Wie sich Deutschland auf künftige Hitzewellen vorbereitet

Schutzpläne sollen Menschen in Hitzeperioden helfen. Online-Portale geben Tipps für den Alltag. Wer davon bisher nicht profitiert und warum Kirchen ein Revival erleben könnten.

Hitze wird hierzulande immer mehr zum Gesundheitsrisiko. Dennoch verfügten bislang nur wenige Kommunen und Einrichtungen geeignete Hitzeschutzpläne. Ende Juni nun stellte Karl Lauterbach einen nationalen Hitzeschutzplan vor.

Ziel ist es insbesondere Ältere, Vorerkrankte, Schwangere und Kinder frühzeitig vor Hitzewellen zu warnen. Die Länder sollen prüfen, ob sie die Warnstufen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) an Maßnahmen in Krankenhäusern oder anderen sozialen Einrichtungen koppeln.

Damit die Menschen rechtzeitig informiert sind, sollen Warnungen vor extremen Temperaturen über Radio, Fernsehen und SMS-Botschaften verbreitet werden. Nach französischem Vorbild sollen unterschiedliche Schweregrade einer Hitzewelle festgelegt und je nach Temperatur nach konkreten Maßnahmen gestaffelt werden: Von Kälteräumen über Hitzeaktionsplänen für Pflegeeinrichtungen und Kliniken bis hin zur Aufforderung an alte Menschen, regelmäßig zu trinken.

Für die Umsetzung der Pläne sind Länder und Kommunen verantwortlich. Ferner will das Robert Koch-Institut den Zeitraum zwischen Juni und September 2023 statistisch auswerten und die Ergebnisse in einem wöchentlichen Bericht veröffentlichen.

Mit seinen Hitzeschutzplänen reagiert Lauterbach auf Forderungen aus der Ärzteschaft und Pflege sowie der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG), die im Juni mit einem Hitzeaktionstag auf die mangelnden Vorkehrungen in Deutschland aufmerksam machte.

Auch Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, forderte, den gesundheitlichen Hitzeschutz gesetzlich zu verankern und in die Planungen des Gesundheitswesens einzubeziehen.

Rasches Handeln beim Hitzeschutz sei wichtig, weil die Zahl der Hitzetoten wegen der Klimaerwärmung zunehme, erklärt Lauterbach. Allein im vergangenen Jahr starben schätzungsweise 4.500 Menschen während der großen Hitzewelle. Im extrem heißen Sommer 2018 registrierte das Robert Koch-Institut sogar 8.700 hitzebedingte Sterbefälle. Besonders gefährdet sind Kinder, alte Menschen und chronisch Kranke.

Deutschland hinkt beim Hitzeschutz hinterher

Außer Zustimmung gab es auch Kritik zu Lauterbachs Hitzeschutzplänen. Der angekündigte Aktionsplan komme "deutlich zu spät", kritisierte etwa VdK-Präsidentin Verena Bentele. Nun müssten so schnell wie möglich Taten folgen. Jede Verzögerung gehe auf Kosten Betroffenen. Konkret fordert der VdK die Installation von Klimaanlagen in Einrichtungen für Senioren und Kinder. Dabei sollten allerdings klimafreundliche Varianten gewählt werden, um den Klimawandel nicht zusätzlich zu verstärken.

In den Städten brauche es dringend gekühlte Räume, in denen sich vor allem Senioren tagsüber abkühlen und vor Hitze schützen könnten.

Klaus Holetschek begrüßte zwar die längst überfälligen Pläne, allerdings müsse man hier auch die Länder einbinden, forderte der bayerische Gesundheitsminister. Auch seien die Hitzeaktionspläne nur dann effizient, wenn sie auf die Situation vor Ort angepasst sind, so der CSU-Politiker.

Eugen Brysch zu Folge braucht es "milliardenschwere Investitionen des Bundes und der Länder". Andernfalls seien Absichtserklärungen, Aktionsbündnisse und Papiere nicht viel wert, glaubt der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz. In drei Jahren müsse der Hitzeschutz für die Bestandsbauten der 1.900 Krankenhäuser und 12.000 Pflegeheime stehen.

Auch dürften Neubauten ohne Temperaturbegrenzung auf maximal 25 Grad in jedem Bewohnerzimmer nicht mehr in Betrieb gehen. Entsprechende Maßnahmen brauche es auch in Kitas, Schulen und Unternehmen, ergänzt Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer. Diese müssten baurechtlich verankert werden. Ohne konkrete finanzielle Zusagen weiter auf Zeit zu spielen, damit nehme man das Leiden und Sterben der pflegebedürftigen und kranken Menschen in Kauf.