Wie sicher sind die zugelassenen Covid-19-Impfstoffe?

Seite 3: Frühzeitige Diagnose des Thrombozytopenie-Syndroms entscheidend

TTS ist eine schwerwiegende Nebenwirkung, die in einigen Fällen tödlich verlief (siehe unten). Daher sind die frühzeitige Diagnose und Behandlung wichtig. Entsprechende Informationen werden auf der Internetseite des PEI zur Verfügung gestellt.

Medizinisches Fachpersonal sollte daher auf erste Anzeichen und Symptome einer Thrombose und/oder Thrombozytopenie als Hinweis auf eine TTS achten. Die Geimpften sollten informiert werden, sofort eine Ärztin bzw. einen Arzt aufzusuchen, wenn sie wenige Tage nach der Impfung Symptome wie Kurzatmigkeit, Brustschmerzen, Beinschwellungen, Schmerzen im Bein oder anhaltende Bauchschmerzen, Übelkeit oder Erbrechen entwickeln.

Außerdem sollten alle Personen, die nach der Impfung neurologische Symptome wie starke oder anhaltende Kopfschmerzen, verschwommenes Sehen, Krampfanfälle aufweisen oder bei denen nach einigen Tagen auf der Haut Blutergüsse (Petechien) außerhalb der Injektionsstelle der Impfung auftreten, umgehend eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen. Im Kontext der Impfung mit Vaxzevria werden Fälle einer ITP/ Thrombozytopenie berichtet, ohne dass Thrombosen festgestellt wurden.

Thrombozytopenie sei als Nebenwirkung in der Produktinformation genannt, heißt es im Sicherheitsbericht, und es wird empfohlen, dass Personen, bei denen innerhalb von drei Wochen nach der Impfung mit Vaxzevria eine Thrombozytopenie diagnostiziert wird, aktiv auf Anzeichen einer Thrombose untersucht werden sollten. Ebenso sollten Personen, bei denen nach der Impfung eine Thrombose auftritt, unverzüglich auf eine Thrombozytopenie untersucht werden.

Wichtig ist, dass auch bei Patientinnen und Patienten mit Thrombose und normalen Thrombozytenzahlen oder Patientinnen und Patienten mit Thrombozytopenie ohne nachweisbare Thrombose nach Impfung ein frühes Stadium des TTS vorliegen kann. Daher sind wiederholte Untersuchungen auf TTS unter Umständen erforderlich.

TTS erfordert ein spezialisiertes klinisches Management. Eine leitliniengerechte Standardtherapie gibt es bislang nicht. In jedem Fall sollten Spezialisten (z. B. Hämatologen, Gerinnungsspezialisten) konsultiert werden. Verschiedenste Fachgesellschaften haben Empfehlungen zur Behandlung und Therapie des neuen Syndroms publiziert, darunter die Gesellschaft für Thrombose- und Hämostase (GTH), die britische Gesellschaft für Hämatologie sowie die US-amerikanische Gesellschaft für Hämatologie.

Ähnliche Fälle eines TTS wie nach Vaxzevria wurden auch in den USA nach Impfung mit dem Covid-19-Impfstoff Janssen berichtet, bei dem es sich ja ebenfalls um einen Adenovirus-Vektorimpfstoff handelt. Daher wurde ein Warnhinweis auf TTS auch als mögliche Nebenwirkung für diesen Impfstoff in die Fach- und Gebrauchsinformation aufgenommen.

Definition der TTS-Fälle

Nachdem erste TTS-Fälle aus Deutschland, Norwegen, Dänemark und Großbritannien nach Vaxzevria publiziert wurden, hat die Brighton Collaboration eine vorläufige Falldefinition dieses neuen Syndroms veröffentlicht, die insbesondere für die Anwendung in epidemiologischen Studien gedacht ist.

Danach ist TTS definiert als Auftreten einer venösen oder arteriellen Thrombose und dem Auftreten einer Thrombozytopenie (Thrombozytenzahl kleiner als 150 G/L).

Voraussetzung ist, dass eine vorhergehende Heparin-Exposition ausgeschlossen werden kann. Im Vergleich dazu haben verschiedene Fachgesellschaften zusätzlich den Nachweis von PF4-Antikörpern mittels geeignetem ELISA-Test gefordert.

Bei einer TTS nach Vaxzevria handelt es sich um eine sehr seltene Nebenwirkung. Die Melderate in Deutschland für TTS variierte je nach Altersgruppe und Geschlecht zwischen 0,2 - 2,2 auf 100.000 Impfdosen (Auswertung Meldungen und Impfquoten bis 11.4.2021). 67 Prozent der Meldungen eines TTS bezogen sich auf Hirnvenenthrombosen mit Thrombozytopenie.

Im Sicherheitsbericht wird darauf hingewiesen, dass selbst bei so schwerwiegenden Nebenwirkungen wie TTS eine Dunkelzifferrate anzunehmen ist, was zu einer Unterschätzung des Risikos führen würde. In einer dänisch-norwegischen populationsbasierten Registerstudie wurden erhöhte Raten für venöse Thromboembolien innerhalb von 28 Tagen nach der Impfung mit Vaxzevria bei geimpften Personen (80,1 Prozent und 77,6 Prozent Geimpfte waren Frauen in Dänemark bzw. Norwegen) im Alter von 18 bis 65 Jahren festgestellt. Insgesamt wurden elf zusätzliche Thrombosen pro 100.000 Impfungen gefunden, dies beinhaltete 2,5 zusätzliche Sinusvenenthrombosen pro 1.000.000 Impfdosen Vaxzevria.

Die sehr seltene, gleichwohl schwerwiegende Nebenwirkung eines TTS ist dabei stets im Kontext des nachgewiesenen Nutzens der Impfung, nämlich Schutz vor schweren und tödlichen Covid-19-Erkrankungen, zu sehen, betont der Sicherheitsbericht. Wie in einer Analyse der EMA gezeigt wurde, steigt der individuelle Nutzen der Impfung mit steigendem Alter und steigenden Infektionszahlen. Unabhängig vom gewählten Szenario der Viruszirkulation (niedrig, mittel, hoch) profitieren danach insbesondere Personen, die 60 Jahre und älter sind, von der Impfung.

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