Wie sich Deutschland auf künftige Hitzewellen vorbereitet
Seite 2: Mit Tipps aus dem Netz den Hitze-Alltag besser bewältigen
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Im Netz mangelt es nicht an guten Ratschlägen, wie Menschen in ihren Wohnungen mit Hitze umgehen sollen. Neuerdings kommen immer mehr Online-Portale hinzu – mit Erklärvideos und Info-Broschüren rund um das Thema Hitze und Schutzmaßnahmen. So schaltete die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ein Portal mit Tipps, die helfen sollen, den Hitze-Alltag besser zu bewältigen.
Im Rahmen des Pilotprojektes Aktionsbündnis Hitzeschutz Berlin entwickelten Bündnispartner Musterhitzeschutzpläne, die bei einer starken anhaltenden Hitzewelle Krankheiten vorbeugen und Versorgungsketten sichern sollen. Es soll vorwiegend Krankenhäusern, ambulante Praxen sowie stationäre und ambulante Pflege als Orientierungshilfe dienen.
Im Aktionsbündnis Hitzeschutz Berlin arbeiten Ärzte, Pflege, Katastrophenschutz, Rettungsdienste und der Öffentliche Gesundheitsdienst zusammen. Es wurde im März 2022 zum Schutz von gefährdeten Bevölkerungsgruppen auf Initiative der Ärztekammer Berlin, der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege und KLUG – Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit e. V. ins Leben gerufen.
Das Bündnis erarbeitete bereits im Frühjahr 2022 Musterhitzeschutzpläne für Berliner Gesundheitseinrichtungen und Bezirke. Bisher spielten Gesundheitsakteure keine zentrale Rolle in der Erstellung und Umsetzung von Hitzeschutzplänen. Das Bündnis spiele daher eine Vorreiterrolle, heißt es auf der Seite.
Zudem wurde von der LMU München eine vom Bundesgesundheitsministerium für Gesundheit (BMG) geförderte Website freigeschaltet, mit praxisnahen Tipps für Hitzeaktionspläne für Städte und Kommunen. Unter anderem wird erklärt, wie Notfallpläne in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen aussehen können, wie man Gebäude vor Wärme schützt, warum es sinnvoll ist, Trinkwasser im öffentlichen Raum bereitzustellen u. v. m.
Heiße Tage sind besonders gefährlich für Obdachlose
Was machen Obdachlose, die keine Wohnung mit Klimaanlage und Kühlschrank haben, nicht mal Zugang zu kaltem Trinkwasser? Gerade sie leiden im Sommer besonders unter Sonnenstich oder Dehydrierung. Oft bleibt ihnen nichts anderes übrig, als sich selbst zu helfen. Sie geben sich untereinander Tipps, wo es öffentliche Brunnen oder entsprechende Einrichtung gibt. Manche bemerken auch gar nicht, wenn sie stundenlang in der prallen Sonne liegen und zu wenig trinken.
In einigen Kommunen tut sich etwas – etwa in Nürnberg. Hier wurde die Zahl der Obdachlosen im August 2022 im Stadtgebiet auf rund 2.300 geschätzt, Tendenz steigend. Die Planungen und Konzepte bei starker Hitze für obdachlose Personen orientieren sich aktuell primär am winterlichen Kälteschutz, erklärte die Stadt Nürnberg auf Nachfrage von t-online.
Entsprechende Einrichtungen und Unterkünfte stehen ganzjährig zur Verfügung – also bei extremer Hitze. Diese ließen sich bei Bedarf auch erweitern. Die Betroffenen erhielten die Informationen und Hilfsangebote über Streetworker, Unterkünfte, Kirchen, Polizei oder Rettungsdienste. Auch über Homepage oder Flyer können sie sich niederschwellig informieren. Trinkwasser und alkoholfreie Getränke erhalten obdachlose Menschen in allen Einrichtungen. Zusätzlich gibt es in der Stadt fünfzehn öffentliche Trinkwasserbrunnen an verschiedenen Stellen.
In Frankfurt am Main und Wiesbaden werden Obdachlose in den Teestuben außer Duschen und Essen auch Trinkwasser angeboten. Ferner gibt es viele weitere Ideen: Die Deutsche Bahn könnte an heißen Tagen Obdachlose in den eher kühlen Bahnhöfen dulden. Im Frankfurter Hauptbahnhof könnten sie sich in der kühle unterirdische B-Ebene aufhalten. Auch Restaurants könnten Menschen kostenfrei Wasser zur Verfügung stellen, fordert Stefan Gillich von der Diakonie Hessen gegenüber dem HR.
Auch Container, in denen Flüchtlinge untergebracht sind, können sich bis zu 35 Grad Celsius aufheizen, so etwa in Berlin, wie der Tagesspiegel berichtet. Nun soll jede Unterkunft Kälteräume mit Klimaanlagen bekommen.
Kirchen als Kälteräume nutzen
Auch Kirchen sollten während anhaltender Hitze als Kälteräume tagsüber offen sein und Schutz bieten, twitterte Karl Lauterbach vor wenigen Tagen aus einer Basilika in Siena in der Toskana. Dieser sei ein wunderschöner mittelalterlicher Bau, aber auch als Kälteraum nutzbar.
Damit rennt er bei der Kirche offene Türen ein: In den Kirchen seien alle herzlich willkommen, zum Gebet, zur Andacht, aber auch zum Schutz vor Hitze, bestätigte ein Sprecher der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Die Kirchen sollten nach Möglichkeit immer allen Menschen offen stehen, hieß es auch vom Erzbistum Köln, das die Initiative der offenen Kirchen unterstützt. Das sei im Winter ebenso wichtig wie im Sommer.
Dass es in den Gotteshäusern angenehm kühl ist, wenn draußen die Hitze brütet, dürfte Kirchgängern und Touristen bereits aufgefallen sein, lange bevor Lauterbach seinen Kirchenbesuch twitterte.
Neu wäre die sich wandelnde Bedeutung der Kirche, die sich hier andeutet: Während Jahr für Jahr immer mehr Mitglieder austreten und gleichzeitig die Hitzeperioden immer intensiver werden, bieten die uralten Gemäuer natürliche Kühlung für Hunderte Menschen – ohne jeden technischen Aufwand und auch noch dann, wenn sich die traditionelle Amtskirche in ihrer jetzigen Form aufgelöst haben wird. Möglich, dass sich die Bewohner des christlichen Abendlandes den Erbauern sakraler Gebäude einmal mehr als dankbar erweisen.