Die einen sagen es, die anderen tragen es (nicht)

Neben der Spur

Merkwürdigerweise würde man bei Microsoft die Lektionen, die Google Glas vom Markt bekommen hat, nicht aufnehmen. Und generell ist eine Nachricht für Wearables bisher nicht angekommen: vielen wird es damit zu schnell langweilig.

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Wir erinnern uns: Google Glas sollte das große Ding werden. Ist es aber nicht, es ist erst einmal nicht in die Läden gekommen. Bei Google will man nicht von einem Flop sprechen. Zum einen habe der Verkauf nie wirklich begonnen, das sei ja alles mehr ein Riesenbeta-Programm gewesen. Zum anderen konzentriere man sich jetzt auf andere Usecases, die mehr im B2B-Bereich liegen. Also auf Menschen, die von Berufs wegen mit Brillen auf der Nase arbeiten müssten, um Informationen gleich auf's Auge zu bekommen.

OK, lassen wir so stehen, Google, man kann ja nicht immer mit allem erfolgreich sein. Auch der liebe Gott hat schließlich Menschen geschaffen, die erst mal sein Obst wegmampfen und sonst nicht wirklich was taugen.

Nun haben sich aber die Schöpfer (Google, nicht Gott) die HoloLens von Microsoft genauer angesehen und sind ein wenig fassungslos. Fassungslos darüber, dass man in Seattle scheinbar nichts aus den Dingen gelernt haben will, die bei Google relativ deutlich aufgeschlagen sind. Es klingt fast ein bisschen nach: "Microsoft will sich scheinbar auch eine blutige Nase holen."

Im einzelnen meint man, dass Privacy sicher auch bei solchen Brillen ein großes Dinge sein könnte, obwohl vermutlich niemand im Ernst plant (aber bitte, das ist meine eigene Meinung), eine HoloLens in einem Meeting zu tragen und damit heimlich zu filmen. Wenn dann noch ein wenig bei dieser Aktion gefuchtelt werden sollte, um die Kamera in die richtige Richtung zu drehen, macht man sich vermutlich vollkommen zum Oberdeppen und schafft sich galant seine eigene Privacy aus dem Raum.

Außerdem sehe es immer noch nicht so dolle aus, wenn man mit einer dieser Brillen durch die Öffentlichkeit latscht. Kopfhörer sind hier sozial ja bereits ein wenig akzeptierter, und in ein Mobile Display zu starren, sieht heute so unverfänglich aus wie der Blick in eine Tageszeitung. Aber die Augen mit einer Brille zu überdecken, die virtuelle Welten vorgaukelt, das sei doch noch ein wenig ungewohnt und wenig attraktiv. Außerdem seien kleine Dinge, die man vorgegaukelt bekomme und verändern könne, schon besser als komplette und "große" virtuelle Elemente, die den Blick auf die brillenlose Realität verstellten.

Kann sein, vielleicht ist es auch Neid, dass Microsoft sich einen Dreck um die diskrete Verbindung von Bit und Umwelt kümmert, sondern gleich auf ein Eintauchen in digitale Welten setzt. Wir werden es vielleicht im Herbst oder Ende des Jahres zu sehen bekommen.

Dabei könnte man etwas aus dem lernen, was Fitbits gerade leise aber deutlich zugeben musste, wenn man die zum IPO veröffentlichten Daten anschaut. Ein Drittel der Nutzer verliert schon in den ersten sechs Monaten den Spaß an dem sendenden Armband und legt es ganz ab. Das ist ein deutich höherer Prozentsatz, als er bei einem Nutzer eines Smartphones angenommen werden kann. Von denen legt eigentlich niemand mehr den Hörknochen mit Display auch nur eine Sekunde zur Seite. Es gibt so gut wie niemanden, der mit einem "das wird sich nie durchsetzen" das iPhone wieder in seine Verpackung zurücksteckt oder bei Samsung sein Geld zurück will.

Merke also: Was man tragen kann, kann man auch ablegen.

Merke auch: Was man auf der Nase tragen kann, kann unerträglich werden.

Mal sehen, im wahrsten Sinn des Wortes, ob das, was man mit der Brille sieht, einen doch länger an der Stange hält als ein Fitnessarmband.