Wie sich Markus Lanz in der Debatte um die Letzte Generation blamierte

Seite 3: Klimaschutz braucht direkte Demokratie

Es ist allerdings zu befürchten, dass die Zeit für einen gesellschaftlichen Ratschlag zur Lösung des Klimaproblems nicht mehr ausreicht. Die Ampel-Koalition, die im Hinblick auf Klimaschutz faktisch von der FDP als kleinster Koalitionspartei geführt wird, ist ohnehin dabei, die Lösung des Klimaproblems demnächst im Wesentlichen den Marktkräften zu überlassen.

In der Koalition dominiert offenbar der Glaube, der Emissionshandel werde die CO2-Preise in die Höhe treiben und so Industrie, AutofahrerInnen und auch Haushalte von selbst zu klimafreundlichem Verhalten bewegen. Dabei ermöglicht der Emissionshandel den Reichen, sich mit Geld aus der Affäre zu ziehen, indem sie trotz steigender Benzinpreise weiterhin ihre dicken Autos fahren und um die Welt fliegen.

Es ist zudem ungemein umstritten, ob der Emissionshandel überhaupt geeignet ist, die Wirtschaft mit ihrem gigantischen Verbrauch fossiler Energieträger in den wenigen verbleibenden Jahren zu dekarbonisieren.

Die Menschheit hat keine Zeit mehr für neue ideologisch motivierte Experimente. Die Ampelkoalition kämpft derzeit mit enormem Aufwand und Zeitverlust, wie das zur Abstimmung stehende Wärmegesetz zeigt, nur um einzelne technologische Maßnahmen, ohne zu wissen, ob diese überhaupt zielführend sind.

Sträflich ist, durch den oft ideologisch geprägten Streit um Einzellösungen weitere Jahre unwiederbringlich zu verlieren und das Schicksal der Menschheit in einer unbestreitbar existentiellen Frage einem Marktinstrument wie dem Emissionshandel, also letztlich vor allem den Marktkräften, anzuvertrauen.

Wäre es aber nicht umgekehrt logischer und vernünftiger, zunächst den Ausstieg aus dem fossilen Energiepfad politisch festzuschreiben und erst dann nach geeigneten technischen und politischen Wegen zu seiner Umsetzung zu suchen?

Denn nur so kann verhindert werden, dass im Dauerstreit um die besten technologischen Lösungen, der auch nach dem Wärmegesetz wieder aufflammen dürfte, das eigentliche Ausstiegsziel gänzlich auf der Strecke bleibt.

Im Grunde besteht in der Wissenschaft und inzwischen auch in der Politik – mit Ausnahme des harten Kerns der AfD, der das Klimaproblem kategorisch leugnet – weitgehend Einigkeit darüber, dass der Verbrauch fossiler Energieträger bis 2030 auf 50 Prozent und bis 2050 auf 100 Prozent des globalen Verbrauchs von 1990 reduziert werden muss, um den durchschnittlichen Temperaturanstieg an der Erdoberfläche unter 1,5 bzw. maximal zwei Grad Celsius zu halten und damit die großen Klimakatastrophen gerade noch zu verhindern.

So gesehen liegt es eigentlich auf der Hand, dass dieses Szenario auch in der Gesellschaft eine überwältigende Mehrheit findet. Was spricht also dagegen, genau dieses Ausstiegsszenario in einem Referendum zur Abstimmung zu stellen und gleichzeitig die Politik zu verpflichten, erstens das allgemein akzeptierte Ausstiegsziel durch eine sukzessive Reduktion des Angebots an fossilen Energieträgern zu erreichen und zweitens technisch geeignete und sozial ausgewogene Maßnahmen und Schritte zu wählen.

Es gibt kein sichereres Verfahren, den Ausstieg für alle und ohne Ausnahme gezielt und systematisch gerade durch die Verknappung des Angebots an Öl, Gas und Kohle zu erzwingen. Natürlich stehen Deutschland und im größeren Zusammenhang die Weltgemeinschaft vor dem größten ordnungspolitischen Projekt der Menschheitsgeschichte.

Der Klimawandel ist zugleich die größte ökologische Herausforderung der Menschheit. Im Gegensatz zum Emissionshandel lässt die systematische Verknappung des Angebots systembedingt keiner Verbrauchergruppe die Möglichkeit, sich trickreich dem Ausstiegsprozess zu entziehen.

Ein solcher Volksentscheid mit einer solch einfachen Zielformulierung bildet dann die absolute Legitimation für den Rahmen der zukünftigen Klimaschutzpolitik, um dessen praktische Umsetzung dann die politischen Parteien wetteifern müssten. Die Parteien und vor allem die beiden Bewegungen Fridays for Future und Letzte Generation sind aufgefordert, diesen Vorschlag für einen Volksentscheid auf ihre Agenda zu setzen.

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