"Wir müssen kapieren, was los ist"

Seite 2: Talsperren - randvoll

Vom Ruhrverband wurde bekannt, dass dessen acht Talsperren am Mittwochnachmittag (14. Juli) insgesamt zu rund 95 Prozent gefüllt waren. Das bestätigte Ruhrverbandssprecher Markus Rüdel auf 24rhein-Anfrage.

Während einige Talsperren, wie die Möhnetalsperre, bereits zu 98 Prozent gefüllt waren, waren es andere auch schon bis zu 93 Prozent. "Aber es werden weitere starke Niederschläge erwartet, sodass sich die Zuflüsse (…) noch erhöhen werden", so Rüdel.

Kritik aus der Politik muss sich derzeit der Wupperverband gefallen lassen. Wuppertal, Leichlingen, Solingen wurden in weiten Teilen Opfer der Überflutung. Wie die Stadt Wuppertal in der Nacht auf Donnerstag (15. Juli 2021, 0.10 Uhr) mitteilte, sah man das Unheil kommen, das offenbar als unabwendbar galt: "Die Wuppertalsperre ist vollgelaufen (…)".

Zu spät bereiteten sich Stadt und Verband Kritikern zufolge auf die Hochwasser-Welle vor. An der Wupper in Opladen wurde Donnerstagfrüh ein Pegel von 4,55 Meter gemessen, bislang lag die Höchstmarke bei knapp über drei Metern.

"Daraus müssen wir lernen - diese Fehleinschätzungen dürfen sich nicht wiederholen", kommentiert der Bundestagsabgeordnete Oliver Krischer (Grüne) gegenüber dem Kölner Stadt-Anzeiger (KStA). Es scheint so, dass die Warnungen des Deutschen Wetterdienstes auf der kommunalen Ebene nicht oder zu spät verstanden - oder einfach nicht ernst genommen wurden, berichtet die Zeitung.

Andreas Bialas, SPD-Abgeordneter aus Wuppertal, fordert personelle Konsequenzen beim Wupperverband.

"Auch als absehbar war, dass es Starkregen geben wurde, hat der Wupperverband weiter Wasser angestaut. Diese Fehlentscheidung hat Milliardenschäden verursacht."

Die Landesregierung dürfe die Wasserverbände nicht "alleine wurschteln lassen". Ein Wuppertaler Rechtsanwalt, der mehrere Opfer vertritt, will dem KStA zufolge rechtliche Schritte prüfen.

Die tödliche Normal-Misere

Auf Anfrage teilte der Wupperverband dem Stadt-Anzeiger mit, so ergänzt das Blatt in der Wochenendausgabe, im Betriebsplan sei ein Hochwasserschutz im Sommer nicht vorgesehen (!). Man hat daher einfach weiter angestaut, bis zum Überlauf?

Mit dem Ergebnis: Der amtliche "Talsperren-Sommer" ist schlichtweg vom echten weggespült worden.

Nur eine weitere fatale Fehleinschätzung? Für den Starkregen im Sommer 2021 gab es jedenfalls kein Konzept. Das alles wirft auch ein Licht auf die tödliche Normal-Misere angesichts eines sich verändernden Ganzen. Die Polit-Funktionäre in ihren Gummistiefeln leugnen beharrlich die wahren Ursachen, während das Wasser als unbarmherziger Liquidator die Rechnung präsentiert.

Über dem Sommer liegt der schwarze Schatten des Ungenügens.

Info: Am Montag, 26. Juli 2021, zeigt das WDR-Fernsehen um 20:15 Uhr die Dokumentation "Retten, helfen, aufräumen - Drei Orte nach der Flut". Es sollen die Folgen für die Menschen in Bad Münstereifel, Erftstadt und Dernau an der Ahr aufgezeigt werden