Wo steckt IS-Führer al-Baghdadi?

Seite 2: Lieber Tot als lebendig?

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Gerüchte kursieren, dass sich al-Baghdadi bereits aus Mosul abgesetzt hat. Angeblich seien auch die Frauen von IS-Führern auf Geheiß von al-Baghdadi schon vor einigen Tagen aus Mosul nach Syrien gebracht worden. Der IS in Mosul wird nicht nur von außen bedroht, sondern es scheinen auch mehr Bewohner sich zur Wehr zu setzen und IS-Kämpfer zu töten. So sollen auch Drohflugblätter an Häusern von IS-Kämpfern angebracht worden. Der IS reagiert mit Massenexekutionen. Nach Medienberichten sollen IS-Medien eine Kampagne vor einigen Tagen gestartet haben, um Gerüchten entgegenzutreten, al-Baghdadi habe Mosul bereits verlassen, und zu versichern, dass er dies auch nicht vorhabe. Gut möglich, dass die Moral der in Mosul verbliebenen Kämpfer sinkt und sich diese vermehrt absetzen, um nicht getötet oder gefangen zu werden. Angeblich soll es sogar zu einem Aufstand von IS-Kämpfern gekommen sein, der aber niedergeschlagen worden sei.

IS-Kämpfer in Hamdania bei Mosul.

Mit dem untergetauchten al-Baghdadi sieht man sich an die amerikanische Invasion 2003 erinnert, als es darum ging, die irakische Führung zu "enthaupten", man aber ebenfalls nicht wusste, wo sich Saddam Hussein aufhielt. Immer wieder war er damals aufgetaucht, man vermutete, dass er zahlreiche Doubles umherschickte, um die Angreifer zu foppen. Schließlich wurde er nach dem Sieg in einem Erdloch entdeckt, was auch sehr nach Inszenierung aussah. Aber das kümmerte dann kaum noch jemanden.

Für US-Präsident Obama wäre es vor seinem Ausscheiden nach der Tötungsoperation von Bin Laden noch einmal ein spektakulärer Erfolg, wenn während seiner Regierungszeit auch al-Baghdadi in Gefangenschaft käme oder getötet würde. Man darf wie bei Bin Laden annehmen, dass die Amerikaner alles andere wollen, als einen lebenden al-Baghdadi, der vor ein Gericht kommt. Damit würde erst Recht der IS-Führer zu einem Märtyrer für seine jetzigen und künftigen Anhänger werden, da man davon ausgehen muss, dass selbst nach einem Sieg über den IS im Irak und in Syrien der Widerstand eines Teils der sowohl im Irak als auch in Syrien diskriminierten sunnitischen Bevölkerung weitergehen wird.

Rechte Amerikaner etwa vom American Enterprise Institute sehen dies freilich anders. Verglichen wird al-Baghdadi mit Che Guevera. Der "massenmörderische Psychopath" sei mit der Hilfe der CIA von der bolivianischen Regierung aufgespürt und getötet worden und sei so "zum Symbol für soziale Gerechtigkeit und zum Idol für Studenten weltweit" geworden. Dagegen würde der Führer des peruanischen Sendero Luminosa im Gefängnis verrotten und die "Aura" von Saddam Hussein sei zerstört worden, als er aus dem Erdloch gezogen worden sei. Daher sei es auch gut, wenn al-Baghdadi in einer Gefängniszelle verrotten würde - als "Beweis, dass der Kalif nichts anhat". Das Bild von al-Baghdadi in Handschellen, der vor seinen Opfern erscheint, sei mehr wert als tausende Tweets des Außenministeriums und Zig-Millionen, die für den Kampf gegen den gewaltsamen Extremismus ausgegeben werden, meint man hier im naiven Glauben an eine offenbar allmächtige Medienstrategie.