Zukunft der öffentlich-rechtlichen Sender: Rundfunkbeitrag bleibt, Umbau kommt

Zukunftsrat schlägt vor: Mehr Management statt Intendantenmacht und Einsparungen. Die Verschlankung des Mitarbeiterstabes riskiert noch mehr Regierungsnähe. Kommentar.

Die Kritik setzt den öffentlich-rechtlichen Sendern kräftig zu. Vorbei sind die Zeiten, als die Anstalten sie dickfellig abwehren konnten. Es wird existenziell.

"Ohne große Sprünge wird es nicht gelingen, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu erhalten", so Julia Jäkel zur Vorstellung von Vorschlägen eines Zukunftsrates, die von Anstalts-Tankern eine Beweglichkeit verlangen, die ihrer Bauweise nicht entspricht. Also muss umgebaut werden. Und zwar schnell.

Schnellstmöglicher Umbau

"Es eilt", heißt es vom Zukunftsrat, dessen Vorsitzende Jäkel ("eine der mächtigsten Managerinnen in Deutschland", Die Zeit, 2021), ist. Jäkel spricht von "schnellstmöglich".

Vor zehn Monaten hat der "Rat für die zukünftige Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks" die Arbeit an seinem Bericht mit den Zukunftsvorschlägen für ARD, ZDF und den Deutschlandfunk aufgenommen. Auf knapp 40 Seiten werden die "großen Sprünge" vorgestellt.

Genau genommen sind es allerdings keine Sprünge, die das Papier vorschlägt, sondern ein Umbau. Der zielt vor allem auf die Organisation der ARD. Sie soll eine neue Dachorganisation erhalten, genannt "ARD-Anstalt". Was diese Umstrukturierung genau bedeutet, ist noch nicht zu ermessen:

Sie ist eine Dachorganisation der Landesrundfunkanstalten und wird durch Staatsvertrag der Länder errichtet. Die neun Landesrundfunkanstalten werden in die ARD-Anstalt organisatorisch eingebunden, ihre Verankerung in den Ländern bleibt gesichert.

Bericht des Zukunftsrates

Im Papier wird den Vorschlägen, die ARD, ZDF und Deutschlandradio zusammenlegen wollen, eine Absage erteilt. Man will die ARD wieder regionaler machen, näher an die Bürgerinnen und Bürger bringen. Das soll aber weniger kosten und Einsparungen ermöglichen.

ARD soll unternehmerischer werden

Einsparungen sind ein großes Leitthema der Vorschläge. Man will die Rundfunkgebühr beibehalten, aber damit anders umgehen. Unternehmerischer:

Eine effizientere Leitung und effektivere Arbeitsteilung samt Abbau von Mehrfachstrukturen setzt Mittel frei, die in Inhalte und digital Zukunftsweisendes investiert werden können. Die ARD-Anstalt und die Landesrundfunkanstalten insgesamt werden insbesondere in den angebotsfernen Bereichen weniger Personal benötigen. Gerade hier können Strukturen erheblich verschlankt werden.

Bericht des Zukunftsrates

Was verschlanken bedeutet

"Verschlanken" läuft darauf hinaus, dass Mitarbeiter im Maschinenraum (Peter Welchering) der öffentlich-rechtlichen Sender Sprünge machen müssen. Verschlanken heißt outsourcen. Heißt, dass man Personalkosten sparen will.

Das Risiko: Man tauscht ein Problem, das der hohen Rentenzahlungen, die viele Schlagzeilen gemacht und viel Kritik hervorgerufen haben, gegen ein anderes aus: das der Qualität.

Der Abbau trifft höchstwahrscheinlich Techniker, die schon von den Einsparungen der letzten Jahre betroffen waren, sowie freie Mitarbeiter, den Maschinenraum, wie ihn Peter Welchering scharf und genau beschrieben hat.

Nicht von der Hand zu weisen, ist das Argument, dass es die freien Mitarbeiter sind, die durch ihre Unabhängigkeit einen Gegenpol zur Regierungsnähe bilden können, die man den Öffentlich-Rechtlichen in verschiedenen Ausprägungen vorwirft: von der Personal-Drehtür zur Politik (Neuer Sprecher von Pistorius: Den Schaden trägt die ARD) bis zur inhaltlichen Ausrichtung.

Das Sonnendeck: Die Intendanz

Der andere große Umbau betrifft das Sonnendeck: die Intendanten. An der Spitze der neuen ARD-Anstalt soll "kein Intendant stehen, sondern eine Geschäftsleitung aus Managern", fasst die Welt den Umbau an dieser Stelle zusammen.

Der Rat schlägt eine kollegiale Geschäftsleitung vor, um eine "zeitgemäße Managementkultur" zu fördern, schreibt die Zeit.

Im Bericht heißt es dazu:

Der ARD-Verwaltungsrat trägt die oberste strategische Verantwortung für die ARD-Anstalt und beaufsichtigt ihre operative Geschäftsleitung. Im ARD-Verwaltungsrat sitzen unabhängige Persönlichkeiten mit einschlägigen fachlichen Kenntnissen und Erfahrungen, etwa drei aus dem Bereich der Medien, zwei mit ausgewiesener Managementerfahrung und vier "Weise" mit Sensibilität für den Angebotsauftrag.

Die operative Leitung übernimmt eine kollegiale Geschäftsleitung. Neben dem Vorsitz und der oder dem für die Erfüllung des Angebotsauftrags und des Publikumsdialogs Verantwortlichen umfasst sie mehrere relevante Ressorts, zum Beispiel Inhalte, Technologie, Produktion, Finanzen, Verwaltung.

Bericht des Zukunftsrates

Zu sehen ist in einem ersten Blick auf die Vorschläge – die unverbindlich sind und politisch erst noch umgesetzt werden müssen –, dass die Kritik am öffentlich-rechtlichen Rundfunk deutliche Spuren hinterlassen hat.

Wegmarken für die Zukunft

Herauszuheben sind dafür zum einen das Nein aus Sachsen-Anhalt zur Erhöhung des Rundfunkbeitrags im Jahr 2021, das eine Vorreiterrolle gespielt hat, und sich beim präemptiv geäußerten Nein aus mehreren Ländern zur nun diskutierten neuen Erhöhung der Rundfunkgebühr fortsetzt und die Affäre Schlesinger, die das Bild von Intendanten als Sonnenköniginnen und Sonnenkönige auf die große öffentliche Leinwand gemalt hat.

Dazu kommt die Konkurrenz der Medien, die junge Menschen auf ganz andere Weise ansprechen. Das Kunststück besteht nun darin, den schwerfälligen behördenähnlichen Institutionen, die Tankern gleichkommen, eine bis dato ungekannte Beweglichkeit abzugewinnen.

Politisch wird das schwierig, weil die Länder auf zwei Dinge achten werden: Dass der Einfluss ihrer Regierungen stark bleibt – das wird sich auch mit einer AfD-Beteiligung nicht grundlegend ändern, nur in der grundlegenden politischen Ausrichtung – und Einsparungen.

Die Landesregierungen gehen derzeit hauptsächlich von einer Maßgabe aus, wie Bayern sehr drastisch vorführt: "Zeigt uns, wo ihr sparen könnt."

Das sind keine guten Voraussetzungen für qualitative Sprünge nach vorne.