"Wir in Deutschland sind in einer glücklichen Lage"

Bild: NIAID/CC BY-4.0

Interview mit dem Lungen-Spezialisten und Intensivmediziner Dr. Gregor Zimmermann (Klinikum rechts der Isar) über den dramatischen Klinik-Alltag diese Woche, die Corona-Forschung und Verschwörungstheorien

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Die Zahlen in Gesamt-Europa steigen dramatisch an. Das Berchtesgadener Land ist nicht weit vom schönen München entfernt ... Wie ist die Situation im Moment vor Ort bei Ihnen auf Station?
Gregor Zimmermann: Bei uns im Hause werden derzeit etwa 15 Patienten behandelt. Einige sind so schwer erkrankt, dass sie stationär behandelt werden müssen, einige sind lebensbedrohlich erkrankt und werden intensivmedizinisch betreut. Zusätzlich kommen Patienten über die Notaufnahme, bei denen COVID-19 diagnostiziert wird, die aber bei geringer Symptomatik in die häusliche Quarantäne entlassen werden können. Im Vergleich zu den letzten Wochen hat sich die Anzahl an Patienten mit COVID-19 sowohl stationär als auch ambulant deutlich vermehrt. Aufgrund der steigenden Infektionszahlen erwarten wir einen weiteren Anstieg. Insgesamt sind wir jedoch gut vorbereitet und haben noch keine Kapazitätsprobleme.
Wie ist die Stimmung bei Ihnen und im Team nach den letzten Monaten? Waren diese Monate anstrengend?
Gregor Zimmermann: Die Stimmung im Team ist gut und professionell. Wir sind einiges gewohnt und haben in den letzten Monaten als Team viel erreicht und darauf sind wir auch stolz. Selbstverständlich waren die letzten Monate anstrengend. Schließlich hat die Corona-Situation vieles abverlangt, beruflich und auch im privaten Umfeld. Aber da stehen wir sicher nicht alleine da.

"Wir haben junge Patienten ohne Risikokonstellation mit einem dramatischen Verlauf"

Ist die Personalsituation ausreichend? Muss die Politik bessere Ausstattung gewährleisten?
Gregor Zimmermann: Die Personalsituation ist seitens der Pflege auf den Intensivstationen und Normalstationen derzeit ausreichend, da viele Kräfte mobilisiert werden konnten. Generell haben wir, wie nahezu jedes Krankenhaus in Deutschland, einen Mangel an Pflegekräften in einigen Bereichen, der jetzt nur durch sorgfältige Planung kompensiert ist. Aber auf mittlere und lange Sicht wird in Deutschland ein Mangel an kompetenten Mitarbeiter*innen in den Pflegeberufen spürbar werden und davon werden wir, wie alle anderen Krankenhäuser, auch betroffen sein. Seitens der Ausstattung sind wir gut aufgestellt und ein Mangel an Materialien oder Beatmungsmaschinen, wie vielerorts zu Beginn der Pandemie befürchtet wurde, ist zum jetzigen Zeitpunkt sehr unwahrscheinlich.
Bundeskanzlerin Merkel warnte vor bis zu 20.000 Infizierten täglich bis Dezember in Deutschland. Wären Sie darauf vorbereitet im Klinikum?
Gregor Zimmermann:: Zum jetzigen Zeitpunkt sehe ich das Klinikum rechts der Isar sehr gut vorbereitet. Darauf haben alle Beteiligten in der letzten Zeit konsequent hingearbeitet. Es kommt natürlich darauf an, wie krank eine hohe Anzahl von Infizierten ist. Wenn sich viele Personen infizieren, die jung sind und nur ein geringes Risiko haben, dann werden nicht so viele Patienten stationär behandelt werden müssen. Wenn sich jedoch viele ältere Patienten oder Patienten mit erhöhtem Risiko infizieren, werden wir viele Patienten stationär versorgen müssen. Aber auch bei dieser groben Regel muss erwähnt werden: Wir haben auch sehr schwere Fälle von Patienten gesehen, die jung und ohne Risiko waren und dennoch einen sehr schweren Verlauf hatten.
Wie sehen Sie als Lungenarzt die diversen Statistiken? Dank genauerer Evaluationen und Anamnesen kann man ja nun im Gegensatz zum Frühjahr Risikogruppen noch genauer benennen oder täuscht der Eindruck?
Gregor Zimmermann: Natürlich gibt eine Vielzahl an Statistiken, die jetzt unter der Erfahrung der letzten Monate, sich bewahrheitet haben oder widerlegt werden konnten. Man kann feststellen, dass das Risiko auf einen schweren Verlauf bei älteren Patienten höher ist, gleiches gilt für Patienten mit Vorerkrankungen. Aber auch hier gilt: Ausnahmen bestätigen die Regel. Auch wir haben junge Patienten ohne Risikokonstellation mit einem dramatischen Verlauf gesehen. Vielleicht gibt es in einigen Monaten Test anhand der Bildgebung oder unterschiedlicher Laborparameter, die einen schweren Verlauf auch unabhängig vom Alter vorhersagen können. Aber bisher ist das aus meiner Sicht noch nicht ausreichend etabliert.

