dollar. Die täglichen Betriebskosten dieser Schiffen der Nimitz-Klasse werden auf ca. 250.000 Dollar geschätzt.

Allerdings ist auch zu berücksichtigen, dass Flugzeugträger nie alleine unterwegs sind, sondern stets von mehreren Begleitschiffen unterstützt werden, typischerweise ein oder zwei Kreuzer, zwei bis drei Zerstörer, ein oder zwei nuklearangetriebene U-Boote sowie verschiedene Versorgungsschiffe.

USS George H.W. Bush

Für die Amerikaner wird das Streben nach der weltweiten absoluten Seeübermacht in den nächsten Jahren nicht billiger. Eine Untersuchung des US-Kongresses von Juni 2012 geht davon aus, dass die drei schon geplanten Flugzeugträger der nächsten Generation (Gerald R. Ford-Klasse) insgesamt 37,6 Milliarden Dollar (30,2 Milliarden Euro) kosten werden.

Überteuerte Rüstungsprogramme haben in den USA allerdings eine lange Tradition. Mit Gesamtkosten von über 45 Milliarden Dollar laut amerikanischem Rechnungshof kostete jedes der 21, ab 1997 in Dienst gestellten, Tarnkappenflugzeuge Northrop-Grumman B-2 laut einer Berechnung der Time von 1992 (!) das Dreifache seines Gewichts in Gold.

Dass sogar diese rekordverdächtige Summe für ein einziges Programm überboten werden kann, zeigt eine Evaluierung des amerikanischen Rechnungshofs von 2011, in welcher die bisherigen Kosten für das neueste Luftüberlegenheitsjägerprogramm der US Air Force, die Lockheed Martin F-22 Raptor, mit 77,4 Milliarden Dollar (61,6 Milliarden Euro) angegeben wurden. Umgerechnet kostet die F-22 also rund 411,7 Millionen Dollar (327 Millionen Euro) pro Stück.

F-22 Raptor Bild: Rob Shenk. Lizenz: CC BY-SA 2.0

Den wirklich großen Reibach dürfte Lockheed Martin jedoch mit der F-35 Lightning II machen können, das neue Universal-Kampfflugzeug der US Air Force, der US Navy und des US Marines Corps. Zwar wird das Flugzeug pro Stück wesentlich billiger als die F-22 sein, ganz geschweige denn die B-2, aber da ein Gesamtbedarf an 2.457 Flugzeugen angemeldet und das Projekt schon 26% teurer als geplant wurde, rechnet der amerikanische Rechnungshof für das Gesamtprogramm (inklusive Entwicklung) mit Ausgaben von insgesamt 382 Milliarden Dollar. Das ist das bisher teuerste aller Pentagon-Einzelprogramme.

Das Flugzeug, von dem bis heute nur wenige Exemplare fertiggestellt wurden, und das immer noch mit technischen Problemen zu kämpfen hat, wurde trotzdem schon über 500 mal an Australien, Kanada, Italien, Israel, Großbritannien, die Niederlanden, Norwegen und die Türkei verkauft.

Einmal gekauft müssen Flugzeuge, besonders Militärjets, jedoch gewartet werden. Daran verdient der Hersteller auch gut, manchmal fällt der Verdienst mit den Wartungs- und Aktualisierungsarbeiten sogar wesentlich höher aus als für den Verkauf der Flugzeuge selbst. Wie viel Lockheed Martin letztendlich verdienen wird, sei dahingestellt. Allerdings werden die Kosten für die langfristigen Wartungs- und Aktualisierungsarbeiten der amerikanischen Jets zurzeit auf eine Billion (1000 Milliarden) Dollar geschätzt.

Aus all diesen Beispielen ergibt sich eine Faustregel: Im Supermarkt für Militärtechnik wartet auf den Staat kurz nach der ersten Rechnungsbegleichung schon der nächste Kassengang.

