Die Rache der Abgemahnten

Streaming-Abgemahnte drehen den Spieß um

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Nach der bislang in diesem Ausmaß noch nicht dagewesenen Abmahnlawine, die auf offenbar über 10.000 angebliche Nutzer des Streamingdienstes RedTube erging, gehen nun erste Abmahnopfer zum Gegenangriff über. Ein Abgemahnter hat am Amtsgericht Potsdam eine negative Feststellungsklage gegen den Abmahner eingereicht. So soll gerichtlich festgestellt werden, dass der abgemahnte Anschlussinhaber die vorgeworfene Urheberrechtsverletzung nicht begangen hat. Ungeachtet der unterstellten Tatfrage dürften die Erfolgsaussichten schon deshalb außerordentlich hoch sein, weil das Betrachten von Streams nach herrschender Meinung nicht schon als Urheberrechtsverletzung zu bewerten ist.

Außerdem soll mit der negativen Feststellungsklage geklärt werden, wie die Abmahner an die Daten des Betroffenen gelangt sind. Das allerdings muss der Gegner nur offen legen, wenn er sich ernsthaft wehrt. Es ist davon auszugehen, dass dem Abmahner seine schwache Rechtsposition ohnehin von Anfang an bewusst war. So hatte er die Massenabmahnungen auf einmal versenden lassen, da anders als im Graubereich Filesharing mit dieser Nullnummer auf Dauer kein Geschäft zu machen sein dürfte. Erste Anzeichen sprechen dafür, dass die URLs nicht einmal aus einem schwer nachzuweisenden Betrachten von Streaming stammen, sondern möglicherweise durch eingeblendete Bannerwerbung abgephisht wurden. In dem Fall hätte der unterstellte Filmgenuss also nicht einmal stattgefunden, sondern lediglich ein Besuch der Website.

Zivilklagen gegen den Massenabmahner dürften allerdings kaum ein Massenphänomen werden. Denn das ergäbe nur dann Sinn, wenn nach Ende der juristischen Gefechte beim Abmahner "The Archive AG" noch in eine Vermögensmasse vollstreckt werden kann, was jedenfalls bei massenhaften negativen Feststellungsklagen fraglich würde. Vollstreckungen deutscher Gerichtstitel werden schon aufgrund des Firmensitzes in der Schweiz erschwert.

Abmahnopfer könnten allerdings beim Landgericht Köln gegen die offenbar zu Unrecht gegenüber T-Online ergangene Auskunftsverpflichtung nach § 101 UrhG durch Einlegen einer Beschwerde vorgehen. Derartige Beschwerden könnten dem Landgericht Köln pädagogisch wertvolle Erfahrungen in Sachen Richtervorbehalt vermitteln. Kaufen kann man sich dafür allerdings nichts - nicht einmal einen Porno.

Bezüglich der seit gestern bekannten Trittbrettfahrer, die per E-Mail vorgeblich von der Abmahnkanzlei U+C stammende Pseudo-Abmahnungen versenden, spendiert U+C auf seiner Website inzwischen eine fragwürdige Empfehlung: Sie können dem Sender der Email antworten und ihm mitteilen, dass höchstwahrscheinlich sein Email-Konto und möglicherweise auch der komplette Computer gehackt wurde. Wie das Portal Golem zutreffend hinweist, ist von derartiger Freigiebigkeit eher abzuraten, denn dadurch verifiziert man einem Betrüger allenfalls das Bestehen einer aktiv genutzten E-Mail-Adresse - ein sicheres Abonnement für weiteren Spam.