"Bei einigen - auch jüngeren - Patienten sehen wir Folgeschäden"

Gab es in Ihrem Klinikum Umstrukturierungen durch Covid-19, um auf solche Lagen auch in der Zukunft besser vorbereitet zu sein? Laut Tagesspiegel werden an Berliner Kliniken alsbald Impfstationen eingerichtet ... auch in München?
Gregor Zimmermann: Umstrukturierungen gab es in allen Krankenhäusern, so natürlich auch bei uns. Das betrifft nahezu alle Bereiche, angefangen mit der Notaufnahme, Isolierstationen, Testkapazitäten, persönliche Schutzausrüstung, Personalplanung, Änderung der Notfallpläne etc. Diese Maßnahmen werden ständig aktualisiert und am aktuellen Stand angepasst. Impfstationen für Mitarbeiter*innen gegen Influenza sind bei uns seit vielen Jahren etabliert. Ebenso konnten auch Pneumokokkenimpfungen für einige Mitarbeiter organisiert werden. Impfstationen für Patienten? Davon habe ich bisher noch nichts gehört, aber das wird die Zeit zeigen, was alles auf uns zukommt.
Was ist für Sie Fachmediziner die besondere Herausforderung in der Behandlung von Covid-19-Patienten, auch in medizinischer Hinsicht?
Gregor Zimmermann: Das Besondere war die Neuartigkeit der Erkrankung. Vor einigen Monaten wussten wir nur wenig seitens der Biologie, der Diagnostik, der Therapie und des Verlaufs von SARS-CoV-2. Hier konnten in den letzten Monaten wertvolle Erkenntnisse gesammelt werden. Die Herausforderung bestand darin, diese Informationen zu filtern, zu bewerten und dann in die Diagnostik und Behandlung einfließen zu lassen. Hierbei hat sich auch gezeigt, dass einzelne Grundsätze, die wir bisher bei solchen Erkrankungen angewandt haben, jetzt nicht anzuwenden sind. Ein Beispiel ist die Dexamethason -Therapie. Dies wurde vorher nur sehr selten und nur unter besonderen Umständen bei Patienten mit viralen Lungenentzündungen durchgeführt. Jetzt hatte sich gezeigt, dass das bei sehr schweren Verläufen durchaus sinnvoll sein kann.
Die meisten Covid-19-Patienten genesen ja - aber es bleiben oft dramatische Folgeschäden auch bei Jüngeren?
Gregor Zimmermann: Die meisten jüngeren Patienten genesen und es bleiben keine Folgeerscheinungen zurück. Jedoch bei einigen - auch jüngeren - Patienten sehen wir Folgeschäden.
... auch in der Seele bleibt vor allem bei Jüngeren mit schwerer physischer Erkrankung eine Wunde zurück, die im Gegensatz zu körperlichen schwerer verheilen vermag ...
Gregor Zimmermann: Teilweise mit auch relevanten Befunden, teilweise auch nur mit unspezifischen Befunden. Da wird noch viel Arbeit auf uns zukommen, diese Befunde einzuordnen und deren Verlauf über die nächsten Monate zu sehen. Fragen Sie mich gerne in ein paar Monaten. Dann werden wir schlauer sein. Bei unseren eigenen Patienten, die so schwer erkrankt waren, dass sie stationär behandelt werden mussten, machen wir über unseren Schwerpunkt Infektiologie in regelmäßigen Abständen Nachsorgetermine, um mehr Informationen zu erhalten.
Gregor Zimmermann

