Zuschauer(innen) Pay Gap im Sport
Seite 2: Die Grenze zwischen Showbiz und Sport
- Zuschauer(innen) Pay Gap im Sport
- Die Grenze zwischen Showbiz und Sport
- Munitionsarbeiterinnen
- In welchen Sportarten liegen die Einkommen der Frauen auf ähnlichem oder gar höherem Niveau als bei Männern - und woran liegt das?
- Präsenz im Fernsehen
- "Sportarten und Sportler haben die Wahl zwischen Hobby und Spektakel"
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Wo verläuft denn die Grenze zwischen Showbiz und Sport? Wo liegt der Unterschied, wenn Lady Gaga gegen Kim Kardashian oder die Nummer 50 der Weltrangliste gegen die Nr. 51 boxt?
Dirk Westerheide: Bei Boxkampf von Lady Gaga gegen Kim Kardashian würden vermutlich weltweit 3-stellige Zuschauerzahlen am TV einschalten. Da würden Sponsoren- und Werbegelder wie beim Superbowl fließen. Das wäre 1 Prozent Sport und 99 Prozent Showbiz. Bei einem Boxkampf der Nr. 50 und 51 der Weltrangliste wäre es 99 Prozent Sport und 1 Prozent Show. Kein TV-Sender würde das übertragen. Die Einnahmen reichen vielleicht für die Aufwandsentschädigung.
Die Grenze zwischen echtem Sport und Sport-Show ist zwangsläufig fließend. Vielleicht kann man auch hier die Grenze beim Verdienst ziehen. Nehmen wir den Fußball, da ist das am einfachsten zu erklären. Champions League, nationale Wettbewerbe und Bundesliga - das ist sicher Showbiz. Da passt man sich dem Geschmack des Publikums an. Da zählt nur das Gewinnen, und die Mittel dazu sind beliebig. Da steht das Geld im Mittelpunkt. Und nicht Spaß am Sport oder Fairplay.
Vielleicht gilt das auch noch für zweite und dritte Liga. Aber in den Ligen darunter, obwohl die Spieler auch noch Geld, pardon: Aufwandsentschädigung, bekommen, ist die Freude am Spiel größer, oftmals die Rasanz trotz schlechterer Technik und Fitness höher. Man sieht viel mehr Torszenen und mehr Tore. Der Sieg und damit die Sicherung des Einkommens stehen nicht mehr über allem.
Wie realistisch ist es, Frauen dazu zu bewegen, sich in großer Zahl Sport anzuschauen?
Dirk Westerheide: Nicht unmöglich, aber sehr schwierig. Die Sportbegeisterung von Frauen liegt generell erheblich unter der der Männer, und beim passiven Zuschauen ist der Unterschied enorm. Zwar gehen immer mehr Frauen ins Fußballstadion, aber um sich Männerspiele anzuschauen. Die Zuschauerzahlen in den Stadien bei der Frauen-WM in Frankreich dümpelten zwischen 10.000 und 20.000, deutlich höher waren sie nur, wenn Gastgeber Frankreich spielte, und ab dem Halbfinale. Und das trotz teilweise begeisternder Spiele wie beim Halbfinale zwischen den USA und England.
Der Versuch der Medien, Damenfußball zu pushen, ist durchaus löblich. Die Frage ist: Was bringt es? Die Einschaltquoten in Deutschland waren gut. Das Viertelfinal-Aus gegen Schweden sahen 17 Millionen Zuschauer. Auch 2011 gab es beim WM-Aus der deutschen Damen gegen Japan eine Quote von 16,95 Millionen Zuschauern. Aber nachhaltig waren die Einmal-Quoten nicht. Die Stadien in den Damen-Ligen bleiben leer. Eine Großbank war im TV der einzige erkennbare Sponsor, und das auch nur für dieses eine Event.
Welche Rolle spielt die sportliche Qualität der Fußball-WM der Frauen? Was ist ihr sportliches Fazit im Vergleich zu den Männern?
Dirk Westerheide: Ich habe bei weitem nicht alle Spiele gesehen, aber viele. Das sportliche Fazit ist klar: Die USA, England und Frankreich, in dieser Reihenfolge, stehen derzeit nach ihrem fußballerischen Können weit über den anderen Nationen. Ich glaube, sie werden auch die nächsten großen Titel unter sich ausmachen. Japan hat sich nicht weiter entwickelt, Deutschland, Schweden und Norwegen ebenfalls nicht. Ein Aufwärtstrend ist nur bei Holländerinnen und Spanierinnen zu sehen.
Die anderen Teams sind Statisten. Das Leistungsgefälle ist sehr groß. Begeistert war ich nur von drei Spielen: Frankreich - USA, das tolle Halbfinale USA - England und das gute Finale USA - Holland. Beim Rest gab es ganz viel Langeweile. Schlechte Voraussetzungen, um zu den Männern aufzuschließen. Aber die US-Amerikanerinnen, Engländerinnen und Französinnen nähern sich allmählich taktisch, technisch und vom sportlichen Unterhaltungswert her durchaus dem Niveau der besseren Herren-Nationalmannschaften an.
In der Damen-Bundesliga gibt es ja auch manchmal begeisternde Spiele.
Dirk Westerheide: Ja, aber keiner schaut zu. In der Frauen-Bundesliga gibt es ganze fünf Vereine, die im Durchschnitt mehr als 1.000 Zuschauer haben. Die Meisterinnen und zweimaligen Women‘s Champions League Siegerinnen vom VfL Wolfsburg hatten in der Frauen- Bundesliga durchschnittlich 1.840 Zuschauer. Die Vizemeisterinnen vom FC Bayern hatten durchschnittlich 666 Zuschauer(innen).