Zehn Tipps für eine linke Wahlniederlage
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Erdrutschsieg der konservativen Nea Dimokratia in Griechenland. Die selbst erklärte linke Partei Syriza erleidet schwere Niederlage. Was Linke auch in Deutschland davon lernen können – und sollten.
Der einstige linke Hoffnungsträger Alexis Tsipras fuhr am Wochenende mit Syriza eine vernichtende Wahlniederlage ein. Sein Gegner war mit Premierminister Kyriakos Mitsotakis ein autokratisch regierender Politiker, in dessen Amtszeit zahlreiche Affären und Skandale für Aufruhr sorgten.
Eine neue Regierung wird es trotzdem noch nicht geben, weil wegen des geltenden Wahlrechts die Nea Dimokratia keine absolute Parlamentsmehrheit erhalten hat. Das neue Parlament tritt am nächsten Wochenende zu einer konstituierenden Sitzung zusammen, um ein Präsidium zu wählen und sich aufzulösen.
Die nächsten Wahlen sind für den 25. Juni vorhergesagt. Bis dahin wird eine Interimsregierung das Land führen. Verfassungsgemäß wird der kommende Premier aus den Reihen der obersten Richter berufen. Dieses Mal ist der oberste Richter des Hellenischen Rechnungshof Ioannis Sarmas der Auserwählte.
Tsipras Wahlkampftaktik war und ist ein Rezept für eine sichere Niederlage, die auch deutsche Politiker studieren sollten. Für ihn haben alle anderen schuld, auch die Wähler – nur er nicht.
Ein historisches Ergebnis
In blanken Zahlen präsentiert sich das Ergebnis wie folgt: Die Wahlbeteiligung lag mit rund 60 Prozent leicht höher als 2019, als gut 57 Prozent verzeichnet wurden. Die Nea Dimokratia (ND) kommt auf 40 Prozent der Stimmen und holt das beste Ergebnis seit 16 Jahren.
Verglichen mit den Wahlen von 2019 bedeutet es einen Zuwachs von knapp einem Prozent. Durch das dieses Mal geltende Verhältniswahlrecht sind es am Ende 146 Parlamentssitze für die Partei, die vorher 158 der insgesamt 300 Sitze innehatte. Bei den nächsten Wahlen gibt es wieder Bonussitze.
Weit abgeschlagen hinter der ND landet Syriza mit leicht über 20 Prozent, mit dem schlechtesten Ergebnis seit elf Jahren, also seit der Gründung von Syriza als Partei und der Auflösung des vorher bestehenden Parteienbündnisses. Rund elf Prozent gingen verglichen mit den gut 31 Prozent von 2019 verloren.
Zum allerersten Mal seit dem Sturz der Militärregierung 1974 wurde "ganz Kreta blau". Sprich, die konservative Nea Dimokratia konnte alle Wahlkreise auf der größten griechischen Insel holen.
Punkten konnte auch die sozialdemokratische Pasok, die unter ihrem neuen Parteichef Nikos Androulakis von acht Prozent bei der letzten Wahl auf gut elf Prozent zulegte, und die kommunistische Partei KKE. Die Pasok, einst stolze Regierungspartei, holte sich ihr seit 2012 bestes Ergebnis. Die Kommunisten holten mit rund sieben Prozent fast zwei Prozent mehr als vor vier Jahren.
Marginal auf gut vier Prozent verbessern konnte sich auch die rechtspopulistische "Griechische Lösung" von Kyriakos Velopoulos. Alle anderen Parteien, auch MeRA25 von Yanis Varoufakis, schafften es nicht ins Parlament und scheiterten an der Drei-Prozent-Hürde. Stolze 16 Prozent der Wähler sind nicht parlamentarisch vertreten.
Noch vor Varoufakis, dessen Partei auf 2,6 Prozent kam, liegt die einstige Parteigenossin und Parlamentspräsidentin der ersten Regierungszeit von Tsipras Zoe Konstantopoulou mit ihrer "Plevsi Eleftherias" und 2,8 Prozent. Auf den sechsten Platz mit 2,9 Prozent kam die neue, pro-russische, religiös geprägte nationalistische Partei Niki.
Mitsotakis träumt von einer Verfassungsänderung
Mit dem Bonuswahlrecht könnte Mitsotakis bei gleicher Prozentzahl mit rund 170 Sitzen rechnen. Er strebt nun danach, das Ergebnis zu verbessern, um so mit der entscheidenden Zweidrittelmehrheit eine Verfassungsreform in Angriff zu nehmen. Verfassungsänderungen müssen in zwei aufeinanderfolgenden Legislaturen mindestens einmal mit einer Zweidrittelmehrheit bestätigt werden.
Entscheidend wird auch sein, ob es die kleineren, nun gescheiterten Parteien ins Parlament schaffen. Je mehr Parteien vertreten sind, umso weniger Sitze erhält Mitsotakis.
Für Mitsotakis günstig ist, dass bei den jetzt feststehenden Neuwahlen, die innerhalb von achtzehn Monaten stattfinden müssen, die Wähler keinen Einfluss auf die Kandidatenauswahl haben. Die Reihenfolge der zu wählenden Parlamentarier wird nicht mit der Vorzugsstimme der Wähler, sondern mit von den Parteichefs bestimmten Listen geregelt. Mitsotakis kann sich eine Regierungskoalition nach seinem Gusto zimmern.
In ersten Stellungnahmen nach Sondersitzungen der Partei hat Tsipras bereits die Niederlage bei den kommenden Wahlen akzeptiert. Es geht nun darum, mit einem möglichst guten Ergebnis die sich abzeichnende Allmacht Mitsotakis‘ einzuschränken.
Auch von der Pasok kommt ein ähnliches Signal. Deren Parteichef Nikos Androulakis spürt das Momentum des Aufschwungs und gab als erstes Ziel aus, seine Partei wieder zum Gegenpol und zur Regierungsalternative werden zu lassen. Demensprechend versprach Tsipras "Hard-Rock gegen linke und kommunistische Parteien", und will im Wahlkampf scharf gegen Parteien aus dem linken Lager vorgehen.