"In dem jetzigen Ausmaß und der Bedeutung für das Zusammenleben hätte ich es so nicht erwartet"

Hätten Sie als Pneumologie-Profi aber je mit einer derartigen Pandemie gerechnet, die sich vom Pazifik bis nach Europa über alle Kontinente zieht?
Gregor Zimmermann: Verschiedene Experten seitens der WHO und anderen Einrichtungen hatten vor vielen Jahren bereits ähnliche Szenarien entworfen und angemahnt, dass das irgendwann passieren wird. Aber in dem jetzigen Ausmaß und dem jetzigen Verlauf und der Bedeutung für das Zusammenleben hätte ich es so nicht erwartet. Wahrscheinlich haben nur die wenigsten damit gerechnet.
Aber fragen Sie sich selbst, hätten Sie letztes Jahr zu dieser Zeit oder noch im Februar damit gerechnet, dass so etwas passiert oder solch ein Ausmaß annimmt? Dass sich Millionen Erkrankungen und weit über eine Million (bis zum heutigen Tage) Todesfälle finden. Oder dass eine Pandemie unser Leben so massiv beeinflussen wird? Das hätten meiner Meinung nach nur die wenigsten gedacht. Aber jetzt ist es so und wir müssen da durch. Bisher haben ja viele Maßnahmen bei uns ja gut funktioniert und wir werden da auch durchkommen.
Sie sind und waren auch in der Forschung tätig: Covid-19 ist neu ... Kennt man die Krankheit nun eigentlich? Oder ist sie eigentlich noch unbekannt? Das Stichwort "Mutation" fällt oft ... Es gibt viele offene Fragen: Kinder scheinen wenig betroffen? Stimmt es, dass Partys und Feiern das Infektionsgeschehen "anheizen"?
Gregor Zimmermann:: Infektionsforschung gehört bisher nicht zu meinen Themenschwerpunkten, aber bei uns an der TUM, wie auch an vielen anderen Universitäten oder Instituten, werden große Anstrengungen unternommen, mehr über SARS-CoV-2 und COVID-19 herauszufinden. Wir lernen jeden Tag neue Dinge dazu und können uns auch immer mehr auf Erfahrungswerte verlassen. Aber alle Einzelheiten haben wir sicher noch nicht verstanden. Bezüglich "Mutation" gibt es bisher die überwiegende Meinung, dass das aktuell keine große Rolle spielt. Dass Kinder weniger betroffen sind, scheint sich abzuzeichnen, aber letztlich sicher kann man das erst sagen, wenn das alles vorbei ist und die Zahlen nüchtern betrachtet werden.
Das Infektionsgeschehen kann durch Menschenansammlungen sicher beschleunigt werden, man kann das auch teilweise nach Veranstaltungen sehr gut infektiologisch nachvollziehen. So ist eine Vielzahl an Veranstaltungen bekannt, bei denen sich reihenweise Personen angesteckt haben. Darunter fallen nicht nur Partys oder Feiern, sondern auch andere Veranstaltungen. Daher sollte man die nächste Zeit vernünftig sein, sich und andere schützen und solche Events eben jetzt meiden. Bis wir eine wirksame Impfung oder Therapie haben, ist das eine der sinnvollsten Maßnahmen, so hart wie das leider für den einzelnen, auch für mich, ist.

"Vorerkrankte, aber auch gesunde Patienten können schwere Verläufe bis hin zum Tode haben"

