"Wir sind und bleiben die Partei der extremen Mitte"

Martin Sonneborn. Bild: Die Partei

Sommer-Interview mit dem PARTEI-Vorsitzenden Martin Sonneborn

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Während ARD&ZDF bei ihren traditionellen und journalistisch einwandfreien Sommer-Interviews nur den Vorsitzenden von im Bundestag vertretenen Parteien eine Bühne bieten, bleibt die PARTEI unberücksichtigt, obwohl sie bei der jüngsten Bundestagswahl immerhin 1 % der Wählerstimmen auf sich vereinigen konnte. Erneut greift Telepolis den Kolleginnen und Kollegen der öffentlich-rechtlichen Sender unter die Arme.

Wie wir nun wissen, führt der Chef des Inlandsgeheimdienstes Verfassungsschutz diskrete Hintergrundgespräche mit hochrangigen Parteipolitikern. Bestreiten Sie, dass er Ihnen geraten hat, den Extremisten Leo Fischer aus der Partei auszuschließen?

Martin Sonneborn: Allerdings. Verfassungsschutzpräsident Maaßen hatte gar keine Zeit, sich mit mir zu treffen, weil er immer mit AfDlern abhing, Gauland, Petry, von Strolch vielleicht … Aber ich hab' sowieso wenig Vertrauen in diese Brüder, seitdem ich mal für den PARTEI-Film geringfügig verkleidet beim Verfassungsschutz in Potsdam war und mich dort nach nachrichtendienstlichen Erkenntnissen über unsere PARTEI erkundigt habe. Leider ergebnislos.

Derzeit erfreut sich die PARTEI in Berlin einer Zustimmung von über 4 %. Wird diese positive Grundstimmung die Wählerinnen und Wähler im Oktober bei den Landtagswahlen in Bayern und Hessen mitreißen?

Martin Sonneborn: In Bayern bin ich tatsächlich sehr gespannt auf das Ergebnis. Söder und seine CSU machen ja seit Monaten engagiert Wahlkampf für uns, wir müssen da gar nicht so viel tun. In Hessen wird es auch gut laufen, wir haben einen eigenen Bouffier aufgestellt und rechnen mit ein paar verwirrten Stimmen aus der stark überalterten CDU-Wählerschaft.

Die Seenotrettung scheint in Bayern und Hessen das beherrschende Wahlkampfthema zu sein, obwohl diese Provinzen zu den Binnenländern zählen. Soll man nun retten oder lieber nicht?

Martin Sonneborn: Bayern und Hessen retten? Klar, deswegen haben wir doch Die PARTEI gegründet. Ebensowenig wie man lang darüber nachdenken sollte, ob man einen Menschen vor dem Ertrinken rettet oder alle Zeit-Redakteure abknallt, sollte man zögern, reiche, gut situierte Geberländer zu retten, aus der Hand von Deppen wie Seehofer.

Bei der jüngsten Bundestagswahl hatten Sie einen angeblich integrierten Türken aufgestellt. Werden sämtliche Ihrer Landtagskandidatinnen und -kandidaten die deutsche Nationalhymne mitsingen? Und wie steht es mit Ihrem neuen Co-Piloten Nico Semsrott?

Martin Sonneborn: Wir gehen noch einen Schritt weiter, Nationalismus ist ja schwer angesagt im Moment. Wir werden deshalb beim Bundesparteitag Anfang September der PARTEI folgende Liste zur EU-Wahl 2019 vorschlagen: SONNEBORN, SEMSROTT, BOMBE, KRIEG, GÖBBELS, GÖRING, SPEER, BORMANN, EICHMANN, KEITEL, HESS (STAUFFENBERG). Die ersten zehn Kandidaten stehen namentlich auf dem Wahlzettel und wir versprechen uns einiges Interesse unter der Anhängerschaft der AfD.

Bild: Die Partei

"Im nächsten Haushalt wird erstmals mehr Geld für die Aufrüstung stehen als für Entwicklungshilfe"

Wie kommt eine solche Kriegslist bzw. Kriegsliste in Europa an?

Martin Sonneborn: Ich hoffe, gut! Wir haben als einzige Partei Namen auf der Liste, die europaweit einen ... äh … Klang haben. Stellen Sie sich das lebhafte Interesse in Österreich und Ungarn vor!

Gibt es noch weitere Motivation für eine solch martialisch anmutende Liste?

Martin Sonneborn: Die Besetzung zeigt unseren Respekt vor der Remilitarisierung Europas. In Deutschland wird das bisher kaum thematisiert, aber wir haben einen Paradigmenwechsel in der EU. Im nächsten Haushalt wird erstmals mehr Geld für die Aufrüstung stehen als für Entwicklungshilfe. Und das auch nur, weil mit schmutzigen Tricks gearbeitet wird, der Lissabonner Vertrag untersagt der EU, Gelder in Projekte mit militärischen Bezügen zu stecken. Anfang Juli hat das EU-Parlament grünes Licht gegeben, 500 Millionen Euro aus dem Bereich "Friedenssicherung" in die Rüstung umzuleiten.

