Wie tief misstraut Olaf Scholz der Ukraine?

Bild (Februar 2022): President.gov.ua / CC BY 4.0

Mediensplitter (39): Korruption, schlechte Manieren, Verrat: "Hart aber Fair" zu Selbstzweifel der deutschen Ukraine-Politik, die Lage der Ampel – und die Furcht vor der Zukunft.

"Ich spüre ein gewisses Misstrauen von Olaf Scholz den Ukrainern gegenüber." Es war eine interessante Erklärung für Olaf Scholz' Ukraine-Politik, die der politische Journalist Stefan Lamby in der ARD-Sendung "Hart aber fair" zum Besten gab, und die man nicht sofort in den Wind schlagen sollte, auch wenn sie subjektiv-persönlich und gefühlspolitisch begründet ist.

Auf die gewohnt tendenziösen Fragen des wieder mal von seiner Aufgabe überforderten Moderators Luis Klamroth – "Ist Olaf Scholz hier immer noch besonnen oder ist es schon unterlassene Hilfeleistung?" – antwortete Lamby in ruhigen Erklärungen: "Zum einen geht es um die Abstimmung mit den Partnern; die ist zwingend notwendig."

Auf der anderen Seite gebe es auf Scholz' Seite deutliches Misstrauen gegen die Ukraine. "Olaf Scholz hält Selenskyj auf Distanz. Dafür gibt es möglicherweise Gründe."

Diese Gründe seien zum einen die Sabotageaktion der Ostsee-Pipelines, deren Urheberschaft ganz offensichtlich in die Ukraine führt. Daneben gebe es die große Korruption in der Ukraine und die Druck-Diplomatie der Ukraine, die immer neue, immer schwerere Waffen fordert. Man könne sich hier auf die Ukraine nicht verlassen, argumentierte Lamby:

Natürlich hat der Kanzler einen Grund, sich zu überlegen: 'Was machen die mit den Taurus-Waffen? Halten die sich an die Absprache? Um diese Fragen geht es jetzt: Halten sie sich an die Absprache, dass sie nicht auf russisches Staatsterritorium gelenkt werden sollen? Das sind keine kleinen Fragen.

Verwahrlosung der Debatte

Anlass der Sendung war die zuvor ausgestrahlte Dokumentation "Der Ernstfall. Regieren am Limit" von Stephan Lamby. Im Grunde handelte es sich also bei der "Hart aber fair"-Ausgabe um eine Art Werbetrailer der ARD für ein ARD-eigenes Angebot, das in verlängerter Dreiteiler-Form exklusiv in der ARD-Mediathek angesehen werden kann.

"Schwierige Halbzeitbilanz. Verliert sich die Ampel im Dauerstreit?", lautete der Sendungstitel reißerisch. Sie wurde dann auch recht hysterisch von Moderator Louis Klamroth anmoderiert, als dieser dann gleich fragte: "Ist die Ampel also schon jetzt am Ende?"

Genau diese Art der Berichterstattung, dies zeigte sich mehrfach in der Sendung, ist es, die nicht etwa die Ampel an ihr Ende bringt, die aber die Politik und den politischen Diskurs in Deutschland zerstört.

Zweites auch schockierendes Beispiel dafür ist natürlich die Berichterstattung der Bild-Zeitung über das Heizungsgesetz. Das Revolverblatt setzte nicht nur die sprachlichen Zeichen und bestimmte Rhetorik – "Habecks Heizungshammer"; "Habeck will Öl- und Gas-Heizungen verbieten" –, sondern auch die anschließende Kampagne, die sich gegen die Demokratie selbst richtet:

"Eine Stromzuteilung wie in einer Diktatur".

Deutschland muss sich aus der sehr engen Bindung an die USA lösen

Die Ausgabe der Sendung selbst war dann verhältnismäßig relaxt und abgewogen. Denn Ernstfall ist eigentlich immer. Regieren am Limit ist eigentlich auch immer. Insofern könnte man sagen, dass die Fernsehdokumentation nichts Neues enthält.

Interessant waren die Ausführungen zur Außenpolitik. Längst ist klar, dass in den außenpolitischen Diskurs wieder die Grautöne einziehen: Für seine China-Reise wird der Kanzler gelobt. "Der größte außenpolitische Erfolg von Olaf Scholz." Es sei richtig gewesen, sich über die Kritik daran hinwegzusetzen.

Und die Ukraine ist längst nicht mehr der Musterknabe und das "Bollwerk des Westens".

Schließlich die Furcht vor der Zukunft: "Die Kombination aus Trump und Putin möchte ich mir nicht vorstellen – was das für Europa bedeutet und für Deutschland", sagte Lamby.

Er wünsche sich hier neue Konzepte: "Dass sich Deutschland auch innerhalb der EU anders ausstellt und sich aus der sehr engen Bindung an die USA ein bisschen löst."