Ausgabenregel provoziert Krise in der spanischen Linken
Die rechte Zentralregierung reibt sich die Hände, dass sie mit ihrem absurden Ausgabenlimit die Linkskoalition vor eine Zerreißprobe stellen kann
Die Krise in der linken Bürgerbewegung "Ahora Madrid" (Jetzt Madrid) ist am Montag mit aller Wucht in der Öffentlichkeit sichtbar geworden, als Bürgermeisterin Manuela Carmena ihren Verantwortlichen für Wirtschaft und Finanzen abgesetzt hat. Der Auslöser war das sogenannte "Ausgabenlimit", das die rechte spanische Regierung den Gemeinden im ganzen Land seit 2012 diktiert.
Man könnte nun das Vorurteil bedienen, dass der geschasste Carlos Sánchez Mato von der Vereinten Linken (IU) mit beiden Händen das Geld ausgeben will. Denn Mato wollte sich dem Diktat nicht beugen und wegen der guten Haushaltslage mehr Geld als erlaubt investieren. Nach dem Limit darf eine Stadtregierung aber nur 1,7% der Wirtschaftsleistung für ihren Haushalt ansetzen, um Nachhaltigkeit zu garantieren.
Erfolgreiche Wirtschafts- und Finanzpolitik
Die Lage ist aber anders. Ausgerechnet unter Mato wurde Madrid, das sich in langen 24 Jahren unter der Herrschaft der ultrakonservativen Volkspartei (PP) extrem verschuldet hatte, auf den Nachhaltigkeitsweg geführt. Doch die, die zuvor unfähig waren, auch nur einigermaßen vernünftig zu wirtschaften, schreiben jetzt der Stadtregierung vor, wie sie wirtschaften soll.
Um das Wirtschaften geht es auch nur am Rand, letztlich zeigen sich auch hier die massiven Zentralisierungsversuche der postfaschistischen PP, die mit der Absetzung der katalanischen Regierung, der Aussetzung der Autonomie und der Inhaftierung von Regierungsmitgliedern ihren vorläufigen Höhepunkt erreichte.
Mato konnte schon im ersten Jahr nach dem Wahlsieg 2015 die Schulden um fast 1,1 Milliarden Euro – um fast 20 % - senken. Statt eines Defizits wies die Regierung Carmena am Jahresende 2016 einen Überschuss von 511 Millionen Euro aus. Inzwischen wurden die Schulden um mehr als zwei Milliarden gesenkt, also mit etwa 40% sogar schon fast halbiert. Madrid wird 2017 mit einem Überschuss von etwa einer Milliarde abschließen. Dieser Überschuss darf, wegen der absurden Ausgabenregel, aber nicht einmal zum Teil investiert werden.
Die Frage, ob man sich den Vorgaben des spanischen Finanzministers Cristóbal Montoro beugt oder nicht, brachte Verwerfungen in der Regierungskoalition zu Vorschein. Als am Montag im Stadtrat der Finanzierungsplan (PEF) beschlossen werden sollte, blieben drei IU-Mitglieder der Abstimmung fern.
Doch es ist nicht nur ein Konflikt innerhalb der Koalition mit der IU, wie es die Bürgermeisterin darzustellen versucht. "Die Stadt trifft die Entscheidungen und es gibt keine Partei, die ihr eine aufzwingen kann", erklärte Carmena. Das ist erstens falsch, weil es die PP sehr deutlich gezeigt hat, dass sie Entscheidungen der Hauptstadtregierung aufzwingen kann. Zudem ist der Konflikt nicht auf die IU beschränkt. Denn auch drei Mitglieder von "Ganemos" (Wir werden siegen) verließen den Sitzungssaal vor der Abstimmung. Dazu haben drei weitere linke Stadträte zwar aus Fraktionszwang für den Finanzplan gestimmt, aber mit ihrem Rücktritt gedroht.
In einer gemeinsamen Erklärung machen Celia Mayer, Javier Barbero und Guillermo Zapata deutlich, dass es um mehr als nur um das Limit geht. Sie bezeichneten die Absetzung von Mato als "Fehler" und fordern die Bürgermeisterin Carmena allgemein auf, "die reale Situation der Regierung zu überdenken und sofort einen tiefgehenden Wandel in der Politik von Ahora Madrid einzuleiten." Entscheidungen der letzten Zeit brächten die Koalition in Gefahr.
Erfolgreiche Strategie der Rechtsregierung
Letztlich wurde der Finanzplan doch angenommen, nachdem um mehr als 300 Millionen Euro gekürzt worden war. Da der Linksregierung angesichts der verordneten Einschnitte eine eigene Mehrheit fehlte, wurde er mit den Stimmen von Montoros rechter PP angenommen. Und das hat den Konflikt weiter verschärft.
Die Ultrakonservativen reiben sich erfreut die Hände darüber, über ihre absurde Ausgabenregel einen Riss in der Linksregierung provoziert zu haben. Für die PP war Mato ein rotes Tuch, denn der Kommunist hatte gezeigt, dass es die von zahllosen Korruptionsaffären erschütterte PP war, die mit beiden Händen unsinnig Geld zum Fenster hinausgeworfen und Madrid in die Schuldenfalle getrieben hat. Schulden sind für ihn ein "Werkzeug zur Beherrschung", weshalb er sie zügig, aber nicht übereilt abbauen wollte.
Nach der absurden Regel dürfen alle Städte anteilig das gleiche Geld ausgeben, egal ob sie im Vorjahr ein Defizit oder sogar einen hohen Überschuss erwirtschaftet haben. Die Zentralregierung versucht darüber, bis in linke Stadtregierungen ihre Politik durchzudrücken.
Es gibt aber auch Ausnahmen, denn das Limit wird von der PP auch andersherum für ihre politischen Ziele missbraucht. Die andalusische Stadt Jaen, vom PP-Bürgermeister Javier Márquez regiert, durfte 2017 das Ausgabenlimit überschreiten. Anders als Madrid wurde Jaen also dafür belohnt, im Vorjahr statt mit einem Überschuss mit einem Defizit abgeschlossen zu haben. Der Verantwortliche dafür ist heute Staatssekretär im Haus von Finanzminister Montoro.