Wird der warme Ozean das Eis in der Antarktis schmelzen?

In der Antarktis sind zwei riesige Eisplatten weggebrochen. Ist dies ein Zeichen für eine Erwärmung des Ozeans oder der Luft?

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Das Schelfeis der Antarktis hat sich seit 1980 um etwa 300 km2 jedes Jahr verringert. Und hinzugekommen sind zwei katastrophale Ereignisse, nämlich im Januar 1995 und im Februar 2002, als zwei Teile von der Larsenhalbinsel abbrachen und innerhalb weniger Wochen verschwanden. 2000 m2 und 3200 m2 waren die Abschnitte insgesamt und reduzierten den Rest zu Larsen-C, der Eisfront der noch erhaltenen Struktur. Der Verlust entspricht der Größe von Luxemburg.

Das Profil zeigt die Auswirkungen auf das Schelfeis (Bild: Andrew Shepherd)

Was hat zu dieser Schelfeisveränderung geführt? Als erste Erklärung bot sich die Temperaturerwärmung in dieser Region an. Im letzten halben Jahrhundert stieg die Temperatur um 0,5 oC pro Jahrzehnt, und damit 10x schneller als der globale Trend. Dennoch reichte diese Erklärung allein nicht aus. Andrew Shepherd und Mitarbeiter von der University of Cambridge stellten sich der Frage und gingen bei ihren Überlegungen von einer Ozeanerwärmung unterhalb des Eises aus. Ihre Ergebnisse veröffentlichen sie in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Science

Das Team wertet Satellitendaten von 1992-2001 (Satelliten ERS-1 und ERS-2) aus, und zwar die Höhenangaben für die Oberfläche des Schelfeises. Die nördlichen Regionen des sogenannten Larsen-C- Abschnittes hatten den größten Verlust an Oberfläche mit bis zu 0,27 Metern pro Jahr. Die Langzeitberechnungen aus dieser neunjährigen Periode ergeben einen O,32 Meter Verlust jährlich für die Eisberge. Aber das ist nicht ausreichend als Erklärung für die Veränderungen.

Eisschollen, die 2002 im Meer abgetrieben wurden (Bild: Andrew Shepherd)

Deshalb müssen Temperaturdaten vom Tiefwasser hinzukommen. Die Forscher finden für das Filchner-Ronne Schelfeis eine Auftauung von 0,19 Metern jährlich. Diese Veränderungen werden verstärkt, wenn warmes Wasser nahe zur Eisschicht hinzukommt. Die einzigen vorhandenen Tiefwassertemperaturen stammen von der Weddell Sea Deep Waters, welche sich in den letzten dreißig Jahren erheblich erwärmte. "0,65 oC wärmer als der Schmelzpunkt des Eises", erklärt Andrew Shepherd. Dennoch: die Tiefwassertemperaturdaten von Andrew Shepherd sind nicht ganz unumstritten, weil sie nicht ausreichend ermittelt wurden.

Wenn die Ausdünnungen von Larsen-C zunehmen, werden insofern vielleicht in 100 Jahren hier ähnliche Ereignisse ablaufen, wie jene, die heute Larsen-A und Larsen-B zum Verschwinden gebracht haben. Andere Forscher, wie etwa Ted Scambos, sind zurückhaltend: "Satellitendaten sind unpräzise, und Larsen-Wasser war nicht wirklich wärmer geworden", sagt er. Wenn sich aber die Daten bestätigen, könnte die Hypothese in eine Erklärung umschlagen: das Schelfeis der Antarktis ist ebenfalls abhängig von der Ozean-Erwärmung. Dann wäre mit einem erheblichen Anstieg des Meereswasserspiegels in den warmen Jahrzehnten zu rechnen.