Endet das Virus für Vorerkrankte immer tödlich? In Berlin, Hamburg, Madrid, Tel Aviv oder Mailand ist im Alltag tausendfach zu beobachten, dass viele sich nicht an einfachste Regeln wie das Abstandsgebot halten, auf Rolltreppen, an Supermarkt-Kassen ... ist das nicht unverantwortlich gegenüber Vorerkrankten als Höchst-Risikogruppe?
Gregor Zimmermann:: Das Virus kann alle treffen. Ältere oder vorerkrankte Patienten, aber auch im Einzelfall gesunde und junge Patienten können schwere Verläufe bis hin zum Tode haben. Bei Patienten mit hohem Lebensalter oder Vorerkrankungen tritt dies eben nur häufiger auf. Abstand halten, Nutzung von Masken und Einhaltung von einfachen Hygienemaßnahmen können die Infektionsausbreitung reduzieren. Das funktioniert ja auch bei einem Großteil der Bevölkerung sehr gut. Häufig liest man von irgendwelchen schlimmen Beispielen, aber dabei vergessen wir, dass sich der Großteil daran hält und verantwortungsbewusst damit umgeht.
Aber in Berlin dauert es nachweislich Tage, selbst bei Symptomen einen Corona-Test machen zu können. Muss da nicht viel sehr viel besser organisiert werden?
Gregor Zimmermann: Klar gibt es immer Luft nach oben. Aber die Corona-Pandemie hat alle vor eine Vielzahl von Problemen gestellt. Das gilt natürlich auch für Krankenhäuser, Arztpraxen, Gesundheitsämter und sonstige Teststationen. Diese Strukturen lassen sich nicht innerhalb von Stunden oder Tagen aus dem Boden stampfen. Da gibt es auch logistische Probleme. Stellen Sie sich vor, Sie möchten sich testen lassen und wären in einer Warteschlange oder einem Warteraum mit vielen anderen Personen, möglicherweise auch einer Vielzahl an SARS-CoV-2-Infizierten. Das muss natürlich organisiert werden, dass so etwas nicht zu einem Problem wird. Auch seitens der Verfügbarkeit an Testmöglichkeiten wurde in den letzten Monaten auf beeindruckende Weise viel erreicht. Mittlerweile sind mehrere Hunderttausend SARS-CoV-2-Tests in Deutschland pro Woche möglich, das war vorher nicht möglich gewesen.

"Vernünftige Medizin braucht auch Regeln"

Laut CNN meldet Mexiko dramatische Engpässe in der Intensivmedizin und der Pneumologie, die ARD berichtete heute von ähnlicher Dramatik im wirtschaftlich soliden Belgien und in Polen, Telepolis gegenüber gibt es ähnliche Berichte aus einzelnen Krankenhäusern in Brasilien, Katalonien, Spanien, Süditalien, Griechenland, Marokko. Wie kann es aber sein, dass es selbst in Europa möglich ist, dass Intensivstationen zu wenige Kapazitäten haben?
Gregor Zimmermann: Wir in Deutschland sind in der glücklichen Lage einen hohen Anteil an Intensivkapazitäten pro Einwohnern zu haben. Dies wurde glücklicherweise über Jahre trotz aller Sparmaßnahmen im Gesundheitssystem aufrechterhalten. Das haben andere Länder leider häufig nicht getan. Ich kenne die Gesundheitssysteme anderer Länder zu wenig, um dies sinnvoll beurteilen zu können. Bei der Corona-Pandemie hatten wir im Vergleich zu anderen Ländern auch insofern Glück, dass wir ein bisschen mehr Vorlauf hatten. Während im Frühjahr in Italien, Frankreich, Spanien und anderen Ländern die Infektionszahlen und die schweren Fälle rasant zunahmen, waren bei uns die Zahlen noch gering und man konnte dementsprechend reagieren.
Aus Ihrer praktischen Erfahrung heraus: Muss Medizin wieder mehr am Bedarf der Menschen orientiert werden? Weg von Bürokratie, Überorganisation, Zuständigkeits-Wirrwarr?
Gregor Zimmermann: Kurze Antwort: Ja. Dennoch braucht vernünftige Medizin auch Regeln. Ganz ohne geht es halt auch nicht.
Es gibt viele populäre Vergleiche mit der Pest, der Spanischen Grippe, der "normalen" Grippe, normalen schweren Erkältungen. Was sind Unterschiede, was Gemeinsamkeiten?
Gregor Zimmermann: Man versucht, da immer Parallelen herzustellen, aber letztlich vergleicht man Äpfel mit Birnen.
Das heißt konkret?
Gregor Zimmermann: Die Pest ist eine bakterielle Infektion, die durch Hygienemaßnahmen verschwunden ist und durch antibiotische Therapie angehbar ist. Die Spanische Grippe hatte nach dem Ersten Weltkrieg viele Opfer gefordert, hierbei war ein außerordentlich hoher Anteil an jungen Patienten betroffen. Das hat sicher auch mit der damaligen Versorgungslage zu tun, aber wird nicht der einzige Grund sein. Die normale Grippe trifft uns jedes Jahr in der kalten Jahreszeit, meist geht es nach ein paar Tagen wieder aufwärts, aber auch hier habe ich schon fiese Verläufe gesehen mit Todesfällen. Die gute Nachricht ist, das Risiko eine Grippe zu bekommen, kann man durch die Grippeschutzimpfung reduzieren. Man muss sich nur jedes Jahr erneut impfen lassen, da die Grippe leider häufig ihren Stamm wechselt.