Mammut-Aufgabe: Logistik

Die Versorgung einer modernen Armee ist tatsächlich eine logistische Herausforderung. Nehmen wir das Beispiel einer motorisierten US-amerikanischen Brigade. Die 1.500 PS starke Gasturbine eines schweren Kampfpanzers vom Typ Abrams M1 verlangt um die 210 Liter Kraftstoff pro Stunde. Die "Spartan"-Brigade der US-Armee zum Beispiel verfügt aber über insgesamt etwa 2.000 Fahrzeuge verschiedener Typen, die in einer Kampfsituation, alle zusammen 40.000 Liter pro Stunde verbrauchen. Damit benötigte die "Spartan" im Irak also rund 2,3 bis 2,8 Millionen Liter Treibstoff am Tag. Das ist jedoch bei weitem nicht alles: Hinzu kommen noch ca. 2.000 Tonnen Nachschubgüter, sodass während des Irak-Kriegs 20.000 Soldaten und Privatangestellte damit beschäftigt waren, alleine diese Aufgabe zu bewältigen.

Die "Spartan" ist aber nicht die einzige Brigade der US-Streitkräfte. Die USA verfügen zum Beispiel über insgesamt ca. 7.725 Abrams, deren Anschaffung inflationsbereinigt ca. 8,5 Millionen Dollar (2012) pro Stück gekostet hat und für jeden dieser Panzer muss der nötige Nachschub organisiert werden. Genauso wie für die etwa 170.000 leichte Fahrzeuge (Humvee, usw.) der US-Armee.

Deshalb ist eine moderne Armee nur so gut wie sein schwächstes Glied: seine Versorgungskette.

Die Bundeswehr

Die Bundeswehr muss ihre Einsätze also einerseits aufgrund des benötigen Materials und Nachschubs, aber auch mit Rücksichtnahme auf die tatsächlich verfügbaren Transportmittel einplanen. Da die Airbus A400M nicht zur Verfügung stehen und die Bundeswehr die strategische Luftverlegbarkeit von schwerem Material im Rahmen der Auslandseinsätze nicht selbst stemmen kann, muss diese Transportkapazität bei privaten Anbietern eingekauft werden.

So hat die ukrainische Firma Volga-Dnepr / Ruslan-Salis seit 2006 schon etwa 700 Flüge für die Bundeswehr absolviert und etwa 40.000 Tonnen Fracht (in der Regel Richtung Afghanistan) transportiert. Dabei wird pro Flug einer Großraummaschine vom Typ Antonov AN-124 nach Einschätzung einer Studie der Stiftung Wissenschaft und Politik von 2005 über 250.000 Dollar fällig.

Auf den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan dürfte sich die Firma Volga-Dnepr / Ruslan-Salis deshalb freuen, weil die Bundeswehr rund 6.000 Container, sowie 1.900 Fahrzeuge nach Deutschland bzw. zumindest bis zum nächsten Hafen verfrachten muss. Deshalb dürfte sich die ganze Angelegenheit nicht wirklich einfach gestalten, wie eine kürzlich erschiene Reportage der Welt es zeigt.

Antonov An-124. Foto: Markus Kutscher

Eine Antonov AN-124 kann pro Flug außerdem lediglich acht Container bzw. 150 Tonnen Nutzlast transportieren. Das ist viel für ein Flugzeug, aber wenig für ein Schiff, denn dagegen kann ein sogenanntes Panamax-Containerschiff (294m Länge mal 32m Breite) ca. 5.000 Standard-Container an Bord nehmen. Die Luftverlegung von Militärgerät - welches naturgemäß außerordentlich schwer ist -, ist deshalb immer extrem teuer.

Die britische Regierung kommt ihrerseits zum Schluss, dass die Rückverlegung der meisten Fahrzeuge sich indes einfach nicht rentiert, so dass 1.200 Fahrzeuge der afghanischen Regierung übergeben werden sollen, was zu einer möglichen Abschreibung in Höhe von einer Milliarden Pfund (1,24 Milliarden Euro) führen dürfte.

