Wer rettet die Stadtwerke?

Gaspreisumlage, Gaspreisdeckel, subventionierter Grundbedarf: Es gibt viele Rettungsideen und einen 200-Milliarden-Euro-Abwehrschirm. 900 Stadtwerken und ebenso vielen Netzbetreibern droht dennoch ein kräftiger Eisregen. Sie fordern einen eigenen Schutzschirm.

Die Regionalversorger und die Stadtwerke sind vielfach auch die Grundversorger. Auf sie fallen die Endkunden zurück, wenn sie ihr bisheriger, meist kostengünstiger Versorger aus dem aktuellen Vertrag entlässt oder wenn dieser ausläuft. Dies trifft aktuell nicht nur Privat- und Firmenkunden, sondern auch zahlreiche Kommunen, deren Bezugsverträge auslaufen.

Grundversorger sind die Unternehmen, die in den vergangenen drei Jahren die meisten Tarifkunden in einem Netz versorgten. Das Problem ist: Für die ungeplant dazu kommenden Kunden müssen Strom und Gas zum Börsenpreis gekauft werden, weil man ihre Verbräuche nicht langfristig einplanen konnte.

Auch wenn der Netzbetreiber zwar rechtlich getrennt ist, so sind bei 90 Prozent der Fälle die Versorger damit verbunden: Die Endkundenversorger sind heute das Netz, das die Stromversorgung garantiert. Und die kommen spätestens dann ins Schleudern, wenn mehr als ein Prozent ihrer Kunden ihre Jahresrechnung nicht bezahlt.

Die Befürchtung der Bundesregierung, wonach die gestiegenen Energiepreise mehr Privatinsolvenzen nach sich ziehen, wird die Kommunen, die vielfach am Rande des Zusammenbruchs stehen, nicht unbedingt beruhigen. Jahrzehntelang war die leitungsgebundene Energieversorgung ein sicheres, von der aktuellen Politik kaum betroffenes Geschäft, mit dem viele Gemeinden ihr Überleben sichern konnten.

Nach dem Gerangel um die Gaspreisumlage, mit der man die zwischenzeitlich mehrheitlich finnische E.on-Abspaltung Uniper retten wollte, kam die Verstaatlichung und der Gaspreisdeckel. Uniper hatte ihre Nord-Stream-2-Beteiligung abschreiben müssen.

Neben dem notleidenden von der Ruhrgas geerbten Gasimport beitzt Uniper jedoch auch über 100 hochprofitable Wasserkraftanlagen der ehemals staatlichen Bayernwerk und jetzt darf jetzt auch wieder Steinkohlekraftwerke reaktivieren.

Im nächsten Schritt suchte dann die bei der BundesNetzAgentur geparkte vormalige Gazprom Germania um staatliche Unterstützung nach. Die Anfrage der ebenfalls von den gestiegenen Einkaufspreisen betroffenen Leipziger VNG schmetterte man mit dem Hinweis ab, dass sich an die belieferten Stadtwerke in den neuen Bundesländern und der baden-württembergischen Versorger EnBW, der jeweils knapp zur Hälfte oberschwäbischen Kommunen und dem Land Baden-Württemberg gehört, um die Rettung des drittgrößten Gasimporteurs kümmern sollten, wurde klar, dass die Rettung der Energieversorgung nicht so einfach werden würde, wie gedacht.

Als sich beim aktuellen Temperatureinbruch zeigte, dass die Verbraucher jetzt plötzlich mehr Gas verbrauchten, als von der Politik erwartet, schrillten die Alarmglocken bei der im Energiebereich inzwischen fast allein zuständigen Bundesnetzagentur.

Kunden unterstützen und Verbrauch drosseln

Ein einfaches Heruntersubventionieren der Energiepreise erscheint in der politisch induzierten Gasmangellage nicht unbedingt als passables Mittel - auch wenn man dafür 200 Milliarden Euro in einem parallelen "Schattenhaushalt" namens Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) bereitstellen will.

In dieser schier verwirrenden Gemengelage rief der Städtetagspräsident Markus Lewe (CDU) die Privathaushalte auf, mehr zu sparen und schlug vor:

"Wenn private Haushalte einen Grundbedarf von 80 Prozent des Gas-Verbrauchs vergünstigt bekämen, bleibt der Spar-Anreiz bestehen."

Dass die jeweils verbleibenden 20 Prozent zum aktuellen Marktpreis im Zweifelsfall für viele Kunden immer noch zu viel sein dürften, bleibt bei diesen Zahlenspielereien außen vor.

Ein weiteres Problem bei der Subventionierung des Energieverbrauchs ist die Tatsache, dass man nur die Anschlüsse kennt, aber nicht wie viele Personen über einen Anschluss versorgt werden, ja nicht einmal, wie viele Bewohner in einer Wohnung leben.

Ein Problem sind dabei die vielen Zentralheizungen, bei welchen der Nutzer nur einen geringen Einfluss auf den Verbrauch hat und Subventionen kaum bei ihm ankommen werden.

Was jetzt mit heißer Nadel an Rettungspaketen gestrickt wird, wird sich in den Verwerfungen am Energiemarkt wohl für längere Zeit etablieren. So spricht die Bundesnetzagentur inzwischen davon, dass der Gaspreisdeckel bis Sommer 2024 benötigt werde.

Es geht mitnichten nur darum, den kommenden Winter zu überstehen.

Subventionierung des Großhandels oder der bedürftigen Endkunden?

Da die Importeurschwergewichte als erste ihre Hilferufe aufgrund steigender Beschaffungskosten ausstießen und dabei massiv von den betroffenen Ratingagenturen unterstützt wurden, ging die Politik vorrangig auf ihre Unterstützungsforderungen ein.

Man wollte unbedingt einen Zusammenbruch der maßgeblich über Kredite gestützten Importeure verhindern, nicht zuletzt um bei den Banken keine Unruhe zu erzeugen.

Die große Zahl von über 40 Millionen direkt von den Energiepreisteigerungen betroffenen Haushalte, die zudem indirekt noch über Inflation bei Lebensmitteln getroffen werden, hat die Politik dann bewogen, auch für die Verbraucher ein Rettungspaket bereitzustellen, wobei bislang immer noch nicht klar ist, wie den Verbrauchern konkret geholfen werden soll.

Dass man in der Politik derzeit nur die beiden Enden der Lieferkette im Blick hat, könnte sich bald als folgenschwerer Fehler herausstellen.