"Für mich haben die Verschwörungstheorien keine solide wissenschaftliche Grundlage"

Wo werden wir denn aber mit Covid-19 in einem Jahr stehen? Kann es noch schlimmer werden und außer Kontrolle geraten?
Gregor Zimmermann: Leider bin ich nur Arzt und kann nicht die Zukunft voraussagen. Wenn ich aber eine Wunschvorstellung äußern dürfte, dann würde ich mir einen wirksamen und gut verträglichen Impfstoff wünschen, der in ausreichender Zahl zu einem fairen Preis vorhanden ist und einen langanhaltenden Impfschutz bietet. Dann sind die Chance gut, dass das nächste Jahr gut wird.
Das Motto Ihres Klinikums lautet: "WissenSchafftHeilung" ... Wenn Sie von den Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen hören, was denken Sie als Mann vom Fach? Ist das nicht zynisch dort gegenüber den Opfern, die Krankheit zu leugnen?
Gregor Zimmermann: Zynismus hat in meinem Beruf nur wenig Platz. Daher mache ich mir darüber auch nur wenig Gedanken. Demokratie ist ein wichtiges Grundrecht, man darf auch eine andere Meinung haben. Wichtig ist für mich aber nicht der Anteil der Demonstranten gegen Corona-Maßnahmen, sondern vielmehr der Anteil an Personen, die alles entsprechend den Empfehlungen machen und jeden Tag ihr Bestes geben, dass das gut ausgeht. Diese Personen sind ja definitiv die große Mehrheit, über sie wird leider zu wenig berichtet.
Verschwörungstheoretiker von links bis rechts glauben ja, das Virus sei wahlweise von Bill Gates, den Chinesen, den Juden oder den Flüchtlingen oder der CIA in die Welt gebracht worden ... Vom Nazi-Hintergrund vieler dieser Leute mal abgesehen, wäre das denn medizinisch überhaupt möglich?
Gregor Zimmermann: Medizinisch ist sicher viel möglich. Aber bisher gibt es dafür keinerlei soliden Hinweis darauf. Dass das Virus in der Form bisher nicht bekannt war, heißt ja nicht, dass so etwas nicht irgendwann mal vorkommen kann. Schließlich gab es mit SARS und MERS ja bereits Vorläufer aus der Gruppe der Coronaviren, die aber frühzeitig eindämmt werden konnten. Für mich haben die Verschwörungstheorien keine solide wissenschaftliche Grundlage.

Der Lungen-Facharzt Dr. med. Gregor Spyros Zimmermann ist seit 2017 als Oberarzt der Leiter der Pneumologie am weltweit renommierten Klinikum rechts der Isar in München (MRI), das zur Technischen Universität München (TUM) gehört. Der Schwerpunkt Pneumologie ist in die Klinik und Poliklinik für Innere Medizin unter dem Direktor Prof. Dr. med. Karl-Ludwig Laugwitz integriert. Dr. med. Zimmermann ist ausgebildeter Facharzt für Innere Medizin und Pneumologie mit den Zusatzqualifikationen Allergologie und Intensivmedizin. Er veröffentlicht mit seinem Team regelmäßig internationale Fach-Aufsätze. Der klinische Forschungsschwerpunkt der Arbeitsgruppe ist die Diagnostik und Therapie von Lungenerkrankungen, so unter anderem die Risiko- und Prognoseabschätzung bei Patienten mit COPD.

Das Universitätsklinikum MRI, gegründet 1834 als Haidhauser Armen- und Krankenanstalt in einem ehemaligen Kaffeehaus, gehört mit rund 6000 Mitarbeitern, 1200 Betten, fast 300.000 ambulanten und stationären Patienten jährlich und 50 verschiedenen Abteilungen heute zu den größten Kliniken weltweit und hat starken Zulauf auch von Patienten etwa aus den Golfstaaten, es kooperiert mit dem Helmholtz-Zentrum, dem Deutschen Herzzentrum und dem Max-Planck-Institut.