Herkulische Aufgabe: Kommunikationsorganisation

Auch "Herkules", das 1999 unter dem damaligen Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) initiierte Erneuerungsprojekt der nichtmilitärischen Informations- und Kommunikationstechnik der Bundeswehr, sorgt seit Jahren für erhebliche Missstimmung zwischen Regierung und Auftragnehmer.

Der 2006 im Rahmen eines 17.000 Seiten starken Vertrag beschlossene Vorhaben erwies sich von Anfang an als so problematisch, dass der zuständige Verteidigungsminister, Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) sich schon 2010 - also nach nur vier Jahren des Projekts - gezwungen sah, ein Machtwort zu sprechen: Er nannte den Kostenanstieg von rund 700 Millionen Euro als schlichtweg "inakzeptabel".

Bei diesem Projekt geht es darum, 140.000 Rechnerplätze (PCs), 7.000 Server, sowie 300.000 Telefonanschlüsse und 15.000 Mobiltelefone an ca. 1.300 Standorten in ein einheitliches System zu verwandeln. Eine Besonderheit des Projektes ist, dass es sich um eine sogenannte öffentlich-private Partnerschaft (ÖPP) handelt. Diese hat ein Volumen von insgesamt 7,1 Milliarden und ist damit die größte Europas. Im Endeffekt handelt es sich bei dem Projekt um eine (Teil-)Privatisierung, denn der Bund hat sich nur eine Minoritätsbeteiligung im Projekt zugesichert.

Dieser allgemeine Zustand von problembehafteten Projekten ist dennoch nicht sonderlich erstaunlich, denn mit der zunehmenden technologischen Hochrüstung der Armeen wurde ein Prozess in Gang gesetzt, in dem die Waffensysteme immer leistungsfähiger, aber auch immer komplexer und somit teurerer wurden. Sie sind also sowohl entwicklungstechnisch als auch budgettechnisch schwer zu planen. Parallel dazu ist die Versorgung der Waffensysteme mit dem richtigen Nachschub eine organisations- und kostenaufwendige Angelegenheit geworden.

Kleinvieh macht auch Mist

Planer und Schatzmeister, die für das Verteidigungsministerium arbeiten, haben die schwierige Aufgabe, Finanzierungspläne zu erstellen trotz den vielen unbekannten Faktoren, die die Weltgeschichte mit sich bringt. Die Entscheidung der französischen Regierung im lybischen Bürgerkrieg 2011 zu intervenieren, kostete das Land zum Beispiel "ungeplante" 300 bis 350 Millionen Euro.

Auch die Bundeswehr hatte 2011 unplanmäßige Extrakosten zu beklagen. Zum Beispiel belasteten das benötigte Kerosin für die AWACS-Aufklärungsflugzeuge und für die Transportflüge zwischen Deutschland und Afghanistan das Budget im besonderen Maße. Dennoch dürften diese Flüge nicht das einzige Problem gewesen sein.

Die Bundeswehr unterhält zurzeit insgesamt 1.900 Fahrzeuge in Afghanistan. Laut Angaben des Bundesministeriums der Verteidigung verbraucht ein Truppentransporter Dingo (Besatzung 6 Mann) über 30 Liter auf 100 Kilometer und der Radtransportpanzer Fuchs (Besatzung 12 Mann) bringt es auf 48 Liter. Das sind aber Verbrauchswerte auf befestigten Straßen. Im Gelände bzw. im Gebirge dürften sich diese Richtwerte mindestens verdoppeln. Kettenfahrzeuge, wie der in Afghanistan eingesetzte Marder, bringen es leicht auf 400 Liter Verbrauch auf 100 Kilometer.

Laut der Wirtschaftswoche, die sich auf einen Bericht aus Regierungskreisen beruft, seien die größten Kostentreiber 2011 deswegen "ganz profan die gestiegenen Treibstoffkosten" gewesen.

