Wer ist der wahre Hoffnungsträger: Angela Merkel oder Volker Rühe?

Homepage-Test, Teil 2

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Es war der 31. Oktober 1998. "Drei Tage nachdem sein Amt als Bundesverteidigungsminister beendet war, saß Volker Rühe im Hamburger ,Michel' beim Reformationsgottesdienst unter der Kanzel. Es predigte der Pfarrer i.R. René Leudesdorff. In dem Gespräch nach dem Gottesdienst fragte der CDU-Politiker den Pastor: ,Was machen Sie jetzt als Pensionär?' Leudesdorff: ,Ich setze mich für die Rettung der Türme von Jerichow ein...' Rühe: ,... die von weitem über die Elbe hinweg den Wanderer begrüßen und begleiten.' Und er fuhr fort, begeistert von seinen Wochenend-Wanderungen die Elbe hinauf von Hamburg nach Dresden in den Jahren nach der Wende zu erzählen. ,Also: wenn Sie meine Hilfe brauchen, sagen Sie mir Bescheid.'"

So wurde Volker Rühe Schirmherr des Fördervereins "Erhaltet Kloster Jerichow!" - und wir sind längst mittendrin in unserem brisanten Homepage-Vergleich "Wer ist der wahre Hoffnungsträger der CDU: Angela Merkel oder Volker Rühe?"

Nachdem wir uns kürzlich auf Frau Merkels Kuschelseite im Netz richtig wohl gefühlt haben, haut es uns nach der Eingabe der Adresse www.volker-ruehe.de wahrlich aus den Puschen: Sofort erklingt ein bombastischer Sound, der auch jeden Box-Champion gut zum Schlachtfest in den Ring begleiten könnte, danach schweben die Wörter "Arbeit" und "Zukunft" über einen stahlgrau-blauen Hintergrund und der Name des Herausforderers "Volker Rühe" erscheint.

Dräuend, drohend, drummelnd, danach eine kurze Pause und die Verkündung: "Hier kommt die Zukunft Volker Rühe für Schleswig Holstein." Und die Zukunft für das sympathische Land zwischen Ost- und Nordsee lächelt eiskalt.

Doch manchmal zeigt auch Rühe menschliche Schwächen. Unter der Rubrik "Persönliches" gibt es ein buntes Sammelsurium von Fotos. Da gönnt sich der Herausforderer als alter Genießer im Kreis dreier Grazien schnell ein Käffchen, schaut grüblerisch während seiner wöchentlichen Hallig-Tour in die Ferne. Vermutlich auf der Suche nach den Türmen von Jerichow. Oder er setzt sich einen neckischen Hut auf und spielt zusammen mit zwei Kuscheläffchen den Leierkastenmann. Toll!

Und manchmal packt er sogar aus. Zwar verrät auch er uns nicht, wo denn nun die Leuna-Papiere im Bundeskanzleramt versteckt sind. Aber immerhin dürfen wir auf 22 Seiten seine "Schriftliche Arbeit zur Vorlage bei der pädagogischen Prüfung für das Lehramt an Gymnasien" nachlesen. Die Links allerdings, die auf der Seite präsentiert werden, zeigen leider, dass Rühe mental und horizontal doch arg begrenzt ist: Nur Orts-, Kreis- und Landesverbände der CDU, und ein bisschen was Folkloristisches aus dem hohen Norden.

Volker Rühes Netzseite ist also, um es kurz zu machen, ohne Zweifel wesentlich perfekter und innovativer gestaltet als die von Angela Merkel. Dennoch geht sie als klare Siegerin aus unserem Test hervor - gerade weil ihre Homepage so bescheiden und handgemacht ausschaut. Der Internetauftritt ihres Konkurrenten wurde nämlich von einer professionellen Agentur durchgestylt und durchdesignt, und noch nicht einmal die Netzadresse ist auf seinen eigenen Namen registriert worden. Was unseren Verdacht natürlich bestärkt, dass Volker Rühe in Wirklichkeit noch gar nicht drin ist. Kurzum: ein Fall für Boris Becker: "Nee, näh?"

Gleichwohl steht die CDU nun vor der Qual der Wahl: Setzt sie lieber in Zukunft auf das eiskalte Designer-Modell Rühe oder auf die neue Bescheidenheit Merkel. Na, wenn das nicht spannend ist ...