Wird der Volksverhetzungsparagraph zum Papiertiger?

Seite 2: "Die verschwiegene Sensation"

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Von daher ist diese gerichtliche Entscheidung ein Sieg für die Rechten, die es auch begeistert aufnehmen. Auf der rechten Webseite PI-News bewertet Akif Pirinçci das Urteil als "verschwiegene Sensation" und prophezeit, dass die Entscheidung dafür sorgen könne, "dass das Äußerungsdelikt der Volksverhetzung nach § 130 Strafgesetzbuch (StGB) sich in einen Papiertiger, wenn nicht sogar in ein Schmusekätzchen verwandelt".

Pirinçci, jahrelang ein Schriftsteller mit völlig unpolitischen Themen, hatte vor einigen Jahren sein rechtes Coming Out und trat auf verschiedenen rechten Veranstaltungen als Redner auf. Dadurch ist er selber von Klagen wegen Beleidigung und Volksverhetzung betroffen. So hätte er natürlich auch ein persönliches Interesse, dass sich die Gesetzgebung in dieser Frage ändert.

Vergleich zum Nicht-Verbot der NPD

Überraschend ist die Entscheidung nicht. Das Urteil hat deutliche Parallelen zur Begründung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die NPD nicht zu verbieten (vgl. NPD - zu unbedeutend für ein Verbot?). Da wurde zum Kriterium, dass die Partei aktuell zu klein und unbedeutend ist, um den Staat und seine Verfassung zu gefährden oder gar aus den Angeln zu heben.

Auch hier orientiert sich das Gericht nur an staatlichen Apparaten. Wenn in einigen Kommunen, in denen die NPD einen gewissen Einfluss hat, wie beispielsweise in Jameln in Mecklenburg-Vorpommern, deren Gegner bedroht werden, ist das nicht gerichtsrelevant.

Diese Fixierung auf den Staat statt auf die Opfer ist auch hier das eigentlich Kritikwürdige. Aber diese Staatslogik reiht sich ein in die Politikerreden nach rassistischen Anschlägen. Auch dann wurde in der Regel und in erster Linie betont, dass es sich um einen Anschlag auf Deutschland handelt und nicht um einen Anschlag auf eine konkrete Person.

Der NSU-Prozess und das Urteil waren doch noch ein deutliches Zeichen für die Ignoranz der Justiz gegenüber den Opfern des NS-Terrors. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts setzt diese Ignoranz gegenüber den Opfern fort.