Aufregung um Vorstoß für neue Sanktionen gegen Russland

Deutsche und österreichische Bundesregierungen reagieren reichlich verschnupft auf Vorhaben des US-Senats, russische Erdgasprojekte und deren westeuropäische Partner mit Sanktionen ins Visier zu nehmen

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Streit zwischen Berlin und Washington. Der US-Senat hat am Donnerstag mit großer Mehrheit (98 zu zwei) einem Gesetz zugestimmt, das die Sanktionen gegen Russland verschärft und zugleich die Möglichkeiten des US-Präsidenten einschränkt, diese aufzuheben, berichtet die Zeitung Independent. Damit es in Kraft treten kann, bedarf es auch der Zustimmung des Repräsentantenhauses. Die Sanktionen sind als Strafe für die unterstellte Einmischung Russlands in den US-Wahlkampf 2016 gedacht.

Das Gesetz ziele vor allem auf russische Erdgasprojekte, schreibt das Blatt. Es werde nicht erwartet, dass die zweite Parlamentskammer ohne wesentliche Änderungen zustimme, um dem Präsidenten entgegenzukommen.

Einer der beiden Senatoren, die widersprachen, war Bernie Sanders (Democrats). Nach einem Bericht der Washingtoner Zeitung The Hill habe er insbesondere Einwände gegen neue Sanktionen gegen den Iran, mit denen die Vorlage verknüpft war. Dem Bericht nach ist die Unterstützung im Repräsentantenhaus bestenfalls lauwarm.

Kritik aus Berlin und Wien

Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte den Beschluss bereits gestern kritisiert. Heute stellte sich nach einem Bericht von Spiegel Online Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ausdrücklich hinter ihren Minister.

Kritik am US-Vorhaben kommt auch Österreich. Die Presse schreibt, dass Gabriel eine gemeinsame Erklärung mit dem österreichischen Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) abgegeben habe. In der heiße es: "In bemerkenswerter Offenheit beschreibt der US-Gesetzentwurf, worum es eigentlich geht: um den Verkauf amerikanischen Flüssiggases und die Verdrängung russischer Erdgaslieferungen vom europäischen Markt."

Nach Lesart Gabriels und Kerns drohen europäischen Unternehmen in den USA Strafen, wenn sie sich an Erdgasprojekten wie Nord Stream II beteiligen oder diese finanzieren.

Nach Angaben von Eurostat kam 2014 37,5 Prozent der Gasimporte der 28 EU Mitgliedsländer aus Russland. Der Anteil war in Jahren zuvor etwas gewachsen, lag aber noch rund sechs Prozentpunkte unter der Quote von 2004. Zweiter großer Lieferant ist Norwegen.

In Deutschland, wo der Grad der Selbstversorgung stetig zurückgeht und 2015, so der jüngste Rohstoffbericht der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), nur noch 6,9 Prozent betrug, sieht es ganz ähnlich aus. Die hiesigen Importe kamen nach BGR-Angaben zu 35 Prozent aus Russland, zu 34 Prozent aus Norwegen und zu 29 aus den Niederlanden. Bei letzterem habe es sich meist um Reexporte gehandelt, das heißt, das Gas wurde nicht in den Niederlanden gefördert, sondern nur von dort weiter verkauft.