Wie grüner Wasserstoff die Industrie verändern kann
Von der Stahlproduktion bis zur Tiefkühlpizza – Wasserstoff wird heute schon in vielen Bereichen angewandt. Hier gibt es großes Potenzial für die Dekarbonisierung.
Raffinerien, Chemieparks und Stahlwerke stehen bei der Anwendung von grünem Wasserstoff im Zentrum, da Wasserstoff in vielen Prozessen nicht durch elektrischen Strom ersetzt werden kann, wie es bei der Heizung der Fall ist.
In der chemischen und petrochemischen Industrie spielt Wasserstoff in vielen Produktionsprozessen eine wichtige Rolle. Auch in der Lebensmittelindustrie wird er beispielsweise zur Fetthärtung eingesetzt.
Von Erdgas zu Wasserstoff: Ein umweltfreundlicher Wandel
Bisher wird der in der Industrie benötigte Wasserstoff meist aus Erdgas hergestellt. Bei der sogenannten Reformierung wird den fossilen Brennstoffen in einem mehrstufigen Prozess Wasserstoff entzogen. Für die Reformierung kann beispielsweise überhitzter Wasserdampf verwendet werden. Dieses Verfahren wird als Dampfreformierung bezeichnet.
Nebenprodukte sind Schwefeldioxid (SO2), Kohlenmonoxid (CO) und Stickoxide (NOx). Außerdem entstehen bei der Herstellung einer Tonne grauen Wasserstoffs aus Erdgas zehn Tonnen Kohlendioxid (CO2).
Wasserstoff als Schlüssel zur CO2-Reduktion
Wasserstoff ist besonders wichtig für die Industrie. Denn hier ist der Nutzen für das Klima besonders groß. So können zahlreiche industrielle Verbraucher mit klimafreundlichem Wasserstoff große Mengen CO2 einsparen.
Zudem gibt es eine Vielzahl von industriellen Prozessen, die nur durch den Einsatz von klimafreundlichem Wasserstoff nachhaltig und zukunftsfähig gestaltet werden können. Diese Prozesse finden sich primär in der Stahl- und Chemieindustrie.
EU-Förderungen für Wasserstoffprojekte
Beide Industrien werden daher im Rahmen von EU-Fördermaßnahmen bei der Umstellung auf Wasserstoff umfassend unterstützt. Zu den vom Bundesforschungsministerium geförderten Projekten im Bereich Stahl zählen etwa das Projekt Carbon2Chem, das Wasserstoff zur Gewinnung von Chemikalien aus Hüttenabgasen nutzt. Und BeWiSe, das untersucht, wie ein Stahlwerk im laufenden Betrieb auf Wasserstoff umgestellt werden kann.
Im Bereich Chemie fördert das Bundesforschungsministerium zudem das Kopernikus-Projekt P2X, das aus Strom und CO2 Spezialchemikalien und Kunststoffe herstellt, und CatLab, das besonders wichtige Katalysatoren für die chemische Industrie entwickelt.
Wasserstoff in der Lebensmittelindustrie: Eine vielseitige Anwendung
Bereits heute wird Wasserstoff mit der europäischen Zulassungsnummer E 949 in der Lebensmittelindustrie als Pack- und Treibgas eingesetzt.
Mit Wasserstoff lassen sich etwa flüssige Öle aus Sojabohnen, Fisch, Baumwollsaat und Mais hydrieren und so in halbflüssige, streichfähige Produkte umwandeln. Die sogenannte Fetthärtung erfolgt bei Temperaturen von 150–220 °C.
Nachhaltige Lebensmittelproduktion durch Wasserstoff
Die bekanntesten Produkte sind Margarine, Streichfette und Erdnussbutter. Bei den Streichfetten handelt es sich um Produkte wie Rama Original, das den meisten Verbrauchern noch als Margarine bekannt sein dürfte, inzwischen aber aufgrund eines höheren Wassergehalts nicht mehr als Margarine verkauft werden darf.
Teilgehärtete Fette werden weltweit in großen Mengen hergestellt und in der Lebensmittelverarbeitung in zahlreichen Prozessen für Trockenprodukte, Backwaren, als Rohstoff für Margarine sowie als Back- und Bratfette eingesetzt. Sie müssen in der Zutatenliste als ″gehärtet″ oder ″teilweise gehärtet″ aufgeführt werden.
Die Auswirkungen dieser Bestandteile vieler industriell hergestellter Lebensmittel auf die menschliche Gesundheit werden noch diskutiert. Vollgehärtete Fette enthalten im Gegensatz zu gehärteten Fetten ausschließlich gesättigte Fettsäuren, wie sie natürlicherweise in Nahrungsfetten vorkommen. Daher ist für gehärtete Fette keine besondere Kennzeichnung vorgeschrieben.
Der Zuckeraustauschstoff Xylit, oft auch als Birkenzucker bezeichnet, wird ebenfalls durch Hydrierung mit Wasserstoff gewonnen. Seine Herstellung erfolgt aus Xylose, die in ihrem Polysaccharid Xylan in vielen Pflanzen und Pflanzenresten wie Stroh, Maiskolben, Kokosnüssen und Sägemehl vorkommt. Xylan wird enzymatisch in Xylose gespalten, die dann in Xylit umgewandelt wird.
Grüner Wasserstoff: Eine Chance für die Lebensmittelindustrie
Im Bereich der Lebensmittelindustrie ist Wasserstoff jedoch nicht nur als Betriebsstoff von Interesse, sondern zunehmend auch als Verwertungsprodukt von sonst kaum verwertbaren Reststoffen, die bei der Lebensmittelproduktion anfallen. Dabei handelt es sich insbesondere um zucker- und stärkehaltige Kohlenstoffquellen, deren Entsorgung kostspielig wäre.
Aus diesen Reststoffen kann mithilfe der sogenannten dunklen Fermentation Wasserstoff gewonnen werden. Bei der Dunklen Fermentation produzieren wasserstoffproduzierende Bakterien unter Ausschluss von Sauerstoff und Licht den gewünschten Energieträger. Damit hat die Lebensmittelindustrie ausgezeichnete Voraussetzungen, den Energieträger und Rohstoff selbst herzustellen oder zumindest die Ausgangsstoffe dafür zu liefern.
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