Ein warmes Jahr kündigt sich an

Unwetter in Nordamerika eine Folge von El Niño. 2015 könnte global besonders warm werden

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Am vergangenen Wochenende ist es im US-Bundesstaat Texas erneut zu schweren Überschwemmungen gekommen, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Mindestens 24 Menschen seien dort letzte Woche in den Wassermassen umgekommen. Im benachbarten Oklahoma sei ein Mann von einem Nationalgardisten erschossen worden, der sich einer Anweisung widersetzte, einem überschwemmten Gebiet fern zu bleiben und mit dem Nationalgardisten "gekämpft" habe. (Die Nationalgarde ist ein paramilitärischer Verband, der den Bundesstaaten untersteht und meist im Inneren eingesetzt wird; gelegentlich auch gegen Demonstranten wie seinerzeit 1999 bei den Protesten gegen die WTO in Seattle.)

Mitte der Woche hieß es schließlich, die Regenfälle in Oklahoma und Texas seien vorerst vorbei. Doch damit enden die Probleme nicht, denn nun rollen die Flutwellen flussabwärts gen Golf von Mexiko. Die Flüsse Oklahomas entwässern vor allem durch Arkansas und Louisiana und werden dort demnächst für Überschwemmungen sorgen.

Die Unwetter sind in zweifacher Hinsicht bemerkenswert. Zum einen beendeten die gewaltigen Niederschläge im Mai eine verheerende fünfjährige Dürre, über die wir hier auf Telepolis in der Vergangenheit mehrfach berichtet haben.

Zum anderen stehen die Fluten offensichtlich im Zusammenhang mit einem sogenannten El-Niño-Ereignis. Alle paar Jahre erwärmt sich das Oberflächenwasser des östlichen tropischen Pazifiks und bringt die atmosphärische Zirkulation in der Region mächtig durcheinander. Teile Südostasiens und das Amazonasbecken werden von Dürren betroffen oder erleben zumindest einen starken Rückgang der Niederschläge, während es in den für gewöhnlich extrem trockenen Küstenprovinzen Perus zu verheerenden Niederschlägen kommt.

Fernwirkungen gibt es bis nach Indien und Nordamerika. Unter anderem passen die starken Regenfälle im einem Teil der US-Südstaaten genauso ins Muster wie das ganz ungewöhnlich warme Wetter, das derzeit in Alaska herrscht. Die US-Behörde für Ozeane und Atmosphären (NOAA) bietet hier einen anschaulichen vergleich zwischen den normalen Wetterverhältnissen über dem tropischen Pazifik und den angrenzenden Regionen im Vergleich zu El-Niño-Ereignissen.

So ein Ereignis hält meist für viele Monate an und tritt alle paar Jahre auf. 1998 war zum Beispiel so ein El-Niño-Jahr, und zwar eines mit einem besonders starken El Niño. Das Besondere in diesen Jahren ist, dass auf einem relativ großem Gebiet die Oberfläche der Ozeane überdurchschnittlich warm ist, daher ist in diesen Jahren meist auch die globale Mitteltemperatur eher überdurchschnittlich, weil das Meer weniger Wärmeenergie von der Atmosphäre aufnimmt.

Entsprechend war 1998 ein solches besonders warmes Jahr, das zum bis dahin mit Abstand wärmsten Jahr wurde. Die ersten paar Monate 2015 sahen so aus, dass auch in diesem Jahr ein neuer Rekord aufgestellt werden könnte, aber das ist natürlich noch sehr ungewiss. Immerhin: Laut NOAA gibt es eine 90prozentige Chance, dass El Niño den Sommer über anhält und eine 80prozentige, dass dies auch für den Rest des Jahres der Fall sein wird. Der New Scientist hält die Unwetter der vergangenen Wochen lediglich für die Vorboten dessen, was El Niño (das Christkind) in diesem Jahr noch alles zu bieten haben könnte.