Bankenverstaatlichung steht in Venezuela bevor

Der spanischen Großbank Santander dürfte sich über die Einnahmen durch den Ankauf der Banco de Venezuela in Zeiten der leeren Kassen freuen.

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Venezuelas Präsident Hugo Chávez hat angekündigt, die Banco de Venezuela, eines der größten Finanzinstitute des Landes, bald zu verstaatlichen. Am Freitag werde ein Rahmenabkommen mit der spanischen Großbank Santander unterzeichnet, um die Bank zu übernehmen, gab Chávez bekannt. Als Grund, genau jetzt bei der Bank einzugreifen, nennt die Regierung die ernsthaften Probleme, die bei ihr ausgemacht worden seien. Finanzminister Alí Rodríguez erklärte, die Bank hätte fast 90 Millionen Dollar an Verlusten eingefahren, weshalb nach "Ansicht der Zentralbank" eine Intervention notwendig sei. Statt dem geforderten Eigenkapital von 8 % läge die Quote gerade noch bei 0,16 %.

So ist diese Bank mehr als pleite und eine Intervention des Staates war längst fällig. Zu erinnern ist dabei, dass Banken auch in anderen Ländern verstaatlicht oder teilverstaatlicht wurden, die eine höhere Eigenkapitalquote aufwiesen. Im Bad-Bank-Modell der Bundesregierung werden zum Beispiel den Banken lukrative Ausnahmen eingeräumt, wenn das Eigenkapital unter die Marke von 7 % fällt. Bei der Banco de Venezuela seien zum Beispiel auch die Personalkosten im Verhältnis zu den Geschäften extrem hoch. Die Gewinne aus dem Kreditgeschäft in den ersten vier Monaten dieses Jahres seien deshalb zu 74 % von den Personalkosten aufgefressen worden.

Ohnehin ist das Ansinnen nicht neu, die Bank in den Dienst der gesamten Bevölkerung zu stellen. Schon im Sommer des vergangenen Jahres hatte Chávez angekündigt, die Bank zu übernehmen. Damals wollte Santander die Bank an eine örtliche Bank verkaufen. Die hatte die Transaktion bei der Regierung beantragt, doch die Regierung lehnte ab. Die Santander hatte, anders als Firmen im Erdölsektor, auch gar nicht versucht, die Verstaatlichung zu verhindern, weil sie die Bank ohnehin loswerden wollte.

In den letzten Monaten war immer wieder geunkt worden, Chávez werde den Kauf der Bank wegen leerer Kassen und sinkender Öleinahmen abbrechen. Noch im März wusste "Der Spiegel" zu berichten: "Die angekündigte Verstaatlichung der venezolanischen Tochter der spanischen Bank Santander verschiebt sich laut Branchen- und Regierungskreisen auf mindestens das kommende Jahr.". Dass sich Chávez einen guten Zeitpunkt aussuchen würde und anders als in den USA die Bank zunächst einem realen Stresstest unterziehen würde wurde nicht überlegt.

Interessant wird der Kaufpreis, denn noch im vergangenen Jahr wurde von einer Summe zwischen 1,5 und 1,8 Milliarden Dollar für eine Bank gesprochen, die 1996 für gut 350 Millionen Dollar von der Santander erworben wurde und ihr im guten Jahr 2007 nur Einnahmen in einer Höhe von 179 Millionen Euro bescherte. Doch ohnehin dürfte die in der Finanzkrise gebeutelte Santander froh sein, die Bank loszuwerden, um an frisches Kapital zu kommen.

Die angeblich so solide Bank hat auch im Kerngeschäft in Spanien mit erheblichen Kreditausfällen zu kämpfen. Sie tauchte auch gerne im Umfeld von Fettnäpfchen auf. Im vergangen Jahr benötigte sie eine Kapitalaufstockung und auch im Madoff-Betrugssystem fiel sie auf. Sehr erstaunlich ist, dass sie sich nun weigert, die Einlagen der Kunden eines Immobilienfonds in einer Höhe von 3,3 Milliarden auszuzahlen, wobei sie doch angeblich weiter Milliardengewinne machen will.