Wirtschaftskrieg: Wie die USA ihr Recht weltweit durchsetzen

Seite 2: Eine geopolitische Waffe

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

"Es könnte amerikanische Taktik sein zu sagen: 'Achtung, das ist kompliziert', damit keiner versteht, was vor sich geht", sagte Thierry Coville vom Institut für internationale Beziehungen und Strategien in Paris. Auch er meint, dass man es längst mit einer "geopolitischen Waffe" zu tun habe. "Und die USA werden nicht davor zurückschrecken, diese Waffe wieder einzusetzen", meinte Coville.

Banken, die sich die Finger wie die Deutsche Bank schon verbrannt hätten, würden wohl bis auf Weiteres auf Geschäfte mit Verbindungen zum Iran verzichten. In Frankreich gehen viele davon aus, dass längst ein Wirtschaftskrieg tobt. Die USA versuchten nach ihrer Auffassung, gezielt Geschäfte von europäischen, aber vor allem französischen Unternehmen im Iran zu "torpedieren", um ihrerseits amerikanische Firmen gut zu platzieren.

Vor den Wahlen in den USA hat auch die französische Zeitung Le Monde das Thema noch einmal groß aufgegriffen. Auch sie geht davon aus, dass sich das amerikanische "Recht in eine Waffe verwandelt" habe. "Die USA zwingen dem Rest der Welt sein Recht auf", titelte Le Monde. In dem Artikel wird unter anderem analysiert, wie die Vergleichsverfahren in den USA "effizient" eingesetzt würden, schließlich drohten mit einem Strafverfahren sogar "verheerende Risiken".

Dabei ist sogar Existenz einer große Bank bedroht, wie die Gerüchteküche um die Deutsche Bank diesen Herbst gezeigt hat, wenn das Damoklesschwert einer hohen Strafzahlung in einem Vergleich über ihr schwebt. Ein langer Strafprozess würde die gefährliche noch Unsicherheit deutlich verlängern, die Anleger abhält. Der Ausgang dieses Verfahrens wäre zudem unklar.

Es kann mit einer noch höheren Strafe und auch mit dem Entzug der Banklizenz enden. Darüber werden Banken praktisch zu Vergleichen gezwungen, in denen sie ihre Schuld anerkennen, eine "Geldstrafe aushandeln" und häufig noch die "Ernennung eines internen Kontrolleurs" akzeptieren müssen, schreibt Le Monde.

Exorbitante Privilegien

Sie zitiert auch Régis Bismuth. Der Professor für internationales Recht argumentiert, dass die USA ihrer Justiz zudem "über den Dollar das Weltrechtsprinzip" verleihen würden. Er meint, dass das "exorbitante Privileg" schon über die Leitwährung zu verfügen, den USA zusätzlich das "exorbitante Privileg über das Recht" zuschanze. Der französische Anwalt Cohen-Tanugi spricht längst von einem "juristischen amerikanischen Imperialismus". Er meint, dass man in einer globalisierten Welt gezwungen werde, sich auch noch der amerikanischen Rechtskultur unterzuordnen, in der sie der "Weltpolizist" sei.

Deshalb fordern nicht nur die beiden Parlamentarier, entsprechende Werkzeuge in Frankreich und Europa zu schaffen, um diesem Vorgehen entsprechend begegnen zu können. Der Pariser Anwalt Stéphane Bonifassi meint zwar, dass es schon diverse Vorstöße in die richtige Richtung gäbe, aber es wohl eine "wahrhaftige Kulturrevolution" brauche, damit nur bestehende Werkzeuge auch "mit der gleichen Effektivität wie in den USA angewandt werden".

Er verweist auf das "mutige Zeichen" der EU-Kommission, mit der Steuerforderung gegenüber Apple in Höhe von 13 Milliarden Euro, "welche die amerikanische Regierung aufschreien ließ". Das sei ein Zeichen, dass man letztendlich zu begreifen beginnt, welche Methoden wirken, fügt die Zeitung an.