In Niederbayern erfuhr die PARTEI mangels ausreichender Unterstützer-Unterschriften das Vorrundenaus. Nehmen die Niederbayern Politik nicht ernst genug?

Martin Sonneborn: Im Gegenteil, es war den Niederbayern zu peinlich, mit CSU und AfD auf einem Wahlzettel su stehen. Aber die CSU ist in Bayern schon sehr, sehr gern an der Macht, und das spiegelt sich auch im bayerischen Wahlrecht wieder. In zivilisierten Bundesländern braucht man zwischen 1000 und 2000 Unterstützer-Unterschriften, um auf den Wahlzettel zu kommen. In Bayern haben wir knapp 10.000 gesammelt, und das hat für Niederbayern trotzdem nicht gereicht.

"Im direkten Vergleich zu den Grünen haben wir noch zu vielen moralischen Ballast"

Derzeit starten die Grünen durch, die "mittlerweile wohl der flexibelste Koalitionspartner im deutschen Parteiensystem" sein wollen. Kann die PARTEI in Sachen Opportunismus mithalten?

Martin Sonneborn: Ich fürchte, im direkten Vergleich zu den Grünen haben wir noch zu vielen moralischen Ballast. Wir sind und bleiben die Partei der extremen Mitte.

Während die SPD in Bayern bei der Sonntagsfrage bei 12% liegt, wird sie in Hessen noch immer bei über 22% gesehen. Wie wollen Sie in Hessen solch weltfremde Wählerinnen und Wähler noch erreichen?

Martin Sonneborn: Ich fürchte, es gibt zu viele Besserverdienende in Hessen. Und deren Interessen vertritt Finanzminister Scholz doch recht fundiert. Gute Güte, was für mediokre Gestalten an der Spitze dieser ehemals sozialdemokratischen Partei: Nahles, Scholz, Maas ...

Sollte man auch im Landtag und im Europaparlament die Diäten um 30% erhöhen, wie gerade geschehen im Bundestag?

Martin Sonneborn: Nein, vielen Dank, wir kommen in Europa sehr gut aus. Mein Büroleiter teilt mir regelmäßig mit, dass Tagegelder oder Bürokostenpauschale wieder erhöht worden sind. Wir haben Geld bis zum Abwinken, und das Bier im EU-Parlament wird subventioniert.

Ihre außenpolitisch wichtigste Funktion ist Ihre Mitwirkung in der EU-Delegation für Nordkorea. Empfehlen Sie der Bundeskanzlerin ebenfalls ein Gipfeltreffen mit Herrn Un, oder ergreifen Sie ggf. selbst die Initiative?

Martin Sonneborn: Ich war Mitte Juli schon fast auf dem Weg nach Pjöngjang, 48 Stunden vor Reisebeginn kam die Ausladung aus Nordkorea. Aber ich bleibe dran. In Korea kann man lernen, wie man erfolgreich mit größenwahnsinnigen Politclowns umgeht, die auf Atomwaffen hocken. Kim Jong Un hat das beim Trump-Besuch schön demonstriert. Am Sonntag fliege ich übrigens in den Kaukasus. Ich werde in Armenien den außenpolitischen Schaden reparieren, den Merkel dort vermutlich gerade anrichtet.

Der amtierende US-Präsident stellt die Mitgliedschaft der USA in der Nato infrage. Wäre denn Nordkorea als Atommacht ein interessanter Ersatz?

Martin Sonneborn: Jederzeit. Sobald ich mit Pjöngjang gesprochen habe, erfahren Sie mehr. Aber bei den Milliarden, die gerade in Europa die Aufrüstung gehen, brauchen wir die USA bald nicht mehr. Warum diskutiert eigentlich alle Welt über die vollkommen irrsinnige Idee, 2 Prozent des BIP in Waffen zu investieren, bloß weil Trump und die Industrie Waffen verkaufen wollen - wissen Sie eigentlich, wie viel das ist? Warum diskutiert man nicht mal, 2 Prozent in die Entwicklungshilfe zu geben oder damit Armut zu lindern?

Mit dem Wiedereinzug der PARTEI in das EU-Parlament könnte es wegen der Sperrklausel knapp werden. Haben Sie wie andere Profipolitiker schon ersatzweise Angebote aus der Wirtschaft? Favorisieren Sie eine bestimmte Lobby?

Martin Sonneborn: Ich glaube, dass wir mit Nico Semsrott gute Chancen haben, in der EU-Wahl 2019 die zu erwartenden 2 Prozent zu schaffen. Unser Wahlkampfslogan lautet: "Wir sind die 2 Prozent!" Und Bombe, Krieg, Göbbels, Eichmann, Speer und Heß werden uns auch nicht gerade schaden ...

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