Alte Herren schauen sich um

Neben der Spur

Paul McCartney und Brian May kommen ganz gut klar auf der Gitarre. Aber jetzt soll es auch VR sein

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Vor ein paar Jahrzehnten war die Welt irgendwie...einfacher...Menschen wie Paul McCartney standen zwar mit einer Hohner Bassgitarre für Linkshänder auf der Bühne, und Brian May baute sich seine E-Gitarre zusammen mit seinem Vater sogar selbst, aber die Beatles und später Queen haben es uns nicht allzu schwer gemacht, Musik zu hören. Die beiden Herren sind für ein paar sehr antuende Songs verantwortlich, zumindest für spannende Gitarrenarbeit. Und für das haben wir sie lieb. Wirklich.

Jetzt arbeiten sie hart daran, unsere Liebe auf die Probe zu stellen.

Paul McCartney zum Beispiel kann es nicht lassen, seine Solo-Karriere, die ja jetzt auch schon mehr als 30 Jahre in Beschlag nimmt, nächsten Monat mit einem Re-Release zu feiern. Und darin wird man dann auch VR-Videos zu sehen bekommen, in denen der Ex-Beatle über die Entstehung seiner Songs plaudert. Das könnte man auch einfach als Video oder sogar nur als MP3-File bekommen, aber es muss schon virtuelle Realität um ihn herum sein, damit spannende Erzählungen über den Kauf einer Mandoline richtig gut auf die Netzhaut knallen. Drunter macht es Sir McCartney nicht (mehr). Also gut, schauen wir uns in den 360-Grad-Videos um, die durchaus amüsant sind. Schaden kann es nicht.

Groß schaden kann auch das Produkt nicht, das Brian May ausgerechnet im Mai auf den Markt gebracht hat. Vielleicht auch, damit sein Kumpel McCartney nicht vergebens solche Videos aufbringt. Der OWL VR Viewer von Brian May kann angeblich mit jedem Smartphone benutzt werden. Hammer. Es handelt sich bei dem an altes Kinderspielzeug erinnernden Durchblicker um ein Stück rotes Plastik, das Brian May vermutlich auch mit seinem Vater zusammen hätte erfinden können. Am Druckguss erzeugten Gehäuse kann man mittels eines Magnetstreifens das Smartphone fixieren und dann durch die eingedruckten Augenlöcher stereoskopische Bilder und Filme vom Smartphone genießen. Angeblich will May damit an die schon zu viktorianischen Zeiten so beliebte Tradition der 3D-Bilder durch Guckkastenoptik anschließen. Wie süß.

Vermutlich sind wir Zeuge davon, wie die alte Garde der britischen Popmusik diesen Sommer eine Initiative des unterschwelligen Humors startet und sich selbst gehörig aufs Korn nimmt. Wenn nicht, dann tun beide Dinge auch nicht weh, man muss sie sich je für zirka zwanzig Britische Pfund auch nicht kaufen. Man kann sie einfach beiseite lassen und weiterhin "Yesterday" oder "Is this the world we created" vor sich hin summen.

Passt schon.