Wer sind hier eigentlich die Piraten?

Seite 5: Piraterie als Störfaktor

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Auch die schönen Prognosen der Schiffsfonds geraten aber dann durcheinander, wenn Seeräuber sich die schwimmenden Steuersparmodelle aneignen. Die "Beluga Nomination" ist bereits das dritte Schiff der Bremer Beluga Shipping, das von Piraten gekapert wurde. Im Sommer 2008 wurde die "Beluga Navigation" (damals noch BBC Trinidad) gekapert und nach drei Wochen für ein Lösegeld von 1,1 Millionen Euro freigekauft. Im Oktober 2010 kaperten Piraten die "Beluga Fortune", jedoch konnten Marine-Einheiten die Piraten schnell wieder vertreiben – auch die "Navigation" und die "Fortune" waren keine deutsche Schiffe, sie fahren ebenfalls unter der Flagge Antiguas.

Wer überhaupt für den Schaden bezahlen muss, ist dabei ungewiss. Die "Beluga Nomination" ist laut Emissionsprospekt über eine Kriegsversicherung gegen Piraterie versichert, und nach Angaben des Reeders verfügen die Schiffe seiner Flotte auch über eine Lösegeldversicherung. Neben den Seeleuten, die in Lebensgefahr schweben und traumatische Schäden davontragen werden, ist in diesem Fall also die Versicherungsgesellschaft der Geschädigte.

Die Forderung der deutschen Reeder, ihre Schiffe künftig durch bewaffnete Polizisten oder Marinesoldaten an Bord absichern zu lassen, ist nicht nur realitätsfern, sondern auch unanständig. Es ist ja nicht nur so, dass die Reeder bereits bis zur Hutkrempe vom deutschen Steuerzahler subventioniert werden. Die Ausflaggung der Schiffe hat eine völkerrechtliche Situation geschaffen, die die Wünsche der Reeder ohnehin ad absurdum führt.

Selbst wenn die Politik abermals vor den Lobbyinteressen klein beigeben würde, so müsste sie mit allen Billigflaggen-Staaten bilaterale Verträge abschließen, die den Einsatz deutscher Soldaten auf dem Hoheitsgebiet dieser Staaten – nichts anderes sind ausgeflaggte Schiffe – ermöglicht. Es stellt sich ohnehin die Frage, warum ein Staat eine bestimmte Branche auf Kosten der Arbeitnehmer und des Fiskus weiterhin in diesem absurden Maß unterstützen sollte. Doch das ist keine Thema der öffentlichen Diskussion. Vielleicht wäre zunächst zu klären, wer denn hier die Piraten sind.