Die relative Entspannung in Afghanistan zahlte sich für die Bundeswehr dagegen aus: "Deutlich geringer fiel (…) die Position 'Erhaltung von Wehrmaterial' aus", da die Zahl der Strengstoffanschläge 2011 gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen sei und somit weniger Reparaturen notwendig waren, so der von der Wirtschaftswoche zitierten Bericht.

Frieden zahlt sich im wahrsten Sinne des Wortes also wohl aus!

Die große Betriebskostenabrechnung

Nicht nur die unvermeidbaren Rüstungsausgaben sind von volkswirtschaftlicher Bedeutung. Politische Entscheidungen und Unwägbarkeiten der Weltgeschichte können diese Ausgaben maßgeblich beeinflussen. Politische Entscheidungen können Anschaffungen unnötig teuer machen, aber auch wesentlich günstiger. Doch wenn es kracht, wird es auf alle Fälle richtig teuer.

Im Gegensatz zu den allgemeinen Kosten eines Krieges sind die Werkzeuge des Soldaten geradezu kostengünstig. Das Sturmgewehr Heckler & Koch G-36 - wovon nach Herstellerangaben die Bundeswehr seit 15 Jahren rund 180.000 gekauft hat - ist die Standardwaffe der deutschen Soldaten und kostet nach Einschätzung von Experten rund 600 Euro pro Stück (in der Bundeswehr-Ausführung).

Das Standard-Kampfmesser der Bundeswehr, das Eickhorn KM2000, wird auf dem zivilen Markt für etwa 100 Euro angeboten und der Kampfrucksack nach technischen Lieferbedingungen kostet im Handel nur 80 Euro (der Bund dürfte für weit weniger als die Hälfte dieses Preises einkaufen). Anderes Beispiel: die Marschschuhe, die der deutsche Hersteller Meindl an die französische Armee seit 2009 als Standardausstattung liefert, kosten laut der französischen Presse den Staat etwa 90 Euro pro Paar.

Die Ausstattung eines Soldaten ist also nicht wirklich teuer, seit Jahren wird in diesem Bereich gespart. Nicht nur deutsche, sondern auch britische und französische Soldaten sind ohne adäquate Ausrüstung in den Irak oder nach Afghanistan geschickt worden. Allerdings ist es sehr erstaunlich, dass im zehnten Jahr des Afghanistan-Einsatzes die bekannten Mängel noch nicht alle behoben werden konnten.

Hellmut Königshaus (FDP), der Wehrbeauftragte im Bundestag, beklagte immer noch 2011 die Missstände:

Noch immer sind die bereits seit Jahren beanstandeten Probleme hinsichtlich unzureichender persönlicher Ausrüstung der Soldaten nicht zufriedenstellend gelöst.

So würden viele Soldaten selbst um die 1.000 Euro ausgeben, um ihre Ausrüstung zu ergänzen. Diese für den Staat durchaus bescheidenen Summen müssen in Relation mit den Milliarden gesetzt werden, die im Rahmen von Großprojekten ausgegeben werden.

Der Bund lässt sich seit 2010 dagegen einiges für das leibliche Wohl der Soldaten kosten. Die bei der Truppe seit Jahren unbeliebte Einmannpackung (EPa), das Tagesverpflegungspacket des Soldaten außerhalb der Kaserne, wurde zur Unterstützung des Kampfgeistes kulinarisch aufgebessert. Eine sicherlich sehr sinnvolle Investition, auch wenn sie eine Budgetbelastung von bis zu mehreren Millionen im Jahr bedeutet, denn wenn eine alte EPa 11 Euro kostet, kostet die neue 18 Euro - und davon werden zurzeit 300.000 jährlich produziert.

Die Ausrüstung des einzelnen Soldaten wird in der Zukunft jedoch vermutlich richtig teuer werden.

