Wie Feindseligkeit zwischen den USA und China Klimaschutz blockiert

Seite 2: US-Sicherheitsstrategie vernachlässigt Klimakrise als destabilisierenden Faktor

Die Biden-Administration und einige Kommentatoren in den USA hoffen, dass sich zwischen den Vereinigten Staaten und China eine Art wohlwollender Wettbewerb um Klimaschutzmaßnahmen entwickeln kann, bei dem jeder versucht, den anderen sowohl mit Maßnahmen als auch durch die Weise, bei anderen Ländern um Bewunderung und Unterstützung zu werben, zu übertreffen.

Dieser Wettbewerb besteht aus zwei Teilen. Der erste ist der Umfang der CO2-Reduktionen. In diesem Bereich sind beide Supermächte stark in ihrem Handeln eingeschränkt: die Vereinigten Staaten durch innenpolitische Spaltungen und China durch seine anhaltende Abhängigkeit von der Kohle. Der andere wichtige und wachsende Bereich, in dem Amerika und China miteinander konkurrieren, ist die Hilfe für arme und gefährdete Länder, um die Widerstandsfähigkeit gegen die Auswirkungen des Klimawandels zu stärken.

Die dafür zur Verfügung stehenden Mittel sind jedoch offensichtlich durch die enormen Summen, die im Rahmen des sich verschärfenden Kalten Kriegs zwischen den USA und China ins Militär fließen, deutlich limitiert. Im Falle der Vereinigten Staaten verschlingt der Militärhaushalt fast das Zwanzigfache der für internationale Unterstützung aufgewendeten Summen. Wenn man weitere indirekte Kosten wie die Unterstützung von Veteranen einbezieht, ist der Unterschied noch gravierender.

Chinas nachlassende Bereitschaft, mit Washington im Bereich des Klimawandels zusammenzuarbeiten – eine Art Vergeltung für den Besuch der Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, in Taiwan –, unterstreicht ebenfalls die extreme Schwierigkeit, beim Klima zu kooperieren, während man im geopolitischen Feld feindselig agiert.

In der Nationalen Sicherheitsstrategie der Regierung Biden wird der Klimawandel zwar als "potenziell existenzielle Bedrohung" bezeichnet, der größte Teil des Dokuments ist jedoch den "traditionellen" Sicherheitsbedrohungen durch Russland und China gewidmet, die zwar für ihre Nachbarn durchaus ernst zu nehmen sind, für die Vereinigten Staaten aber nicht ernsthaft als existenziell bezeichnet werden können.

Die US-Hilfe für arme und gefährdete Länder bleibt daher im Vergleich zu ihren Bedürfnissen und den Sicherheitsbedrohungen, die sie in Zukunft für den Westen darstellen dürften, gering. Gleichzeitig ist es aufgrund der innenpolitischen Gegebenheiten in den USA schwer vorstellbar, dass man zumindest für eine gewisse Zeit auch nur annähernd die erforderlichen Summen aufbringen wird.

Was jedoch für das überparteiliche außen- und sicherheitspolitische Establishment der USA möglich sein sollte, ist eine stärkere Konzentration auf die Gefahren in Amerikas eigenem Hinterhof Mittelamerika und Karibik. Guatemala, Honduras und Haiti gehören zu den Ländern, die derzeit am stärksten von Nahrungsmittelknappheit bedroht sind, mit offensichtlichen Folgen sowohl für die politische Stabilität als auch für die Migration.

Angesichts der Ängste der Republikaner vor illegaler Migration und der zunehmenden Erkenntnis der Demokraten, dass dieses Thema ihnen bei den Wahlen schadet, sollte es möglich sein, einen gut finanzierten, überparteilichen Entwicklungsplan für diese Region auszuarbeiten.

Denn derzeit ist der Kontrast zwischen den Summen, die Washington für die Ukraine und den Nahen Osten bereitstellt, und denjenigen, die für Amerikas eigene Nachbarn bereitgestellt werden, geradezu grotesk. Ganz Mittelamerika erhält weniger Hilfe als der Irak oder Jordanien für sich genommen. Die Militärhilfe für die Ukraine übersteigt die gesamte Entwicklungs- und humanitäre Hilfe der USA für ganz Lateinamerika und Afrika zusammengenommen.

Ein zentraler Grund für diese Vernachlässigung ist, dass die Vereinigten Staaten keinen Großmachtkonkurrenten in ihrem eigenen Hinterhof haben und Zentralamerika daher nicht die Art von "klassischen" Sicherheitsbedrohungen darstellt, auf die das US-Establishment ausgelegt ist und auf die sich Bidens Nationale Sicherheitsstrategie (NSS) konzentriert.

Das verweist auf ein grundlegendes Problem nicht nur für die Vereinigten Staaten, sondern für die meisten großen Staaten der Welt, China und Indien ausdrücklich eingeschlossen: das Problem der Eliten und Institutionen. Sie sollen eine Reihe von Herausforderungen bewältigen, und taten das mit Erfolg. Aber sie sind weder kulturell noch fachlich darauf vorbereitet, mit einer sich radikal verändernden Welt umzugehen.

Brüche haben in der Geschichte zum Untergang vieler großer Staaten und politischer Systeme geführt. Es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass unser System dagegen immun ist. Wir hoffen, dass die Demokratie den notwendigen Wandel herbeiführen wird – aber das ist in der Tat eine Hoffnung, keine Strategie.

Kyilah Terry hat zur Recherche für diesen Artikel beigetragen.

Der Artikel von Anatol Lieven erscheint in Kooperation mit dem US-Magazin Responsible Statecraft und findet sich dort im englischen Original. Übersetzung: David Goeßmann.

Anatol Lieven ist Senior Research Fellow für Russland und Europa am Quincy Institute for Responsible Statecraft. Zuvor war er Professor an der Georgetown University in Katar und an der Abteilung für Kriegsstudien des King's College London. Er ist Mitglied des beratenden Ausschusses der Südasienabteilung des britischen Außen- und Commonwealth-Büros. Lieven ist Autor mehrerer Bücher über Russland und seine Nachbarländer, darunter "Baltic Revolution: Estonia, Latvia, Lithuania and the Path to Independence" und "Ukraine und Russland: A Fraternal Rivalry" (Eine brüderliche Rivalität).

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