Wilders Website für Anti-Islam-Film offline

Der US-amerikanische Provider hat auf Beschwerden reagiert, daher bleibt der als Provokation gedachte Film des Rechtspopulisten vorerst weiter ein mediales und politisches Phantom

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Der niederländische Politiker Geert Wilders, der sich mit der von ihm gegründeten Freiheitspartei dem Kampf gegen den Islam verschrieben hat, kündigt seit einiger Zeit an, mit einem zehn- bis fünfzehnminütigen Film gegen den Koran Furore zu machen, was ihm auch im Vorfeld bereits gelungen ist (Eine unbequeme Wahrheit?). Nachdem niederländische Fernsehsender sich weigerten, den Film zu senden, und der rechtspopulistische Politiker ein Verbot in den Niederlanden fürchtet, wollte er die Premiere seines Films Fitna Ende März im Internet stattfinden lassen.

Der US-amerikanische Provider Network Solutions, bei dem Wilders bereits die Webseite Fitna eingerichtet hatte, sperrte diese aber am Samstag. Er teilte mit, es sei eine Reihe von Beschwerden eingegangen, dass der Film gegen die Nutzungsregeln verstoßen könne, die beispielsweise "anstößige" Inhalte oder Hasspropaganda verbieten. Dies wolle man nun überprüfen. Wilders sucht nun nach anderen Wegen, den Film über das Internet zu verbreiten. Zur Not, so sagte er, werde er ihn auch über DVDs unter die Leute bringen.

Die Webseite war karg gehalten. Markant war das "Coming Soon", das sich als werbewirksam erwiesen hat.

Nett zu verfolgen, wie eine deutsche Anti-Islam-Webseite, die auf dieselbe verquere Weise Schutz von Freiheit mit Kulturchauvinismus, Vorurteilen und Fremdenfeindlichkeit vermengt, Verschwörungstheorien zusammen braut. Da wird dann Network Solution zu einer "Hisbollah-freundlichen Firma", die wohl Befehle von der Hisbollah annimmt, um eine "islamfreundliche Internetzensur" ins Werk zu setzen. Für die verblendeten Islam-Hasser scheint es in der Welt nur noch Schwarz und Weiß zu geben. Ähnlich wie einst die Nazis die Juden für alles Schlechte verantwortlich machten, werden von islamophoben Zeitgenossen wie Wilders und Co. Muslime zu Sündenböcken. Um die Psyche der islamophoben Gutmenschen zu studieren, ist eine Lektüre der Kommentare nicht uninteressant. Einer bringt sogar eine These auf, die wahrscheinlich viel zu intelligent für die Hass-Ideologen ist, aber tatsächlich eine geschickte Strategie wäre, um die Verblendung auf beiden Seiten aufzudecken:

Ich denke, dass der wahre Grund für die Verzögerung der Veröffentlichung des Filmes folgender sein könnte: Es gibt gar keinen Koran-Film. Aber Wilders wird die hysterischen Reaktionen aus der westlichen Gesellschaft und Politik dokumentieren. Er wird damit aufzeigen, wie erschreckend weit sich die westliche Welt schon ergeben und erniedrigt hat vor dem Islam und seinen drohenden Vertretern.

Das wäre ein viel wichtigerer Film als ein Film über den Koran, bei dem wir ja eh schon wissen, was da drinsteht.

Der extreme Islam-Gegner Wilders, der die großen Auftritte und die damit verbundene Aufmerksamkeit schätzt, will provozieren und den Koran sowie die weitere Einwanderung von Muslimen verbieten. Der Islam gilt ihm als faschistische Ideologie, mit seinem Film will er die "letzte Warnung" vor dem Islam aussprechen. Man darf vermuten, dass er mit seinem Film eine ähnliche Empörungswelle lostreten will, wie dies bei den dänischen Mohammed-Karikaturen geschehen ist. Theo van Gogh wurde von einem jungen Islamisten wegen seines Films "Submission" 2004 umgebracht. Auch das mag bei Wilders Inszenierungsstrategie eine Rolle spielen.

Der islamische Sender NMO, bei dem auch Ayaan Hirsi Ali und Theo van Gogh zu Gast waren, hatte Wilders angeboten, den Film zu senden. Wilders lehnte dies jedoch ab, weil der Sender erst einmal den Film sehen wollte, um zu prüfen, ob er nicht gegen niederländische Gesetze verstößt. Das hätte wohl die Intention des Films verbogen, noch eher dürfte aber Wilders davor zurückgeschreckt sein, den Inhalt des Phantomfilms aufzudecken. Vermutlich lebt die Aufregung vor allem von der Vorahnung, was Wilders gut ausbeutet. Natürlich wäre es am besten, den Film zu zeigen, wenn er denn existiert. Vermutlich würde er sich selbst am besten entlarven, auch wenn er den Islamhassern und den Islam-Extremisten gleichermaßen dienen könnte. Vermutlich ist, was Aufklärung anbelangt, auf beiden Seiten Hopfen und Malz verloren.

Mehrere muslimische Staaten haben bereits Proteste angemeldet, in Kabul gingen am Freitag mehrere Tausend Menschen auf die Straße, um gegen den Film, dessen Inhalt noch niemand kennt, zu demonstrieren. Am Samstag fand auch in Amsterdam eine Kundgebung gegen Wilders statt, an der allerdings nur 1300 Menschen teilgenommen haben. Die niederländische Regierung hat die Veröffentlichung des Films als unverantwortlich bezeichnet und auf die Gefahren für niederländische Soldaten, Firmen und Bürger im Ausland hingewiesen. Auch in der Nato gibt es Befürchtungen.

Wilders hatte den niederländischen Regierungschef Jan Peter Balkenende als Feigling bezeichnet, weil sich dieser gegen die Veröffentlichung des Films ausgesprochen und sich damit auf die Seite der Taliban geschlagen habe, während er bei einem Besuch in Dänemark in der letzten Woche den dänischen Regierungschef Anders Fogh Rasmussen für dessen "tapfere Verteidigung" der Meinungsfreiheit lobte. Das scheint Rasmussen aber nicht geschmeckt zu haben, der sich von Wilders Äußerungen in einem Interview in Jyllands Posten prompt distanzierte und dessen Ansichten als "unglaublich beleidigend" bezeichnete.