Zurzeit wird die Vernetzung und die Systemeingliederung der Soldaten mit unterschiedlichen Aufklärungssensoren und Kommunikationssystemen unter dem Namen "Infanterist der Zukunft" felderprobt bzw. weiterentwickelt. 2007 kostete dieses System schon ca. 20.000 Euro pro Stück. Bis 2011 hatte die Bundeswehr bei der EADS-Tochter Cassidian schon 2.900 Basis-Systeme gekauft. Die technologische - und somit die taktische - Überlegenheit auf dem Schlachtfeld hat eben ihren Preis.

Im Ernstfall

Wenn der Einsatz kommt, kommen auch allerlei Extrakosten auf den Staat und somit den Steuerzahler zu. Erstens entstehen Kosten, weil Soldaten und Material zum Einsatzort und später davon zurück transportiert werden müssen. Unterkünfte müssen gebaut werden. Der Materialverschleiß ist um ein Vielfaches höher als in der Kaserne, etc. Außerdem wird der Einsatz der Soldaten dann in besonderem Weise honoriert.

Zusätzlich zum eigentlichen Sold wird den Soldaten zur "Abgeltung der mit der besonderen Auslandsverwendung verbundenen materiellen und immateriellen Belastungen, Erschwernisse und Gefahren im Einsatzgebiet und am Einsatzort" ein steuerfreier Auslandsverwendungszuschlag gewährt, welcher nach "Grad der Belastung und Erschwernisse" zwischen 25,56 und 92,03 Euro pro Tag (2008) beträgt. Zu diesem Zweck sind im Bundeshaushaltsplan (2012) 186 Millionen vorgesehen. Insgesamt waren seit 20 Jahren über 300.000 deutsche Soldaten im Einsatz im Ausland, weshalb dieser Ausgabeposten nicht unterschätzt werden dürfte.

Krieg wird aber erst recht dann teuer, wenn Waffen zur Anwendung kommen. Der Munitionsverbrauch der US-Infanterie während der ersten Jahre des Kriegs im Irak war tatsächlich so hoch, dass die US-Arsenale einfach nicht genug produzieren konnten. Die Amerikaner sahen sich deshalb gezwungen, Munitionsvorräte aus dem Ausland zu importieren. Eine Untersuchung des amerikanischen Rechnungshof fand 2004 heraus, dass die US-Streitkräfte 1,8 Milliarden Schuss im Irak und Afghanistan verfeuert hatten, was eine Durchschnittsmenge von rund 250.000 Schuss für jeden getöteten Feind hergibt (wobei ein Großteil dieser Munition beim Training abgefeuert sein dürfte).

Die "Lieblingswaffe" der Amerikaner im sogenannten "Kampf gegen den Terror" ist zweifelsohne, die Hellfire-Rakete von Lockheed Martin (Firmenumsatz 2011 ca. 46 Milliarden Dollar). Diese Rakete wird üblicherweise von Kampfhubschraubern und Drohnen gegen Fahrzeuge, befestigte Stellungen oder Gruppen von Kämpfern abgefeuert. Laut Herstellerangaben haben die Amerikaner bis Mitte 2008 in Afghanistan und im Irak über 6.800 dieser Raketen im Kampf abgefeuert. Liegt man einen geschätzten Durchschnittspreis von etwa 51.340 US Dollar zugrunde, kommen somit ca. 349 Millionen Dollar zusammen.

Geht man von der Schätzung aus, dass eine Hellfire-Rakete im Schnitt vielleicht zwei bis drei Gegner töten oder kampfunfähig machen kann und bedenkt man den logistischen Aufwand, der nötig ist, um erst eine Zielerkundung zu führen und dann den eigentlichen Abschuss vorzubereiten, wird schnell klar, dass Krieg auch eine ökonomische Angelegenheit ist.

Eine Untersuchung des amerikanischen Kongresses stellte 2010 fest, dass die Kriege nach 9/11 den amerikanischen Steuerzahler (bis 2010) insgesamt 1.147 Milliarden Dollar gekostet haben. Davon entfielen 784 Milliarden auf den Irak und 321 Milliarden auf Afghanistan. Im Vergleich kostete der Krieg in Vietnam (1965-1975) laut der gleichen Untersuchung inflationsbereinigt 738 Milliarden Dollars. Dabei betreffen diese Schätzungen nur die direkten militärischen Operationen und nicht die Auswirkung des Krieges.

