Wie ein US-Think-Tank sein antirussisches Feindbild konstruiert
Seite 3: Die "Antikörper" der Letten
- Wie ein US-Think-Tank sein antirussisches Feindbild konstruiert
- Die infektiöse russische Korruption
- Die "Antikörper" der Letten
- Auf einer Seite lesen
Für Lettland beobachten die CSIS-Analysten eine bedenkliche Vergrößerung von Russlands ökonomischem Fußabdruck nach dem russisch-georgischen Konflikt und der Finanzkrise: auf 16 Prozent des lettischen BIP im Jahr 20144. Über 12 Prozent gilt ihnen als besonders gefährlich. Dennoch wird die lettische Gesellschaft gelobt, die gegenüber dem russischen Einfluss "Antikörper"5 entwickelt habe. Die Letten haben eine beträchtliche Skepsis gegenüber Russland, dem Nachfolgestaat der UdSSR. Die Besetzung der baltischen Länder durch die Rote Armee bedeutete jahrzehntelange Unterdrückung und Fremdherrschaft. Die USA wurden in dieser Zeit zum Sehnsuchtsort. Viele Letten, die nach dem Zweiten Weltkrieg vor den Tschekisten flüchteten, fanden jenseits des Atlantiks eine neue Heimat.
Die Balten nutzten für ihre Singende Revolution die Erkenntnisse des US-Amerikaners Gene Sharp. 6Er lehrt den gewaltfreien Widerstand. Mit seiner Strategie erlangten die Balten 1991 die nationale Unabhängigkeit zurück. Heute gilt der neue große Bruder jenseits des Atlantiks als eng befreundete Schutzmacht. Das Verhältnis zu Russen, auch zur russischsprachigen Minderheit im eigenen Land, ist dagegen nach wie vor vom politischen Streit geprägt. Hinzu kommt die Furcht, dass das eigene Land von Russen aufgekauft werden könnte. Die Hälfte der Einlagen auf lettischen Banken stamme aus Russland oder anderen GUS-Staaten.7
Das Rechercheteam Re:Baltica, das u.a. von US-Fonds unterstützt wird, ermittelte, dass es sich dabei häufig um Schwarzgeld handelt. Doch wenn illegal beiseite geschafftes Geld das "Wirtsland" schädigte, müsste die Schweiz längst ein gescheiterter Staat sein. Die lettische Skepsis trifft auch die eigenen Landsleute, die sich als Unternehmer und Politiker betätigen und sich aus geschäftlichen Interessen ein gutes Verhältnis zu Russland wünschen.
Vaira Vike-Freiberga sprach im Krisenjahr 2009 von den "Oligarchen", die verhinderten, "dass bei uns die politischen Prozesse völlig transparent, durchsichtig, demokratisch, ohne Anzeichen der Korrumpierung" erfolgten. Seitdem gelten Andris Skele, Ainars Slesers und Aivars Lembergs als oligarchische Bösewichte. Sie spielen in der lettischen Folge des CSIS-Playbooks die Hauptrollen.
Die drei lettischen Geschäftsleute üben einen erheblichen Einfluss auf die Politik aus. Mit diesen Herrschaften beginnt die Fortsetzung des zweiten Teils: Feindbild Russland als Ablenkungsmanöver