Wie mit CO2-Speicherung die Energiewende untergraben wird
Mit der Energiewende wird Ausbau erneuerbarer Energien propagiert. Doch es gibt bereits Pläne, wie fossile Energieträger länger genutzt werden können. Das sollten Sie wissen.
Mit technischen Lösungen wie CCS, der unterirdischen Speicherung von Kohlendioxid, will man ein ″weiter so″ der fossilen Energiewirtschaft sichern. Dabei würde der CO₂-Ausstoß nicht reduziert, sondern das Kohlendioxid abgeschieden und unterirdisch gelagert. Das erinnert auf den ersten Blick an die Endlagerung der Reste der Atomwirtschaft.
Das soll in einem Land wie Deutschland geschehen, wo man nicht einmal ein Atommüllendlager vor dem Eindringen salzhaltigen Wassers schützen kann. Oder wo münsterländische Erdöllager auf Viehweiden als Erdölpfützen an die Oberfläche treten.
Offensichtlich spielt man schon seit Jahren mit dem Gedanken, den CO₂-Gehalt der Luft zu senken, um weiterhin mit der Verbrennung von Öl und Gas heizen zu können und mit Mineralölprodukten die konventionellen Benzin- und Dieselfahrzeuge zu betreiben, die für gut 18 Prozent des CO₂-Ausstoßes verantwortlich sind. Bei den Verbrennungsmotoren gilt die deutsche Automobilindustrie als weltweit führend und noch vor wenigen Jahren war jeder siebte Arbeitsplatz in Deutschland dieser Branche zuzuordnen.
Seit ein erheblicher Teil in steuerfreie Sonderwirtschaftszonen in Polen und Tschechien verlagert wurde und China zeitweise der größte Absatzmarkt für deutsche Automarken war, ist die überragende Bedeutung der Automobilwirtschaft für Deutschland offensichtlich Geschichte.
Die Energiewirtschaft hat den Umstieg auf Erneuerbare verschlafen
Gut vernetzt mit der Politik haben große Teile der Energiewirtschaft den Umstieg auf regenerative Erzeugung verschlafen oder schlicht verdrängt. Überzogene Abstandsregelungen für Windkraftanlagen wie in Bayern lieferten die passenden Argumente, dass erneuerbare Energien ein Irrweg seien.
Der Ausbau der Windenergie hinkt in Deutschland hinterher und die Branche steckt in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Die Windkraftsparte von Siemens schreibt Verluste. Und China ist dem Westen technisch weit voraus. Dort werden inzwischen Anlagen mit einer Einzelleistung von 16 Megawatt (MW) gebaut.
Fossile Kraftwerke, das sind hauptsächlich heimische Braunkohlekraftwerke und Steinkohlekraftwerke, die mit Importkohle befeuert werden, liefern immer noch einen Großteil des Stroms. Häufiges Niedrigwasser des Rheins führt dazu, dass mehr Kohle auf der Schiene transportiert werden muss und diese Kohlezüge Vorrang vor dem ICE haben.
Die knappen Kapazitäten für Schüttgüter bei den hiesigen Güterbahnen haben zudem dazu geführt, dass die Entschwefelung der Kraftwerke zurückgefahren werden konnte.
Über die Deutsche Energieagentur soll jetzt der Weg für CCS erneut geöffnet werden
Die Deutsche Energieagentur (Dena) spielt eine wichtige Rolle bei den CCS-Plänen in Deutschland. Die Dena wurde im Jahr 2000 als gemischtwirtschaftliches Unternehmen mit Bankenbeteiligung gegründet. Inzwischen ist das Unternehmen mit seinen knapp 500 Mitarbeitern vollständig in Bundesbesitz.
Mehr als 80 Prozent ihres Umsatzes erwirtschaftet sie mit Aufträgen des Bundes. Hauptgesellschafter ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), das auch Hauptauftraggeber ist. Die Dena als verlängerten Arm des BMWK zu bezeichnen, dürfte die Situation recht treffend beschreiben.
Die privatwirtschaftlich organisierte Dena schlägt nun vor, im Rahmen einer Carbon-Management-Strategie die in Deutschland bisher verbotene unterirdische Speicherung des klimaschädlichen Kohlendioxids zu erlauben. Es werden neue Grundsätze, Regeln, Definitionen und Gesetzesänderungen für den Umgang mit Technologien zur Abscheidung und Speicherung oder Nutzung von CO₂ in Deutschland vorgeschlagen.
CCS/CCU soll "einen wichtigen Beitrag zu einem klimaneutralen Deutschland leisten". Dabei wird argumentiert, dass Klimaneutralität Senken benötigt. Alle 1,5-Grad-kompatiblen Pfade des IPCC betonten die Notwendigkeit des massiven Einsatzes negativer Emissionen ab 2050, aber auch schon auf dem Weg dorthin.
"Nach der deutschen Treibhausgasneutralität müssen wir netto-negativ werden. Negative Emissionen durch Senken entstehen, wenn langfristig CO₂ aus der Atmosphäre entnommen wird", argumentierte schon ein Kurzgutachten der Dena aus dem Jahre 2021, als die CDU noch die Bundesregierung stellte.
Das dem Umweltministerium unterstellte Umweltbundesamt sieht die Potenziale von CCS deutlich kritischer:
Wissenschaftler gehen davon aus, dass durch die Abscheidung von CO2 bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe und einer anschließenden unterirdischen Speicherung 65 bis 80 Prozent des CO2 dauerhaft aus der Atmosphäre ferngehalten werden können. Ob die als Carbon Capture and Storage bezeichnete Technik dieses Versprechen halten kann, ist jedoch noch nicht geklärt und gegenwärtig Thema verschiedener Forschungs- und Pilotprojekte. Problematisch ist vor allem der enorme zusätzliche Energieaufwand für die Abscheidung, den Transport und die Speicherung. Der Einsatz der CCS-Technik erhöht den Verbrauch der begrenzt verfügbaren fossilen Rohstoffe um bis zu 40 Prozent.
Während die damalige Bundesregierung aufgrund der Proteste in der Bevölkerung vor CCS zurückschreckte und ein weitgehendes Verbot durchsetzte, tendiert der jetzige grüne Klimaminister Habeck dazu, CCS wieder in den Maßnahmenkatalog zum Klimaschutz aufzunehmen.
Ob die von der Dena geforderten schnellen Standorterkundungen auch umgesetzt werden können, erscheint vor dem Hintergrund der Ängste vor CCS in der Bevölkerung zumindest fraglich. Wenn jetzt wieder verstärkt Hoffnungen auf CCS gesetzt werden und die Freisetzung von Kohlendioxid nicht grundsätzlich reduziert wird, besteht die Gefahr, dass Deutschland seine Klimaziele dauerhaft nicht erreichen kann.