In einem Artikel der NY-Times von 2009, rechnete Nicholas D. Kristof, dass der Unterhalt während eines Jahres von 20 US-Soldaten in Afghanistan dem Preis für den Bau einer Grundschule entspräche. Folglich, so rechnete er weiter, entspräche den Unterhalt der 40.000 GIs in Afghanistan während eines Jahres, den Betrag, der nötig wäre, um der Mehrheit der 75 Millionen Kinder einzuschulen, die laut UNICEF die Schule nicht besuchen dürfen.

Die Erstellung von Sicherheit ist deshalb nicht nur eine ökonomische Angelegenheit im Sinne der Verfügbarkeit von Mitteln, Sicherheit ist auch eine Frage der richtigen Zuweisung von vorhandenen Mitteln.

Die Atomfalle

Zurzeit gibt es ca. 19.000 Atombomben in der Welt. Wer allerdings darauf verzichtet kann, spart bares Geld.

Frankreich darf schätzungsweise rund 300 (also ca. 1,5%) dieser Atombomben sein eigen nennen. Um diese Atomwaffen einsatz- und somit abschreckungsfähig zu halten, wird sich das Land die Erneuerung seiner nuklearangetriebenen U-Boote-Flotte in den nächsten Jahren mindestens 25,8 Milliarden Euro kosten lassen. Dafür kaufen die Franzosen von den eigenen Werften sechs Jagd-U-Boote vom Typ Barracuda (1,4 Milliarden pro Stück) sowie vier strategische U-Boote (4,2 Milliarden pro Stück), welche mit ballistischen, also nuklearen, Raketen bestückt werden.

Laut einer Berechnung der Zeitung Le Monde, lässt sich Frankreich seine Atomstreitmacht 2012 insgesamt (also inklusive Forschung) rund 3,4 Milliarden Euro kosten. Das bedeutet für den Verteidigungsaushalt des Landes (30,6 Milliarden) eine Belastung von etwa 11%.

Der Preis der nuklearen Abschreckung

Wie in jedem Bereich, auch im militärischen, sind Preisunterschiede und somit Einsparmöglichkeiten vorhanden. Eigenentwicklungen, die aufgrund nationaler Erwägungen und unbeachtet der Wirtschaftlichkeit durchgeführt werden, können sich als extrem teuer erweisen. Die FAMAS, seit 1979 das Standard-Sturmgewehr der französischen Armee, ist dafür ein Paradebeispiel. Die erste Version (F1) kostet etwa 1.500 Euro und die neueste verbesserte Version (G2) kostet rund 3.000 Euro (Das deutsche G-36 kostet dagegen nur um die 600 Euro).

Insgesamt wurden 400.000 Exemplare der FAMAS produziert. Die Waffe erfuhr aufgrund des hohen Preises logischerweise keinen Erfolg auf den Exportmärkten. Das Bestreben Frankreichs, seine Streitkräfte nach Möglichkeit immer mit einer Neuentwicklung aus heimischer Produktion ausrüsten zu wollen, bedeutet für das Land in diesem Fall volkswirtschaftliche Mehrkosten in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro.

Das Standard-Gewehr der Bundeswehr, das Heckler & Koch G-36, wurde in 17 Länder exportiert, darunter nach Mexiko und Georgien und wird nicht nur in Deutschland, sondern auch in Spanien (bei General Dynamics) und seit 2008 in Saudi-Arabien in Lizenz gefertigt, so dass der Staat darüber Einnahmen erzielt, wenngleich der Export bzw. die Lizenzvergabe politisch und ethisch sehr heikel sein können.

Aufgrund der Vielzahl von Pistolenmodellen, die in Deutschland von den verschiedenen Behörden angewandt werden, ist es dagegen schwierig, genauere Kosten für diesen Waffentyp zu ermitteln. Eine Untersuchung des französischen Senats brachte jedoch ins Licht, dass die ab 2003 erworbene Standard-Pistole der französischen Gendarmerie und der Polizei (die SIG-Sauer SP 2022 aus deutscher Produktion) mit rund 340 Euro pro Stück zu Buche schlägt. Der Senat berechnete anlässlich dieses Erwerbs jedoch auch Einsparungen in Höhe von etwa 650 Euro pro Waffe (im Vergleich zum üblichen Kaufverfahren in kleineren Stückzahlen) dank der Vergabe eines Großauftrages von etwa 250.000 Stück.

Auch im IT-Bereich sind Einsparungen möglich. Das französische Militär ersetzte weitgehend ab 2007 Microsoft-Produkte durch freie Mozilla-Lösungen und die französische Gendarmerie (damals Teil des Militärs) migriert seit 2005 seine Rechner nach Ubuntu Linux bzw. OpenOffice mit dem Ziel, im Jahr 2015, 90% ihrer 85.000 Rechner umzustellen. Zwischen 2004 und 2009 seien somit Einsparungen von etwa 50 Millionen Euro (ca. 70%) erzielt worden. Immer höhere Überweisungen vom Staat an die Rüstungsindustrie sind also keinesfalls unumgänglich.

Westliches Verteidigungskonzept nur bedingt abwehrfähig?

Dass Höhe und Sinn eines jeden Verteidigungshaushalts in der Kritik stehen, ist nicht ganz so neu. Schon vor ziemlich genau 40 Jahren musste sich der damalige Verteidigungsminister Helmut Schmidt (SPD), mit der Verwendung der "Verteidigungsmilliarden" kritisch auseinandersetzen, denn nach einer damals geltenden Faustregel hatte ein modernes Waffensystem eine Lebensdauer von 10 bis 15 Jahren, so dass die Beschaffungskosten sich alle zehn Jahre verdoppelten.

Der Kalte Krieg ist vorbei. Und wurde trotz - oder möglicherweise gerade dank - den verordneten Einschnitten in den Verteidigungsetats, vom Westen gewonnen - oder zumindest erfolgreich überwunden, während der Osten letztendlich durch Einigelung und Hochrüstung seine politische und wirtschaftliche Handlungsfähigkeit verlor.

Das Bestreben zum Schutz des eigenen Territoriums bzw. der eigenen Weltanschauung immer höhere Schutzwalle aufzuziehen und immer ausgedehntere Sicherheitsmaßnahmen zu treffen, dürfte also mit dem Scheitern des Kommunismus stalinistischer Prägung nicht mehr als zielführend gelten können. Eine Erfahrung, von der gelernt werden sollte.

Doch die schwierige Abwägung im Staatsgeschäft zwischen Verteidigung und Entwicklung ist bis heute konstant geblieben. Die Strategie einer "proaktiven Verteidigung" - in der der Krieg nicht mehr an der Grenze des eigenen Territoriums, sondern ausschließlich auf dem fernen Territorium des Feindes geführt wird - wie vom Westen nach "9/11" versucht wurde, kann mit dem nun beschlossenen Rückzug unverrichteter Dinge aus Afghanistan nicht wirklich als erfolgreiche Strategie gelten. Denn, egal wie weit die Frontlinie von dem eigenen Territorium verlagert wird, vermag eine solche Verteidigungspolitik nämlich nur eine gewisse, momentane Eindämmung eines Missstands und nicht eine dauerhafte Lösung zu erreichen.

Um ein Vielfaches zukunftsträchtiger dürfte deshalb die richtige Zuweisung bzw. die gerechte Umverteilung von Ressourcen und Wissen im zivilen Bereich sein. Haben sich die finanziellen Anstrengungen des Westens im Rahmen einer "proaktiven Verteidigung" nach "9/11" rentiert? Sei aus genannten Gründen dahingestellt.